Papst nach Flüchtlingskatastrophe: „Tag der Tränen“

„Heute ist ein Tag der Tränen“, sagte Papst Franziskus am Freitag bei einem Besuch in der italienischen Kleinstadt Assisi mit Blick auf den Untergang eines Flüchtlingsschiffs vor der italienischen Insel Lampedusa.

Bei dem Unglück am Donnerstag waren bis zu 300 Afrikaner ums Leben gekommen. Bis Freitag wurden 111 Leichen geborgen, doch meldeten Rettungskräfte, dass in dem Wrack noch Dutzende weitere Tote lägen.

Die Trauer um die Opfer der Flüchtlingskatastrophe überschattete den Besuch des katholischen Kirchenoberhauptes in der Heimatstadt seines Papst-Namenspatrons Franz von Assisi. Sichtlich bewegt verurteilte der Papst „die Gleichgültigkeit gegenüber jenen, welche die Sklaverei, den Hunger fliehen, um die Freiheit zu suchen, doch stattdessen den Tod finden, wie gestern in Lampedusa“.

Unglück „eine Schande“

Franziskus hatte am Donnerstag im Vatikan gesagt, es könne nur als „Schande“ bezeichnet werden, dass schon wieder Menschen bei einem solchen Unglück ums Leben gekommen seien. „Wir müssen uns zusammenschließen, damit diese Tragödien aufhören“, forderte der Papst in einer Audienz am Donnerstag.

„Wenn wir von Frieden und einer unmenschlichen Weltwirtschaftskrise sprechen, die ein Symptom für fehlenden Respekt gegenüber dem Menschen ist, dürfen wir die vielen Opfer des erneuten Schiffsunglücks heute im Meer vor Lampedusa nicht vergessen“, so Franziskus. „Es ist eine Schande. Bitten wir Gott für die für die Toten, für die Männer, Frauen und Kinder, für die Familienangehören, für alle Flüchtlinge“, sagte er weiter.

„Entschlossene Zusammenarbeit“

„Vereinen wir unsere Anstrengungen, damit sich solche Tragödien nicht wiederholen. Nur eine entschlossene Zusammenarbeit aller kann zur Vorbeugung beitragen“, sagte der Papst in der improvisierten Ansprache.

„Bitten wir Gott für die Opfer des tragischen Schiffsunglücks im Meer vor Lampedusa“, heißt es auf dem italienischen Twitter-Account des Papstes, @Pontifex_it. Er hatte bei einem Besuch der Insel Lampedusa im Juli auf das Schicksal Tausender Bootsflüchtlinge aufmerksam machen wollen, die ihr Leben riskierten, um nach Europa zu gelangen. Der Papst traf damals mehrere Migranten.

Papst Franziskus mit Migranten

Reuters/Alessandra Tarantino

Papst Franziskus mit Migranten bei seinem Lampedusa-Besuch

Die geborgenen Leichen der Migranten sollen in einem Hangar des Flughafens der Insel aufgebahrt werden. „Europa muss Maßnahmen ergreifen, um die dramatischen Migrantenfahrten über das Mittelmeer zu verhindern“, sagte der ehemalige Pfarrer der Kirche San Gerlando von Lampedusa, Stefano Nastasi. Er hatte den Papst zum Besuch auf Lampedusa eingeladen.

„Globalisierung der Gleichgültigkeit“

Die Präsidentin der italienischen Abgeordnetenkammer, Laura Boldrini, ehemalige Sprecherin des Flüchtlingswerks UNHCR, warnte vor einer „Globalisierung der Gleichgültigkeit“. Das Drama vor Lampedusa sei das Ergebnis fehlender Beschlüsse in punkto Migrationspolitik, protestierte Boldrini.

Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi beschuldigte die EU, Italien im Umgang mit dem massiven Flüchtlingsstrom aus Nordafrika allein gelassen zu haben: „Die EU hat sich vor dem Drama desinteressiert gezeigt, das Italien allein bewältigen muss“, kritisierte Berlusconi.

religion.ORF.at/APA/KAP

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