D: Mehr Menschen treten aus Kirchen aus

Vielerorts in Deutschland kehren mehr Menschen als üblich der katholischen Kirche den Rücken. Grund ist auch die Affäre um den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst, ergaben Recherchen der dpa.

Auch die evangelische Kirche ist betroffen, so die deutsche Nachrichtenagentur. In Köln hat sich die Zahl der Kirchenaustritte nach Angaben des Amtsgerichts von September auf Oktober mehr als verdoppelt und stieg auf 571. Auch die Zahl der Austritte aus der evangelischen Kirche stieg um knapp 80 Prozent auf 228.

In Osnabrück und Bremen ging die Zahl der Kirchenaustritte im Oktober deutlich in die Höhe. In München gab es 1.250 Austritte, im Vergleich zu 602 im September. In Regensburg verdreifachte sich die Zahl nahezu auf 147.

Affäre um Tebartz-van Elst Anlass

Aus Rückmeldungen sei zu erfahren, dass die Affäre um Bischof Tebartz-van Elst der Anlass für Kirchenaustritte war, sagte der Sprecher des Bistums Trier, Andre Uzulis. In Trier traten im Oktober 97 Menschen aus beiden Kirchen aus. Im September waren es 38.

Der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst

APA/EPA/Arne Dedert

Der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst

Einer Statistik der Deutschen Bischofskonferenz zufolge verliert die katholische Kirche in Deutschland seit 1990 jährlich mehr als 100.000 Mitglieder durch Austritte, berichtete die dpa. Auch aus der evangelischen Kirche Deutschland traten zuletzt deutlich mehr als 100.000 Menschen pro Jahr aus. Beide christlichen Kirchen haben derzeit jeweils um die 24 Millionen Mitglieder.

Tebartz-van Elst war in den vergangenen Wochen unter anderem wegen Verschwendung beim Bau seines neuen Amtssitzes in die Kritik geraten. Auf Geheiß des Papstes verbringt er eine Auszeit in einem Kloster. Eine Kommission der deutschen Bischofskonferenz untersucht derzeit die Baukosten von mindestens 31 Millionen Euro. Der neue Limburger Generalvikar Wolfgang Rösch führt einstweilen die Verwaltungsgeschäfte im Bistum.

Bischof Bode: Schaden schlimmer als durch Missbrauch

Nach Worten des Osnabrücker Bischofs Franz-Josef Bode ist das Ansehen der katholischen Kirche in Deutschland durch den Streit in der Diözese Limburg erheblich beschädigt. Die Erschütterung der Kirche sei „fast größer als vor drei Jahren durch den Missbrauchsskandal“, sagte er am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Osnabrück. Deutlich werde dies auch durch steigende Austrittszahlen in den Diözesen und eine zurückgehende Spendenbereitschaft der Mitglieder für soziale Zwecke, so der Bischof.

Bode zeigte Verständnis für die Zurückhaltung der Gläubigen beim Spenden. „Wie sonst soll der kleine Mann auf der Straße denn seinen Protest bekunden“, fragte der Bischof. Es gelte nun, das Vertrauen der Menschen schrittweise zurückzugewinnen, wozu auch eine größere Offenheit der Kirche in Finanzfragen beitragen könne.

Der Bischof warb um Verständnis und warnte vor einer vorschnellen Verurteilung einer reichen Kirche. „Die Kirche braucht Geld und Güter für ihre Aufgaben“, so der Bischof. Als Träger vielfältiger Einrichtungen wie Krankenhäusern, Kindergärten, Schulen und Altenheimen leiste sie einen sozialen, kulturellen, sinnstiftenden und gemeinschaftsbildenden Beitrag für die Gesellschaft. Auch habe sie eine Verantwortung gegenüber der Vergangenheit wie gegenüber der Zukunft. Sie könne ein wie in der Diözese Osnabrück seit 1.200 Jahren angesammeltes Vermögen nicht kurzfristig verwirken. „Wir müssen in Jahrhunderten denken“, so Bode.

religion.ORF.at/dpa

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