Missbrauch: Benedikt XVI. entließ Hunderte Priester

384 Priester haben in den Jahren 2011 und 2012 wegen Kindesmissbrauchs auf ihr Amt verzichtet. Dies ist das Resultat der neuen Regeln, die Papst Benedikt XVI. 2010 zur Bekämpfung der Pädophilie eingeführt hatte.

Insgesamt 384 Priester mussten in den Jahren 2011 und 2012 wegen Kindesmissbrauchs auf ihr Amt verzichten. Dies ist das Resultat der neuen Regeln, die Papst Benedikt XVI. 2010 zur Bekämpfung der Pädophilie eingeführt hatte. Die Zahlen stammten aus jährlich veröffentlichten Aktivitätsberichten des Vatikans, sagte Vatikansprecher Federico Lombardi am Samstag in Rom der italienischen Nachrichtenagentur Ansa. Zunächst hatte Lombardi einen entsprechenden Bericht der Agentur AP vom Freitag zurückgewiesen, sich später aber korrigiert.

Während seines Pontifikats pensionierte Benedikt XVI. auch 80 Bischöfe. Mehrere von ihnen mussten in den Ruhestand treten, weil sie beschuldigt wurden, Missbrauchsfälle nicht gemeldet zu haben. Andere wurden wegen mangelhafter Geldverwaltung pensioniert, oder weil sie über Glaubensfragen mit dem Heiligen Stuhl in Konflikt geraten waren.

„Die Entlassung aus dem Priesteramt ist eine Strafe. Sie können sich vorstellen, dass Papst Benedikt sehr darunter gelitten hat“, sagte Benedikts Sekretär, Erzbischof Georg Gänswein, der „Mittelbayerischen Zeitung“ (Online). In diesen Situationen habe entschieden und klar gehandelt werden müssen. „Das hat Papst Benedikt eindeutig getan, aber es tat ihm sehr weh, und es tut ihm sehr weh.“

„Offenere Kommunikation“ nach UNO-Anhörung

Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Entlassungen sagte Gänswein: „Diskretion ist wichtig, nicht weil man etwas verheimlichen will, sondern weil man Personen schützen will. Es hat sich gezeigt, dass es nun besser ist, in dem Punkt eine etwas offenere Kommunikation zu betreiben.“

Am Donnerstag hatten Mitglieder des UNO-Kinderrechtskomitees den Vatikan wegen mangelnder Transparenz im Umgang mit dem sexuellen Missbrauch von Kindern durch katholische Geistliche kritisiert. Der Kirchenstaat weigere sich nach wie vor, die von den UNO geforderten genauen Angaben zum Umfang des Skandals und zu den Tätern zu machen, bemängelten sie bei einer Anhörung in Genf.

„Keine Entschuldigung“

Vatikan-Diplomat Erzbischof Silvano Tomasi hatte am Donnerstag bei der UNO-Befragung in Genf den Vatikan verteidigt. Der Heilige Stuhl habe kirchliche Richtlinien verschärft, die Zusammenarbeit mit staatlichen Strafverfolgungsbehörden ausgebaut und neue Wege in der Prävention beschritten, sagte er vor der UNO. Für pädophile Übergriffe gebe es „keine Entschuldigung“.

Die schlimmsten Fälle von Kindesmissbrauch durch katholische Priester seien seiner Ansicht nach aufgedeckt worden, sagte der ehemalige Chefankläger der Glaubenskongregation im Vatikan, Charles Scicluna am Sonntag. Er erwarte, dass sich die Zahl der wegen Kindesmissbrauchs entlassenen Priester auf etwa 100 im Jahr belaufen werde, sagte Weihbischof Scicluna der „Sunday Times of Malta“. Aber: „Jetzt ist nicht die Zeit, nachzulassen.“ Der Malteser war bis 2012 in der Glaubenskongregation tätig, wo er für die Verfolgung von Kindesmissbrauch zuständig war.

Vorbildfunktion beim Kinderschutz

„Die katholische Kirche will ein Vorbild bei der Umsetzung dieses wichtigen Anliegens sein“, so Tomasi in seiner Rede vor dem Genfer UNO-Komitee. Der Erzbischof hob hervor, die überwiegende Mehrheit kirchlicher Mitarbeiter und Institutionen leiste einen großen Beitrag für die Entwicklung von Kindern. Das gelte für ihre Bildung, Erziehung und Versorgung wie auch bei der Unterstützung von Familien.

Der Vatikan hatte sich als Unterzeichner der UN-Kinderrechtskonvention erstmals der turnusmäßigen Prüfung seiner Maßnahmen zum Schutz von Minderjährigen gestellt. Das US-amerikanische Netzwerk für Opfer pädophiler Priester (SNAP) äußerte sich dennoch enttäuscht.

religion.ORF.at/APA/dpa

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