Gerichtshof prüft Burka-Verbot in Frankreich

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) prüft eine Beschwerde gegen das Burka-Verbot in Frankreich. Das Gesetz verbietet die Verschleierung des Gesichts in der Öffentlichkeit.

Sowohl die Anwälte der 23 Jahre alten Klägerin als auch die Vertreterin der französischen Regierung beriefen sich am Mittwoch in Straßburg auf das Diskriminierungsverbot. Eine Entscheidung dazu sollte erst zu einem späteren Zeitpunkt fallen. Für die Regierung in Paris verstößt der Vollschleier gegen die Gleichberechtigung, für die Anwälte der Klägerin diskriminiert das Verbot die Frauen, die die Burka tragen wollen.

In Frankreich gilt eine strikte Trennung von Staat und Kirche. Grundsätzlich sind Lehrer und Erzieher daher in öffentlichen Einrichtungen zu religiöser Neutralität verpflichtet. Seit einiger Zeit erregt das Thema aber zunehmend die Gemüter: So hatte der Staat mit seinem Burka-Verbot ein wachsendes Unbehagen bei der muslimischen Bevölkerung ausgelöst, die dadurch ihre Religionsfreiheit eingeschränkt sieht oder sich einem Generalverdacht ausgesetzt fühlt.

Bis zu 150 Euro Geldstrafe

Der Ganzkörperschleier, der auch das Gesicht bedeckt, ist die strengste Form der Verhüllung des weiblichen Körpers im Islam. Unterschieden werden der Nikab mit Schlitzen für die Augen und die Burka, in der die Umwelt nur durch ein feinmaschiges Netz vor dem Gesicht wahrgenommen wird. Sie werden vor allem in den Staaten der arabischen Halbinsel und in Afghanistan getragen. Zuwanderinnen aus diesen Regionen tauchen in dieser Bekleidung inzwischen auch im Straßenbild europäischer Städte auf.

Frau mit Nikab in Frankreich

Reuters/Regis Duvignau

Frauen in islamischer Vollverschleierung (hier: Nikab) sieht man auch in Europa

Als erstes europäisches Land hat Frankreich im April 2011 das Tragen von Vollschleiern in der Öffentlichkeit verboten. Bei Verstößen droht Frauen eine Geldstrafe von bis zu 150 Euro. Zudem können sie zum Besuch eines Kurses in Staatsbürgerkunde verurteilt werden. In Belgien gilt ein Verbot seit Juli 2011. Wer dort sein Gesicht im öffentlichen Leben so verhüllt, dass er nicht mehr zu identifizieren ist, muss mit Strafen zwischen 15 und 25 Euro oder bis zu sieben Tage Gefängnis rechnen.

In Österreich war ein solches Verbot kurzzeitig 2010 ein Thema. FPÖ, BZÖ, aber auch ÖVP-Politiker befürworteten ein Burka-Verbot. Kanzler Werner Faymann (SPÖ) hatte erklärt, sich ein Burka-Verbot vorstellen zu können. Nur die Grünen waren strikt dagegen. Aktuell meldete sich die FPÖ zum Thema Burka-Verbot zu Wort. Er hoffe, dass der EGMR klarstellt, dass die „Vermummung“ von Frauen mit den europäischen Werten und mit der Würde des Menschen nicht vereinbar sei, so der FPÖ-Europaabgeordnete Franz Obermayr in einer Presseaussendung vom Mittwoch.

Paris: Kündigung wegen Kopftuchs

Ein Pariser Berufungsgericht hat am Mittwoch die Entlassung einer Kopftuch tragenden Kindergärtnerin trotz Bedenken der obersten französischen Justizinstanz für zulässig erklärt. Die Richter werteten es als rechtmäßig, dass Betreiber einer privaten Tagesstätte unter Berufung auf „konfessionelle Neutralität“ ein Kopftuch- und Schleierverbot für Mitarbeiter verhängen können. Das sei eine historische Entscheidung, sagte der Anwalt des Kindergartens Baby-Loup nach der Urteilsverkündung am Mittwoch.

Die Sozialkammer des obersten Gerichtshofes hatte zuvor im März eine gleichlautende Entscheidung des Berufungsgerichts in Versailles aufgehoben und die Entlassung der Mitarbeiterin als „Diskriminierung wegen religiöser Überzeugungen“ gewertet. Das Urteil war stark kritisiert worden - vor allem weil die Kammer einen Unterschied zwischen staatlichen und privaten Bildungseinrichtungen machte. An öffentlichen Schulen sind islamische Kopftücher nämlich verboten.

Der Anwalts der Frau sagte nach dem Urteil am Mittwoch, es sei sehr wahrscheinlich, dass man die Entscheidung erneut vor dem Kassationsgerichtshof anfechten werde. Sie selbst hatte angekündigt, notfalls bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) zu ziehen.

religion.ORF.at/dpa/APA/AFP