Limburg: Neuer Generalvikar wirbt um Vertrauen

Der neue Limburger Generalvikar Wolfgang Rösch will die Verwaltungsgeschäfte fortführen und für Ruhe und Normalität im Bistum sorgen. Es gebe einen Vertrauensverlust in der Diözese, so Rösch.

Wie der kommissarische Leiter der Diözese Limburg in Deutschland am Mittwoch vor Journalisten erklärte, sei die Situation „fast psychotisch“. Es gelte, die Menschen zu ermutigen, offen und angstfrei miteinander zu kommunizieren, und etwas Gemeinsames aufzubauen. „Wenn ich mich als Erlöser der Diözese Limburg sähe, müsste ich verrückt werden“, so Rösch.

Am Montag hatte Rösch, der Wiesbadener Stadtdekan ist, seine vom Papst vorgezogene Arbeit als Generalvikar in Limburg aufgenommen und sich auch den Mitarbeitern der bischöflichen Verwaltung und des Caritas-Verbandes vorgestellt. Rösch vertritt fortan Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst, der unter anderem wegen seiner Amtsführung und Baukosten von 31,5 Millionen Euro für seinen Bischofssitz auf dem Limburger Domberg in schwere Kritik geraten war und vom Papst eine zeitlich nicht näher bestimmte Auszeit bekommen hatte.

In Telefonkontakt mit Bischof

Zur Frage nach einer eventuellen Rückkehr von Tebartz-van Elst nach Limburg sagte Rösch, er könne das schwer sagen und habe auch nicht darüber zu entscheiden. Er stehe in Telefonkontakt mit dem Bischof, wobei die Gespräche rein persönlicher Natur seien.

Wolfgang Rösch, Generalvikar der Diözese Limburg

APA/EPA/dpa/Fredrik von Erichsen

Wolfgang Rösch, Generalvikar der Diözese Limburg

Nach Röschs Angaben steht das römische Dekret zu seiner Ernennung zum Generalvikar noch aus. Aus einem Schreiben der zuständigen Kleruskongregation, in dem das Dekret angekündigt werde, gehe hervor, dass er die Rechte, Pflichten und Vollmachten habe, die das Kirchenrecht für das Amt des Generalvikars vorsehe, dass er aber „allein und ausschließlich“ dem Vatikan informations- und rechenschaftspflichtig sei.

Rösch kündigte auf der Pressekonferenz an, dass die letzte Sitzung der von der der Deutschen Bischofskonferenz eingerichteten Kommission zur Prüfung der Baukosten Ende Januar anstehe. Der Papst hatte Tebartz-van Elst die Auszeit „in Erwartung der Ergebnisse“ dieser Prüfung gewährt.

Glück fordert Komplett-Veröffentlichung

Dass der Bericht der Untersuchungskommission „vollständig“ veröffentlicht werden soll, forderte der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück,. Nur totale Transparenz könne das Entstehen von Verschwörungstheorien verhindern, so Glück gegenüber der deutschen katholischen Nachrichtenagentur KNA mit Blick auf Behauptungen, es gehe in der Debatte nur darum, einen theologisch unliebsamen Bischof loszuwerden. Vielmehr gehe es jedoch um Kosten, die Informationspolitik, die Rolle des Bischofs und die Rolle von Mitarbeitern und Gremien.

Der hohe Leidensdruck biete zugleich die Chance, Verkrustungen aufzubrechen, zu neuer Lebendigkeit zu gelangen und qualifizierte Kontrollgremien in der Kirche zu stärken, erklärte Glück. Kritik, offener Widerspruch und Kontrolle seien zwar bisweilen lästig und mühsam, doch könnten die Gremien bei guter Arbeit als „Gegengewichte“ Skandale wie in Limburg verhindern und somit eine „Schutzfunktion für Bischöfe, Priester und Entscheider in der Kirche“ haben.

„Falsches Autoritätsverständnis“

In diesem Zusammenhang kritisierte der ZdK-Präsident ein „falsches Autoritätsverständnis“ in der Kirche. „Führungskräfte, die unter Druck geraten, fallen in acht von zehn Fällen in autoritäre Muster. In der katholischen Kirche wird das nicht selten auch noch theologisch untermauert und überhöht“, sagte er. Ein Bischof müsse seinen Beratern und seiner Umgebung vielmehr klar machen, dass er Widerspruch und Kritik erwarte, wenn etwas schief läuft.

Große Schwächen sieht Glück auch in der Personalpolitik der Kirche: „Im Vergleich zu vielen Organisationen und Wirtschaftsunternehmen ist sie oft weit zurück bei Personalentwicklung und bei der Qualität zeitgemäßer Menschenführung.“ Es müsse mehr darauf geachtet werden, dass „Personen auch für Führungsaufgaben geeignet sind - und dass es nicht nur auf den rechten Glauben ankommt“.

Umfrage sieht Glaubwürdigkeitsverlust

Infolge der Diskussionen um Tebartz-van Elst ist das Vertrauen der Deutschen in die katholische Kirche eher gering, zeigt eine am Mittwoch in Hamburg veröffentlichte Umfrage für den „Stern“: Nur 18 Prozent der 1.000 befragten Deutschen halten demnach die katholische Kirche für glaubwürdig oder sehr glaubwürdig, während sie dagegen 73 Prozent für wenig oder überhaupt nicht glaubwürdig halten.

Unter den befragten Katholiken sehen 65 Prozent ihre Kirche als wenig oder überhaupt nicht glaubwürdig. 30 Prozent halten sie für glaubwürdig und drei Prozent für sehr glaubwürdig. 21 Prozent der Katholiken und acht Prozent der Protestanten denken infolge den Debatten über Vermögen und Verschwendung in der Kirche sogar über einen Austritt nach. Eine mögliche Rückkehr des Bischofs in seine Diözese fänden 80 Prozent der Befragten falsch, wobei unter Katholiken sogar 87 Prozent dieser Meinung sind. Nur sechs Prozent der befragten Katholiken hielten eine Rückkehr nach Limburg für richtig.

Käßmann: Kein Urteil über Bischof Tebartz-van Elst

Die evangelische Ex-Bischöfin Margot Käßmann hält sich indes betont zurück mit einer Bewertung des katholischen Limburger Bischofs. „Mir ist besonders wichtig, nicht über das Verhalten einer Person zu urteilen“, sagte sie den „Ruhr Nachrichten“ (Mittwoch-Ausgabe) in Dortmund. „Ich habe selbst erlebt, wie es ist, wenn die Öffentlichkeit genau zu wissen glaubt, was man denkt, fühlt und welche Fehler man gemacht hat.“

Käßmann war 2010 nach einer Trunkenheitsfahrt als Bischöfin der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zurückgetreten. Seit 2012 ist sie Botschafterin der evangelischen Kirche für das Reformationsjubiläum 2017.

religion.ORF.at/KAP

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