Polen: Katholische Kirche wegen Missbrauchs angeklagt

Polens katholische Kirche muss sich erstmals wegen sexuellen Missbrauchs vor Gericht verantworten. Ein heute 26-jähriger Mann beschuldigt einen katholischen Priester ihn in seiner Jugend sexuell missbraucht zu haben.

Marcin K. fordert nach eigenen Angaben von der Diözese Koszalin-Kolobrzeg (Köslin-Kolberg), einer Pfarre und deren bereits zu einer Haftstrafe verurteilten ehemaligen Pfarrer insgesamt knapp 48.000 Euro und eine Entschuldigung in einer großen Tageszeitung und einer Zeitschrift.

Im Oktober war ein Schlichtungsversuch vor Gericht gescheitert. Der Anwalt der nordwestpolnischen Diözese hatte damals erklärt, Schadenersatzforderungen könnten nur an den Täter und nicht an die Diözese oder die Pfarre gerichtet werden. Für Forderungen an die Kirche gebe es weder eine „rechtliche Grundlage“, noch habe K. Beweise für eine Mitverantwortung der Kirche vorgelegt. Der Täter hatte K. 2001 mehrfach und einen weiteren Jungen einmal sexuell missbraucht. Ein Gericht verurteilte ihn 2012 zu zwei Jahren Haft.

Kläger wirft Kirche Mitwisserschaft vor

Der Kläger wirft der Kirche vor, von pädophilen Neigungen des Priesters gewusst, aber keine Konsequenzen gezogen zu haben. Die Diözese hatte den Geistlichen Medienberichten zufolge 2008 wegen einer Beziehung zu einem Mann suspendiert. Von einer pädophilen Neigung des Priesters hatte sie nach eigenen Angaben keine Kenntnis.

Der Anwalt der Diözese sagte der Lokalzeitung „Glos Koszalinski“ (Freitagausgabe): „Unser Standpunkt hat sich nicht geändert.“ Die Diözese und die Pfarre hätten in keiner Weise „Kontrolle“ über die von dem Geistlichen begangenen Straftaten gehabt. Eine Aufsichtsverletzung durch die Kirche könne nur in Betracht gezogen werden, wenn eine pädophile Veranlagung des Priesters bekannt gewesen und nicht darauf reagiert worden sei. Dies sei nicht der Fall.

Bischöfe lehnen Schadenersatz ab

Bischof Edward Dajczak hatte K. persönlich tiefes Bedauern ausgedrückt und ihm 2012 etwa 500 Euro für eine Therapie erstatten lassen. Polens Bischöfe lehnen im Gegensatz zu den Oberhirten anderer Länder Schadenersatzzahlungen an Missbrauchsopfern ab, die über eine Übernahme von Therapiekosten hinausgehen.

KAP/KNA