Feichtlbauer: Franziskus stellt Papst-Amt zur Diskussion

Die Journalisten Hubert Feichtlbauer und Hans Winkler haben in einem Streitgespräch in der Wochenzeitung „Furche“ über die Auswirkungen von Papst Franziskus’ Kurs auf das Papst-Amt diskutiert.

Papst Franziskus ist kein glühender Kämpfer gegen den Relativismus wie sein Vorgänger Benedikt XVI. und stellt deshalb das Papst-Amt in seiner autoritären Ausprägung zur Diskussion: Das sagte Feichtlbauer in dem Streitgespräch mit Winkler in der „Furche“. Feichtlbauer war früher Chefredakteur des „Kurier“, der „Furche“ und Pressechef der Bundeswirtschaftskammer, Winkler leitete lange das Außenpolitik-Ressort und später die Wiener Redaktion der „Kleinen Zeitung“. Beide gelten als „Urgesteine“ katholischer Publizistik in Österreich.

„Ganz andere Sichtweise“

Kardinal Josef Ratzinger habe 2005 vor dem Konklave mit seiner Rede gegen den Relativismus, bei der er die Verteidigung der absoluten Wahrheit der Kirche forderte, viele Kardinäle beeindruckt, erinnerte Feichtlbauer. Wenn nun Franziskus in einer Rede betont habe, man könne „nicht alles auf den Relativismus schieben“, so zeuge das von einer „ganz anderen Sichtweise“.

Pastoraltheologe Hubert Feichtlbauer

Kathpress/Franz Josef Rupprecht

Hubert Feichtlbauer

Franziskus setze nicht auf Kontinuität, sondern fange Neues an, so Feichtlbauers Standpunkt. Ohnehin habe man früher in der Kirchengeschichte, solange Glaubensdispute noch ein von den Leuten unverstandener Gelehrtenstreit gewesen seien, Positionen und Glaubenssätze durchaus geändert. Indem sich die Kirche nun ständig bemühe, Kontinuität darzustellen, fessle und behindere sie sich bloß selbst, was ein „Unglück“ sei.

Schrotflinte und Luftballons

„Keinen Bruch oder Wende“ stellte hingegen Winkler fest: Ebenso wie Franziskus habe auch schon Benedikt XVI. in seinem Jesus-Buch Widerspruch ausdrücklich gestattet. Der jetzige Papst bemühe sich zwar sichtbar, die Kirche pastoraler auszurichten und eine Kurienreform anzugehen, doch sei ihm der Weg dazu scheinbar selbst nicht klar: „Mir kommt vor, er schießt da mit der Schrotflinte in die Luft und schaut, was herunterfällt“, so der Journalist, der Franziskus auch vorwarf, „unüberlegt und wenig argumentiert einfach Dinge in die Welt zu setzen“.

Der Papst werde in die Situation kommen, „dass er die vielen Luftballone, die er steigen lässt, wieder einfangen und bündeln muss“, konkret etwa im Zuge der Bischofssynode zur Familie, die ein „Prüfstein“ sein könnten: Schließlich meinten derzeit viele, jeder könne sich selbst seine Kirchenreform machen.

Stimmungsumschwung „beunruhigend“

Reformen sollten nach Feichtlbauers Dafürhalten vor allem dezentralisieren und die Macht des Papstes teilen: Dass „ein alter, zölibatär lebender Mann einen Stimmungsumschwung sondergleichen herbeiführen kann“, sei beunruhigend: „Da stimmt was strukturell, in der Institution nicht“. Diözesen sollten Mitspracherecht bei Bischofsernennungen bekommen, „das nicht darin bestehen kann, dass eine nicht bekannte Zahl von Katholiken beim Nuntius vorspricht oder gleich in Rom Namen vorschlägt“, betonte der Journalist.

Hans Winkler

Kathpress/Franz Josef Rupprecht

Hans Winkler

An der Letzternennung der Bischöfe durch den Papst wollte Feichtlbauer jedoch ebenso wenig rütteln wie am Papst-Amt selbst: Schließlich sei der Papst „auch für mich unverzichtbar“ und eine „große Stärke der katholischen Kirche“.

Kapitalismus-Kritik vs. Überbetonung der Armut

Uneins waren die beiden Kirchenkenner auch in ihrer Bewertung des aktuellen Lehrschreibens „Evangelii gaudium“: Für Feichtlbauer habe Franziskus darin die heutige „Vergöttlichung des Marktes“ kritisiert. Winkler hingegen sieht die Papst-Kritik tiefer, an der „Wurzel“ des Wirtschaftssystems überhaupt ansetzen. Da seien jedoch Differenzierungen wünschenswert: „Ich frage mich schon: Was stellt er sich denn vor? Die einzige Alternative zur Marktwirtschaft ist die Planwirtschaft“. Das sei jedoch keine wirkliche Alternative.

Skeptisch äußerte sich Winkler auch über die Forderung einer „armen Kirche“, schließlich könne diese für Arme gar nichts tun, so Winkler. Armut sei keine Tugend, zudem sehe der Papst offenbar nicht, „dass von dem von ihm kritisierten Wirtschaftssystem auch drei Viertel der Kirchen auf der Welt leben, weil das Geld, das in Afrika und in Lateinamerika von den Diözesen verbraucht wird, aus Köln, Wien oder Mailand kommt“. Europas Kirche habe von und mit der Marktwirtschaft „eigentlich ganz gut gelebt“.

religion.ORF.at/KAP

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