Orthodoxie-Gipfel: Beratungen über Konzil

Die 15 höchsten orthodoxen Kirchenführer tagen derzeit am Amtssitz des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. in Istanbul. Ziel des Treffens ist die Vorbereitung des achten panorthodoxen Konzils der Geschichte.

Bis Sonntag wollen die Kirchenführer einen Konsens über die Abhaltung eines großen orthodoxen Konzils erzielen. Die russisch-orthodoxe Kirche, vertreten durch Patriarch Kyrill I. und Außenamtschef Metropolit Hilarion, zeigt laut Radio Vatikan (Freitag) offenbar Bereitschaft, die Vorbereitungen zum Konzil deutlich zu beschleunigen. Ein solches Konzil, das schon seit einem halben Jahrhundert vorbereitet oder gefordert wird, wäre erst das achte in der Geschichte der orthodoxen Kirchen.

„Viele von uns fragen sich, wie lange die Vorbereitungen noch dauern sollen“, so Hilarion in seiner Rede in Istanbul. „Vielleicht müssen wir die Vorbereitungsphase schneller machen und einen Mechanismus einsetzen, der alle Probleme löst.“ Das könnte ein neu geschaffenes interorthodoxes Sekretariat sein, das die vom russischen Metropoliten genannten Probleme Schritt für Schritt angeht.

„Zeichen der Auflösung“

Patriarch Bartholomaios I. sagte in seiner Eröffnungsrede, die innere Einheit der orthodoxen Kirche sei eine fundamentale Voraussetzung dafür, der Welt von heute das Evangelium verkünden zu können. Es gebe „Zeichen der Auflösung“, bedauerte er. Die orthodoxe Kirche habe zur Bewahrung ihrer Einheit kein anderes Instrument als die Synodalität. Daher sei jeder weitere Aufschub der Einberufung des VIII. Panorthodoxen Konzils eine „schwere Verletzung“ der Einheit.

Die orthodoxe Kirche müsse ihrer Verpflichtung zur Verbreitung der Prinzipien des Evangeliums in der Welt von heute entsprechen, „auch wenn diese Prinzipien im Gegensatz zu vorherrschenden Ideen stehen“, so der Ökumenische Patriarch. Die orthodoxe Kirche beachte die Traditionen der Vergangenheit, aber das bedeute nicht, dass sie eine „verknöcherte Kirche“ sei, die sich um die aktuellen Herausforderungen nicht kümmere.

Die Orthodoxie muss sich künftig viel stärker als bisher den Zukunftsfragen der Menschheit widmen, betonte Bartholomaios I.. Er nannte vor den versammelten Patriarchen und Bischöfen drei Bereiche, in denen die orthodoxe Kirche ihre Stimme vernehmbar machen müsse: Die Biotechnik, wobei er bedauerte, dass das bei der letzten „Synaxis“ von 2008 begründete „Interorthodoxe bioethische Komitee“ wieder eingeschlafen sei, den Einsatz für den Umweltschutz, bei dem das Ökumenische Patriarchat seit 1989 federführend sei, und die Finanzkrise.

Patriarch Bartholomaios I. und Patriarch Kyrill I.

Reuters/Marko Djurica

Der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. (l.) und der Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche Kyrill I. bei der Feier zum 1700-jährigen Jubiläum des Mailänder Edikts im Herbst 2013

Selbstverwaltung der Kirchen soll erhalten werden

Ausführlich nahm der Ökumenische Patriarch auch zu Fragen der Kirchenstruktur Stellung. Die weltweite orthodoxe Kirche umfasse eine „Gemeinschaft autokephaler orthodoxer Kirchen, die sich ohne jede äußere Einmischung selbst verwalten“, betonte er. Dieses System sei ein „Segen, den wir wie unseren Augapfel hüten müssen“. Denn durch dieses System könne vermieden werden, dass es zu einer „Ausübung universaler Autorität durch irgendeine Ortskirche und ihren Ersthierarchen“ komme.

Das synodale System sei zwar innerhalb der autokephalen (selbst regierten) orthodoxen Kirchen „mehr oder weniger“ getreu aufrechterhalten worden. Es sei aber in den Beziehungen zwischen diesen Kirchen „völlig abwesend“. Das habe dazu geführt, dass es nicht das Bild „einer orthodoxen Kirche“ gebe, sondern die Vorstellung von „vielen Kirchen“.

Entscheidungen oft in Frage gestellt

Gemeinsame Entscheidungen der Weltorthodoxie, wie sie ab 1964 getroffen worden sein, würden heute bedauerlicherweise von „Segmenten innerhalb der orthodoxen Kirchen in Frage gestellt“. Dies werde auch von der Hierarchie einzelner Kirchen toleriert, „mit unabsehbaren Konsequenzen für die Einheit ihrer Herde“.

Synodale Entscheidungen müssten aber von allen respektiert werden, denn dies sei „der einzige Weg, um die Einheit der Kirche zu bewahren“, forderte der Ökumenische Patriarch. Er räumte ein, dass die in den letzten Jahrzehnten auf panorthodoxer Ebene erarbeiteten Entwürfe für Konzilsdokumente teilweise der Revision bedürfen.

Eine Stimme pro Kirche

Überaus deutlich wurde der Patriarch im Hinblick auf eine der schwierigsten Fragen der Vorbereitung des 8. Ökumenischen Konzils: Jede der autokephalen orthodoxen Kirche sollte demnach beim Konzil (dessen Einberufung er für das Jahr 2015 anstrebt) mit einer bestimmten Zahl von Delegierten vertreten sein, die „wenn möglich“ von der jetzt tagenden „Synaxis“ festzulegen sei. Unabhängig von der Zahl der Delegierten sollte jede Kirche bei den Schlussabstimmungen eine einzige Stimme haben, die der jeweilige Ersthierarch abzugeben hätte.

Der springende Punkt dabei sei, ob die Letztentscheidungen des Konzils „einstimmig“ oder „mit Mehrheit“ erfolgen sollen, unterstrich Bartholomaios I.. Wenn man der alten kanonischen Tradition der Kirche folge, dann müsse es Mehrheitsentscheidungen geben können, was die Möglichkeit einer „immer wünschenswerten“ Einstimmigkeit nicht ausschließe.

Metropolit Hilarion: „Nur Konsensbeschlüsse“

Metropolit Hilarion betonte dazu, dass er sich - ausgehend von den Voten des Bischofskonzils der russisch-orthodoxen Kirche im Jahr 2013 - nur Konsens-Entscheidungen, also einstimmige Beschlüsse, eines panorthodoxen Konzils vorstellen könne. Wörtlich sagte der Metropolit: „Wir sollten nicht nur über den Erfolg des Konzils nachdenken, sondern auch über die Akzeptanz seiner Resultate durch die einzelnen orthodoxen Kirchen.“

Die Einheit der Orthodoxie sei „ohne administrative Instrumente“ 2.000 Jahre bewahrt worden, betonte der Leiter des Außenamts des Moskauer Patriarchats. Das sei ein „so kostbares Erbe“, dass es „zunächst und vor allem“ erhalten und gestärkt werden müsse.

KAP