St. Martin: Ein Bischof und die Gänse

Der historische Martin wurde im Jahr 371 zum Bischof von Tours gewählt. Rund um sein Namensfest am 11. November ranken sich Legenden und Bräuche mit meist heidnischem Ursprung.

Auf einem Pferd reitet Martin durch das Stadttor von Amiens. Es ist bitter kalt und er sieht einen frierenden Bettler. Martin zögert nicht lange, er teilt seinen Mantel mit einem Schwert und gibt die eine Hälfte dem armen Mann am Boden - so erzählt es die Legende über den heiligen Martin. Heute ziehen Kinder in ganz Österreich, im Gedenken an Martin, mit Laternen in der Hand durch die Straßen und singen von den guten Taten des Heiligen.

Heiliger Martin auf historischen Kirchenbildern

kathbild/Franz Josef Rupprecht

Die Legende erzählt, dass der heilige Martin seinen Mantel mit einem Bettler geteilt haben soll

Der historische Martin

Der historische Martin wurde aller Wahrscheinlichkeit nach im Jahr 316 in der Stadt Sabaria – auf dem Gebiet des heutigen Ungarn – geboren. Auf Wunsch des Vaters trat er in die römische Armee ein. Auf diesem Weg verschlug es ihn ins heutige Frankreich, wo er in Amiens stationiert war. Im Jahre 371 wurde er zum Bischof von Tours gewählt. Er selbst hielt sich jedoch für unwürdig und versteckte sich in einem Gänsestall, um die Wahl nicht annehmen zu müssen. Doch das Geschnatter der Gänse verriet sein Versteck und Martin musste Bischof werden.

Martin wurde schon bald nach seinem Tod im Jahr 397 vom Volk wie ein Heiliger verehrt. Formelle Selig- und Heiligsprechungen sind erst seit dem 11. Jahrhundert üblich. Unter König Chlodwig (481 – 511) wurde er eine Art Nationalheiliger im Frankenreich. Im heutigen Österreich lassen daher dem heiligen Martin geweihte Kirchen auf einen sehr alten, fränkischen Ursprung schließen. Das Burgenland hat den heiligen Martin als Landespatron gewählt.

Gänse im Burgenland

APA/Robert Jäger

Gänse sollen dem zum Bischof gewählten Martin verraten haben. Heute verknüpft man damit das „Martinigans-Essen“

Legenden und Bräuche rund um den Martinstag

Gerne verknüpft man heute das „Martinigans-Essen“ mit der Legende der Gänse, die Martin verraten haben. Der vorchristliche Ursprung des „Ganselessens“ waren Schlachtfeste zur Erntezeit. Später war der Martinstag im Leben der Bauern lange Zeit eine wichtige Markierung im Jahresverlauf, an dem Zins- oder Pachtzahlungen fällig waren. Als Draufgabe erhielten die Knechte oft eine Gans geschenkt. Vor der kargen Winterzeit musste die Geflügelschar stark reduziert werden und landeten so auf dem Tisch.

Die heutigen Lichterprozession der Kinder gehen auf vorchristliche Feuer- und Lichtbräuche zurück. Die Feuer sollten böse Geister vertreiben. Wie so oft, wurden auch hier die alten Bräuchen christlich bemäntelt. Jugendliche und Erwachsene zündeten Feuer an, zogen durch die Felder und glaubten so böse Geister zu vertreiben und für das kommende Jahr Fruchtbarkeit und Segen zu bringen. Wer mit seinem „Herzbuben“ oder seiner „Herzdame“ über so ein Feuer sprang, sollte sich im nächsten Jahr bester Gesundheit und Wohlstands erfreuen können.

Von Seiten der Kirche versuchte man diesen heidnischen Bräuchen entgegen zu wirken, indem man am Martinstag ein zentrales Feuer vor der Dorfkirche entzündete. Wer sich beim „Martinsfeuer“ einfand, konnte mit dem Segen der Kirche rechnen und musste nicht vor Dämonen Angst haben. Um der Wohltätigkeit des heiligen Martins zu gedenken, wurden sogenannte „Martinilaibchen“, „Martinshörnchen“ oder auch „Merteswecken“ verschenkt.

Heiliger Martin auf historischen Kirchenbildern

kathbild/Franz Josef Rupprecht

Der heilige Martin gilt als Vorbild im Almosengeben

Glühwein und „Martiniloben“

Heute ist es der Glühwein, der viele Erwachsenen zu einem der Martinsfeuer lockt. In zahlreichen Gemeinden in ganz Österreich werden sie entzündet. Wein und Kälte animieren zum Singen: „Sonnen, Mond und Sterne“ oder „Ich gehe mit meiner Laterne und meine Laterne mit mir“ sind alte Martinslieder, die um 1880 ihren Ursprung im protestantischen Norden haben. Aber auch die schon längst zum Klassiker gewordenen Lieder „Martin ist ein guter Mann, zündet ihm die Lichter an“ und „Sankt Martin ritt durch Schnee und Wind“ haben zum Teil eine noch längere Tradition.

Weinkenner sehen dem Martinstag mit Spannung entgegen. Vielerorts lässt man sich beim „Martiniloben“ das erste Glaserl „Heurigen“ schmecken und in manchen Weinbaugemeinden wird der junge Wein getauft.

religion.ORF.at

Mehr dazu: