Landau: „Regierung hat Blickkontakt zur Not verloren“

Mit scharfer Kritik am mangelhaften sozialen Gespür der politischen Verantwortungsträger hat sich der neue Caritas-Präsident Michael Landau zu Wort gemeldet. Die Regierung habe „den Blickkontakt zur Not verloren“.

Wer eine „Neiddebatte auf dem Rücken der Schwächsten“ schüre und etwa den Begriff der „sozialen Hängematte“ im Munde führe, „der hat von der Wirklichkeit der Betroffenen keine Ahnung“, so Landau am Samstag in der ORF-Radio-Sendung „Journal zu Gast“.

Zugleich lud Landau Politiker ein, sich auf die Begegnung mit der realen Armut, wie sie einem etwa in den Einrichtungen der Caritas tagtäglich begegne, einzulassen. Dort könne man erleben, dass Armut und Armutsgefährdung und damit „der Druck auf die Menschen an den Rändern“ steige. Von einer künftigen Regierung erhoffe er sich daher „Mut und Visionen“ - Mut insbesondere, das Thema Armutsvermeidung und -bekämpfung zu forcieren.

Valorisierung der Familienleistungen

Im Rahmen einer solchen Strategie der Armutsbekämpfung müsse u.a. die bedarfsorientierte Mindestsicherung angepasst werden; ebenso pochte Landau auf eine Valorisierung der Familienleistungen und auf eine „sinnvolle Debatte“ über die Zukunft der Pflege im Blick auf deren Finanzierung, Strukturierung und Qualitätssicherung. Zur nachhaltigen Finanzierung der Pflege könne er sich etwa die Wiedereinführung der Erbschaftssteuer vorstellen. Es brauche in der Finanzierung der Pflege eine Bewegung weg von der bestehenden „Sozialhilfelogik“ hin zu einer solidarischen Absicherung, so der Caritas-Präsident.

„Flucht ist kein Verbrechen.“

Angesprochen auf die Refugee-Initiative, die sich mit ihrer symbolträchtigen „Besetzung“ der Wiener Votivkirche im heurigen Dezember zum ersten Mal jährt, räumte Landau ein, dass manche ihrer Forderungen „überzogen“ gewesen seien, hielt aber fest: „Flucht ist kein Verbrechen.“ Außerdem erkenne er darin eine „spannende Entwicklung“, da es das erste Mal gewesen sei, dass in Österreich von Flucht und Asyl betroffene Menschen öffentlich auf ihre Nöte hingewiesen haben. „Viele der angesprochenen Punkte brennen auch uns schon lange unter den Fingernägeln“, so Landau, etwa die Frage nach fairen Asylverfahren, nach einem fairen Arbeitsrecht sowie nach einer qualitätsvollen Unterbringung: „Es darf in Österreich keine zweite Saualm geben.“

Angesprochen auf den früheren Wiener Caritasdirektor und nunmehrigen Obmann der „Pfarrerinitiative“, Helmut Schüller, bekräftige Landau eine Aussage aus einem früheren Interview: „Ich halte Helmut Schüller für einen hervorragenden Kandidaten für ein Bischofsamt.“ Als Unterstützung der „Pfarrerinitiative“ wollte er diese Aussage indes nicht verstanden wissen. Mit Papst Franziskus erkenne er einen „frischen Wind“ in der Kirche. Es werde neu sichtbar, dass Leben und Glauben zusammengehören - und dies liege auch Schüller am Herzen, so Landau.

KAP

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