Orthodoxe Kirchen rufen für 2016 Konzil aus

Nach jahrzehntelangen Vorbereitungen haben sich die Oberhäupter der christlich-orthodoxen Kirchen am Sonntag in Istanbul auf die Abhaltung eines panorthodoxen Konzils verständigt. Es soll 2016 stattfinden.

Das panorthodoxe Konzil - es ist erst das achte in der Geschichte - findet auf Einladung des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. in Istanbul statt. Ein „interorthodoxes Komitee“ soll von September 2014 bis Ostern 2015 die bereits in den vergangenen Jahrzehnten erarbeiteten Vorlagen auf den letzten Stand bringen und die Ergebnisse einer panorthodoxen „Präsynodalen Konferenz“ vorlegen.

Die Oberhäupter der orthodoxen Kirchen hatten sich von Mittwoch bis Sonntag zu einer „Synaxis“ (Versammlung) in Istanbul zusammengefunden. Am Sonntag, dem „Sonntag“ der Orthodoxie gaben sie in einer Abschlussbotschaft den Termin für das Konzil, das in der Vergangenheit schon mehrfach als gescheitert betrachtet wurde, bekannt.

Drei Patriarchen in festlichem Gewand beim Gottesdienst

Reuters/Murad Sezer

Der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. (r.) mit dem Patriarchen von Alexandria, Theodoros I. (M.), und dem Patriarchen von Moskau, Kyrill I. (l.), beim Abschlussgottesdienst der Synaxis in Istanbul

Experte: „Ganz wichtiges Signal“

„Das ist ein ganz wichtiges Signal in Richtung Einheit, dass man es nach so langer Zeit doch geschafft hat und bereit ist, wichtige Fragen in einem Konzil anzugehen“, sagt Rudolf Prokschi, Vorstand des Instituts für Theologie und Geschichte des Christlichen Ostens, gegenüber religion.ORF.at.

Prokschi sieht die Frage nach der Rolle des Ökumenischen Patriarchen als eines der wichtigsten Themen des panorthodoxen Konzils an: "Es wird immer betont, der Ökumenische Patriarch sei ein „primus inter pares“ - also ein Erster unter Gleichen - und insofern nur ein „Ehrenoberhaupt". Aber das Ökumenische Patriarchat selbst hat einen hohen Anspruch. Und die Russen fragen dann immer: ‚Was soll dieser Papalismus?‘.“ Die Machtkämpfe zwischen den Patriarchaten von Moskau und Konstantinopel seien jedenfalls die zentrale Schwierigkeit eines solchen Konzils, so Prokschi.

Als weitere wichtige Themen für das Konzil nennt der Ostkirchenexperte einerseits das Verhältnis zu den anderen christlichen Kirchen und andererseits die Frage nach den orthodoxen Kirchen in der Diaspora. „Wir haben jetzt die Situation, dass es in Europa Länder gibt - wie zum Beispiel Österreich oder Deutschland -, in denen Angehörige von sieben oder acht verschiedenen orthodoxen Kirchen leben“, so Prokschi. Mancherorts gebe es zwar bereits eine gewisse Zusammenarbeit in neu geschaffenen Bischofskonferenzen, "aber langfristig muss man sich vermutlich fragen, ob man nicht zum Beispiel auch an eine „deutsch-orthodoxe" Kirche denken müsste.“

Nur einstimmige Beschlüsse

Ein Problem für all diese Überlegungen könnte der Modus der Entscheidungsfindung beim Konzil und in seiner Vorbereitung sein, auf den sich die orthodoxen Kirchenführer bei der Synaxis in Istanbul geeinigt haben: Denn sowohl in den Vorbereitungsphasen als auch beim Konzil selbst werden alle Entscheidungen im Konsensverfahren, also einstimmig, getroffen, heißt es in dem Abschlussdokument. Jede einzelne Kirche hat also in jeder Abstimmung de facto ein Veto-Recht.

Damit hat das Moskauer Patriarchat seine Auffassung in der Weltorthodoxie durchgesetzt. Andere Stimmen hatten für die Möglichkeit plädiert, Entscheidungen auch mit einfacher Mehrheit möglich zu machen - mehr dazu in Orthodoxie-Gipfel: Beratungen über Konzil.

In dem Abschlussdokument, das am Sonntag feierlich in der Georgskathedrale in Istanbul verlesen wurde, bestärken die orthodoxen Kirchenführer ihre gemeinsamen Werte. So unterstreichen sie etwa die „Heiligkeit des menschlichen Lebens“ von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod, bezeichnen die Ehe als „Verbindung von Mann und Frau“ und betonen, dass die Menschen die Schöpfung behüten und nicht ausnützen sollen. Man sei in tiefer Sorge über „globale Trends“, die „die Prinzipien des Glaubens, die menschliche Würde, die Institution der Ehe und das Geschenk der Schöpfung zerstören“, so die Kirchenführer.

Bartholomaios I. mit Kerzen

Reuters/Murad Sezer

Der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I.

Aufruf zu Frieden in Syrien und Ukraine

Darüber hinaus setzen sie sich in der Botschaft auch für Friedenslösungen in Syrien und in der Ukraine ein. Die „besondere Sympathie“ gelte allen Opfern der Tragödie in Syrien. Man fordere die sofortige Freilassung sämtlicher nach wie vor entführter Christen im Land.

In Bezug auf die Ukraine zeigen sich die Oberhäupter der orthodoxen Kirchen ebenfalls um eine versöhnliche Linie bemüht: Die Drohungen „gewaltsamer Besetzung von Klöstern und Kirchen“ (der ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats) werden beklagt und verurteilt.

Gleichzeitig betonen die Kirchenführer, man bete für die „Rückkehr unserer Geschwister, die derzeit außerhalb der kirchlichen Gemeinschaft sind, in die Heilige Kirche". Sie beziehen sich damit auf die beiden nichtkanonischen orthodoxen Kirchen in der Ukraine - die ukrainisch-orthodoxe Kirche des Kiewer Patriarchat“ und die „autokephale ukrainisch-orthodoxe Kirche“.

religion.ORF.at/KAP