Limburg: Theologe für neues Bischofsamtsverständnis

In einem Beitrag für die „Neue Zürcher Zeitung“ (Mittwoch-Ausgabe) denkt der aus Deutschland stammende Theologe und Wiener Dogmatikprofessor Jan-Heiner Tück über die Lehren aus der Causa Limburg nach.

Wäre es nicht an der Zeit, die gebündelten Kompetenzen eines Bischofs zu entflechten und ihm wirksamere Kontrollorgane an die Seite zu stellen? Das jedenfalls könnte nach Ansicht von Tück die „Lektion von Limburg“ über die Tagesaktualität hinaus sein.

Der aus Deutschland stammende Theologe erinnert daran, dass laut dem kirchlichen Gesetzbuch Codex Iuris Canonici (CIC) ein Bischof die oberste Aufsicht über seine Ortskirche mit weitreichenden Befugnissen innehabe. Das Kirchenrecht spreche ihm die gesetzgebende, ausübende und richterliche Gewalt zu. „Wer aber beaufsichtigt den Aufseher, wenn er diese Kompetenzen vermischt oder fahrlässig überschreitet?“, fragte Tück in der „NZZ“.

„Vertrauensverlust zu groß“

Tück zitierte auch den CIC, um auf die Anforderungen an einen Bischof hinzuweisen: In Canon 387 sei die Rede von der Pflicht des Bischofs, „ein Beispiel der Heiligkeit zu geben in Liebe, Demut und Einfachheit des Lebens“. Und schon im Bischofsspiegel des Timotheusbriefes im Neuen Testament heiße es, der Bischof solle „ein Mann ohne Tadel“ sein, „nicht streitsüchtig und nicht geldgierig“, und er müsse „auch bei Außenstehenden einen guten Ruf haben“.

Jan-Heiner Tück

Kathbild/Franz Josef Rupprecht

Jan-Heiner Tück

Vor diesem Hintergrund hält es der Wiener Theologe für „wenig wahrscheinlich“, dass der am Mittwoch vorübergehend beurlaubte 53-jährige Tebartz auf den Limburger Domberg zurückkehren kann. „Zu tief sitzt die Verstörung, zu groß ist der Vertrauensverlust, zu schwach scheint die Rückendeckung bei den Amtsbrüdern in der deutschen Bischofskonferenz.“ Tücks Nachsatz: „Wie soll ein Bischof die Einheit seiner Ortskirche repräsentieren, wenn ein Großteil des Klerus und der Gläubigen gegen ihn steht?“

„Fakten auf den Tisch“

Der Dogmatiker plädierte dafür, bei der Aufarbeitung der Kostenexplosion am Limburger Domberg „die Fakten auf den Tisch“ zu legen. Versäumnisse müssten beim Namen genannt, Verantwortung übernommen werden. Die von der Deutschen Bischofskonferenz eingesetzte Prüfungskommission habe zu klären, was genau die Kostenexplosion auf 31 Millionen Euro verursachte, wie es um die „undurchsichtige Finanzierungsstrategie“ und die „problematischen Vertuschungsversuche“ stehe.

Transparenz solle auch hinsichtlich der Fragen einkehren: Zeigt die Stückelung der Bauvorhaben mit der Absicht, die Fünf-Millionen-Grenze zu unterschreiten und damit die Meldepflicht in Rom zu umgehen, nicht ein „beträchtliches Maß an krimineller Energie“? Oder liegt das noch auf der Linie des kirchenjuristisch Möglichen? Zu klären sei weiters die Mitverantwortung des bisherigen Generalvikars, des Domkapitels und des Vermögensverwaltungsrates, der die Rechenschaftsberichte für die letzten beiden Jahre nicht eingefordert habe, „jetzt aber dem Bischof vorwirft, ‚hinters Licht geführt‘ worden zu sein“.

„Gnadenlose Skandalisierung“

Bischof Tebartz-van Elst habe nach den Worten Tücks bisher wenig dazu beigetragen, die im Raum stehenden Vorwürfe aufzuklären. Er scheine den von seinem Vorgänger Franz Kamphaus gepflogenen franziskanisch-bescheidenen Lebensstil, für den nun auch Papst Franziskus stehe, „ausgeschlagen zu haben“.

Zugleich hielt Tück fest: Die fällige Offenlegung des Finanzskandals und die juristische Aufarbeitung der Affäre um den Erste-Klasse-Flug des Bischofs nach Indien seien zu unterscheiden von der momentanen „gnadenlosen Skandalisierung der Person des Bischofs“. Letzterer wäre „entgegenzuhalten, dass die Person des Täters mehr ist als die Summe seiner Verfehlungen“.

religion.ORF.at/KAP

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