Wiener Diözesanversammlung: Reform als „Mission first“

Mit Gesprächsrunden im kleinen Kreis und offenen Diskussionen im Plenum ist am Donnerstagnachmittag und -abend die vierte Wiener Diözesanversammlung eröffnet worden.

Kardinal Christoph Schönborn schwor dabei die rund 1.500 Delegierten aus allen Bereich der Erzdiözese Wien nochmals auf das Grundprinzip des diözesanen Erneuerungs- und Reformprozesses ein: „Mission first“. Allen Überlegungen zugrunde liegen müsse die Option, wieder näher zu den Menschen zu gelangen. Der Kardinal verwies auf Papst Franziskus, der stets von einer sich den Menschen öffnenden Kirche spreche und das auch lebe.

Erste Erfahrungsberichte

Die Erfahrungsberichte der Delegierten von ersten Reformbemühungen zeichneten ein buntes Bild der katholischen Kirche in der Erzdiözese Wien. Von großen Anlaufschwierigkeiten bei Pilotprojekten im Stadtdekanat Favoriten war die Rede wie auch von gelungenen Gebetsinitiativen oder sozialen Projekten, mit denen man auf der Kirche Fernstehende zugehen will.

Deutlich wurde auch die Bedeutung der Ordensgemeinschaften, die in der Seelsorge in der Erzdiözese Wien eine besonders große Rolle spielen. Abt Johannes Jung vom Wiener Schottenstift zeigte sich denn auch über die inzwischen gelungene Einbindung der Orden in den Erneuerungsprozess zufrieden. Angesprochen wurden von den Delegierten weiters unterschiedliche Seelsorgemodelle in Stadt und Land, wie die Kirche künftig in schnell wachsenden Neubaugebieten im städtischen Bereich präsent sein kann, aber auch das positive Lebens- und Glaubenszeugnis von Papst Franziskus.

Neues Zusammenspiel von Priestern und Laien

Ein roter Faden, der sich durch die gesamte Diskussion zog: „Es braucht ein neues Zusammenspiel von Priestern und Laien“, so es Generalvikar Nikolaus Krasa. Auch die Pfarrer müssten umlernen, bestätigte der Stockerauer Dechant Markus Beranek. Eine Delegierte appellierte an die Priester: „Liebe Pfarrer, traut den Laien mehr zu!“ Und in Richtung Diözesanleitung fuhr sie fort: „Begleitet Eure Pfarrer besser in diesem Prozess.“

Skepsis herrschte freilich auch bei so manchen Delegierten, ob die Reform nicht einfach nur um den Priestermangel herum konstruiert werde. Die Frage „Wird genug für mehr Priesterberufungen getan und gebetet?“ stellte eine Delegierte in den Kirchenraum.

Weniger, aber größere Pfarren

Die von Kardinal Schönborn im September 2012 veröffentlichten Leitlinien des Reformprozesses sehen vor, dass in der Erzdiözese Wien in den kommenden zehn Jahren anstelle der bisherigen 660 Pfarren weniger, aber größere Pfarren treten, die aus einzelnen Filialgemeinden bestehen. Priester und Laien sollen hier gemeinsam Leitungsaufgaben wahrnehmen. Dem Reformbeschluss ging ein langer Diskussionsprozess in der Erzdiözese Wien mit bereits drei Diözesanversammlungen und Beratungen in verschiedenen Gremien voraus.

Er schwanke selbst, so Schönborn am Donnerstagabend, „zwischen Zweifel und Gewissheit“, hinsichtlich der einzelner konkreten Vorgaben seitens der Erzdiözese für die Reform. Diese sei jedoch insgesamt notwendig und das Projekt könne nur gelingen, „wenn wir gemeinsam auf den Herrn schauen.“

Sorge um flächendeckende Eucharistiefeiern

Zur Sorge vieler Delegierter, ob es noch flächendeckend Eucharistiefeiern in den einzelnen Gemeinden geben werde, sagte Generalvikar Krasa: „Das Angebot an Eucharistiefeiern in der Erzdiözese Wien ist relativ groß.“ Laut einer Studie des Wiener Liturgiereferats hätten von 660 Pfarren nur etwa 16 Kirchen am Sonntag keine Eucharistiefeier sondern einen Wortgottesdienst. „Im weltkirchlichen Vergleich ist das eine sehr kleine Zahl“, so Krasa.

Das Leben aus der Eucharistie werde immer das Zentrum der Kirche bleiben, so Pastoralamtsleiterin Veronika Prüller-Jagenteufel. „Wir bemühen uns, dass möglichst wenige Kirchen am Sonntag ohne Eucharistie auskommen müssen.“ Doch auch Wortgottesdienste seien nicht zu unterschätzen, so Prüller-Jagenteufel: „Auch das ist eine Form, wie Christus in unserer Mitte gegenwärtig ist.“

Von den Klöstern lernen

Abt Johannes Jung vom Wiener Schottenstift brachte Erfahrungen der Benediktiner ein: Eucharistie sei in den alten Klöstern eher selten gefeiert worden, das könne man aus der Regel des heiligen Benedikt herauslesen: „Das ist kein Vorbild für heute. Aber ich meine, man kann darüber gelassener reden“, so der Abt. Außerdem seien nichtgeweihte Brüder in den Klöstern in allen Funktionen einsetzbar - außer als Abt.

Große Sorgen würden immer wieder im Blick auf die neue Leitungsstruktur der „Pfarre Neu“ geäußert, berichtete Andrea Geiger von der Steuerungsgruppe der Diözesanreform. Von den künftigen ehrenamtlichen Gemeindeleitern und Leitungsteams dürfe nicht das Gleiche zu erwarten sein wie von hauptamtlichen Priestern oder Pastoralassistenten. „Wenn wir das erwarten, machen wir uns gegenseitig fertig.“ Hier gelte es, mutig zu sein und zu erwarten, dass möglicherweise etwas ganz Neues entstehen kann: „Wir werden vieles ausprobieren müssen, wir müssen uns trauen.“

religion.ORF.at/KAP

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