Flüchtlinge nutzten Journalistenpreisverleihung für Demo

Die „Servitenkloster“-Flüchtlinge protestierten bei der Leopold-Ungar-Journalistenpreisverleihung für ihre Anliegen. Die Einladung der Caritas, auf der Bühne über ihre Anliegen zu sprechen, wurde nicht angenommen.

Bei der Aktion haben einige der Betroffenen Transparente ausgerollt und Sprüche wie „No border, no nation - stop deportation“ oder „Refugees are welcome here“ gerufen. Caritas-Wien-Geschäftsführer Klaus Schwertner betonte gegenüber religion.ORF.at, dass die Caritas die Flüchtlinge „herzlich willkommen heiße“, man habe es nicht als Störaktion empfunden.

Leopold Ungar Preis für sozial engagierten Journalismus der Caritas 2013.

ORF/Marcus Marschalek

Zu Beginn der Leopold-Ungar-Preisverleihung kamen einige der „Servitenkloster“-Flüchtlinge auf die Bühne und machten auf ihre „hoffnungslose Situation“ aufmerksam

Die Caritas war über die Aktion bereits im Vorfeld informiert und hat auch angeboten, dass die Flüchtlinge über ihre Anliegen auf der Bühne sprechen können. Diese Angebot wurde jedoch nicht angenommen. Die Flüchtlinge, die eine Woche lang in der Akademie der Bildenden Künste und davor im Wiener Servitenkloster gelebt haben (und davor in der Votivkirche), sind nach dem Entrollen von Plakaten nach einigen Minuten wieder abgezogen.

Caritas solidarisch mit den Flüchtlingen

„Die Caritas finde die Aktion gut“, so Schwärtner, „weil die Betroffenen vor vielen Journalisten ihre Anliegen äußern konnten“. Sie hätten ihre Verzweiflung zum Ausdruck gebracht, denn sie wüssten nicht, wie es weitergeht. Einige Unterstützer der Flüchtlinge formulierten jedoch auch heftige Beschimpfungen in Richtung Caritas.

Leopold Ungar Preis für sozial engagierten Journalismus der Caritas 2013.

ORF/Marcus Marschalek

Die Flüchtlinge hatten bei ihrem Protest Unterstützer, die der Caritas fehlerhaftes und heuchlerisches Verhalten vorwarfen und die Caritas beschimpften

Schwertner betonte, dass sich die Caritas weiterhin mit den Anliegen der Flüchtlinge solidarisch zeige, auch wenn durch die Umbauarbeiten im Servitenkloster dieses nicht mehr als Unterkunft für die Betroffenen zur Verfügung stehen kann. „Das heißt nicht, dass wir sie nicht weiter unterstützen,“ sagte Schwertner gegenüber der APA. Er betonte, dass es auch ein Angebot der Pfarre Schwechat gebe, einen Versammlungsraum zu nutzen und dass jeder der Betroffenen ein Angebot vom Fonds Soziales Wien für einen Schlafplatz habe. Es liege an den Betroffenen, die Hilfe auch anzunehmen, sagte der Geschäftsführer.

Auszeichnung für mehrere ORF-Journalisten

Am Dienstagabend wurden in Wien zum zehnten Mal Journalistinnen und Journalisten mit dem Prälat-Leopold-Ungar-JournalistInnenpreis ausgezeichnet. Der Preis, der im Sinne des Lebenswerks des langjährigen Präsidenten der Caritas Österreich, Prälat Leopold Ungar, von der Caritas der Erzdiözese Wien und der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien vergeben wird, ist mit 20.000 Euro der höchstdotierte JournalistInnenpreis Österreichs.

Roberto Talotta erhält den Leopold Ungar Preis für sozial engagierten Journalismus der Caritas 2013 in der Kategorie "Radio".

ORF/Marcus Marschalek

ORF-Religion Redakteur Roberto Talotta (Bildmitte) ist Preisträger in der Kategorie Hörfunk

In der Kategorie TV wurden Peter Liska und Meryem Citak für ihre „kreuz und quer“-Dokumentation „Kolaric’ Erben" ausgezeichnet, in der Kategorie Hörfunk Ö1-Journalist Roberto Talotta für seine Beiträge „Die Suche nach der Armut - eine Fahrt durch die Obdachlosigkeit in Wien“ und „Impressionen aus Burkina Faso“. „profil“-Journalistin Edith Meinhart ist Preisträgerin in der Kategorie Print Sandra Ernst Kaiser von „diestandard.at“ in der Kategorie Online.

Leopold Ungar Preis für sozial engagierten Journalismus der Caritas 2013.

ORF/Marcus Marschalek

Meryem Citak (2. v. li.) und Peter Liska (3. v. li.) wurden für ihre „kreuz und quer“-Dokumentation „Kolaric’ Erben“ ausgezeichnet

„Toleranz und Verständnis“

„Mit dem Ungar-Preis werden herausragende journalistische Leistungen prämiert, die Toleranz und Verständnis im Umgang mit gesellschaftlichen Randgruppen fördern und sich mit sozialpolitischen Themen wie Armut, Obdachlosigkeit, Migration, Flucht, Alter, Krankheit oder Diskriminierung auseinander setzen“, hieß es in einer Aussendung der Caritas am Dienstag.

„Die Ausgezeichneten sind Journalistinnen und Journalisten, die hartnäckig sind, die anecken und die ihre Stimme erheben, wenn sie davon überzeugt sind, dass die Stimmen jener, für die sie sprechen, nicht gehört werden“, so Caritasdirektor Michael Landau.

Leopold Ungar Preis für sozial engagierten Journalismus der Caritas 2013.

ORF/Marcus Marschalek

Anerkennungspreise haben Christian Rathner (2. v. li.) für „ORF Orientierung Spezial“, Thomas Grusch (3. v. li.) und Elisabeth Krimbacher (4. v. li.) für „kreuz und quer“ erhalten. Ausgezeichnet wurde auch Susanna Zaradic von „ORF Thema“ (6. v. li.)

Neben den Hauptpreisen wurden auch heuer wieder mehrere Anerkennungspreise vergeben: in der Kategorie Print an Marina Delcheva („Das Biber“), Ruth Eisenreich(„Falter“) sowie Saskia Jungnikl („Der Standard“) vergeben, in der Kategorie TV an Christian Rathner („ORF Orientierung Spezial“), Elisabeth Krimbacher und Thomas Grusch („kreuz und quer“) sowie Susanna Zaradic („ORF Thema“) und im Bereich Hörfunk an Veronika Mauler und Stefanie Panzenböck (beide Ö1).

Die prämierten ORF-Beiträge

Praxis: Impressionen aus Burkina Faso (Roberto Talotta)

kreuz und quer: Kolaric’ Erben: Die Tschuschenkinder von einst (Peter Liska und Meryem Citak)

kreuz und quer: „Familie andersrum“ (Elisabeth Krimbacher und Thomas Grusch)

Orientierung spezial: Helfende Hände in Athen (Christian Rathner)

„Einzigartige Langzeitstudie“

Die „kreuz und quer“-Dokumentation „Kolaric’ Erben - Die Tschuschenkinder von einst“ von Peter Liska und Meryem Citak wurde in der Begründung der Jery als „einzigartige Langzeitstudie zum Thema Migration und Integration“ gewürdigt. „Fernsehen ist immer dann ergreifend, wenn es gelingt, Entwicklungen transparent zu machen. Im vorliegenden Fall wird auf eine sehr einfühlsame und anschauliche Art und Weise beschrieben, was es heißt, in einem Land anzukommen und über Generationen Wurzeln zu schlagen.“

Roberto Talotta, langjähriger Redakteur der Hauptabteilung Religion im ORF-Radio, wurde in der Kategorie Hörfunk von der Jury einstimmig als Hauptpreisträger ausgewählt. Talotta sei „Reporter im besten Sinne – ein Journalist, der mit dem Mikro in der Hand spürbar gerne in unterschiedlichen Milieus als Chronist unterwegs ist“, so die Jury. Er sei ein genauer Beobachter, übersetze Information und Emotion für das Radio und setze dies in längeren Features genauso hervorragend um wie in Kurzreportagen.

religion.ORF.at/KAP/APA

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