Schönborn: „Dramatische Veränderungen als Chance“
Mit einem Appell Veränderungen in Kirche und Gesellschaft als Chance zu sehen, hat sich Kardinal Christoph Schönborn am Freitagnachmittag an die Delegierten der Vierten Wiener Diözesanversammlung im Stephansdom gewandt.
kathbild/Franz Josef Rupprecht
Es brauche eine neue gemeinsame Freude am Christ-sein, so Schönborn: „In dem Maß, in dem unsere Gemeinschaft im gemeinsamen Christ-sein wächst, werden sich auch die meisten Strukturfragen lösen.“ Die verbleibenden praktischen Details seien dann auch keine unlösbaren Stolpersteine. Das könne freilich nur gelingen, wenn Laien und Priester gemeinsam wirken, betonte Schönborn.
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Entwicklungsprozess „Apostelgeschichte" Diözesanversammlungen, Delegiertentreffen, Missionswochen und Pilotprojekte. Seit 2008 arbeiten Wiens Katholikinnen und Katholiken an grundlegenden Reformen. Ein Prozess der bis 2022 anberaumt ist. Die Chronologie der bisherigen Ereignisse und Schritte im Reformprozess finden sie unter: Erzdiözese Wien - Der lange Weg zur Reform
Weiters unterstrich Schönborn das „Gemeinsame Priestertum aller Getauften“, das freilich dem geweihten Priestertum mit seinen besonderen Aufgaben und Diensten nichts wegnehme.
Ausdrücklich dankte der Wiener Erzbischof den Priestern für ihren Dienst an Kirche und Menschen.
Christenmangel
Letztlich gebe es keinen Priestermangel in der Kirche sondern einen Christenmangel, und dieser sei dramatisch, so Schönborn.
Der Kardinal sprach einmal mehr auch von einer „dramatischen Zeitenwende“, nicht nur in der Kirche, sondern gesamtgesellschaftlich: „Das gesamte Weltwirtschaftssystem steht da wie ein Kartenhaus, das jederzeit zusammenbrechen kann.“
Anhand der Zahlen der Stadt Wien machte Schönborn deutlich, dass es unbedingt eine Reform der kirchlichen Strukturen brauche, auch wenn die Strukturfragen nicht an erster Stelle im Erneuerungsprozess stehen. So gebe es in Wien 172 Pfarren und damit deutlich mehr als etwa vor 75 Jahren, „aber nur mehr halb so viele Katholiken“. Hätten früher noch 50 bis 60 Prozent der Katholiken ihren Glauben aktiv praktiziert, seien es jetzt vielleicht noch fünf Prozent. Und das Fehlen der Jugend in der Kirche habe letztlich auch mit der demografischen Entwicklung zu tun.
Keine Volkskirche mehr
Es sei sinnlos, sich eine Volkskirche wie vor 60 Jahren zurückzuwünschen. Diese Zustände werde es nie mehr geben, zeigte sich der Kardinal überzeugt. Aber: „Der Herr lädt uns ein, die Veränderungen als eine Chance für sein Wirken zu sehen.“
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Die 1.500 Delegierten zur Wiener Diözesanversammlung beraten noch bis Samstagmittag im Wiener Stephansdom über den Erneuerungsprozess in der Erzdiözese Wien. Feierlicher Abschluss der Versammlung ist um 11.30 Uhr ein festlicher Gottesdienst im Dom, dem Kardinal Schönborn vorstehen wird.
religion.ORF.at, KAP
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