D: Auseinandersetzung mit Luthers Antijudaismus

Drei Jahre vor dem Reformationsjubiläum setzt sich die Evangelische Kirche mit ihrer Mitschuld Judenfeindlichkeit und Martin Luthers Antijudaismus auseinander.

Die offizielle kirchliche Botschafterin zum Reformationsjubiläum 2017, Margot Käßmann, sieht eine Mitschuld ihrer evangelischen Kirche an der Judenfeindlichkeit. Die Schrift des Reformators Martin Luther (1483-1546) „Von den Juden und ihren Lügen“ von 1543 sei „furchtbar“, sagte die Botschafterin für das Reformationsgedenken dem Berliner Magazin „Cicero“ (April-Ausgabe).

Käßmann: Heute Judenfeindlichkeit „undenkbar“

„Wir können uns von der Schuld nicht freisprechen, dass im Protestantismus ein starker Antijudaismus vorhanden war. Insofern gibt es eine Schuldgeschichte.“ Zugleich betonte Käßmann, die evangelische Kirche habe gelernt. Heute sei eine solche Judenfeindlichkeit undenkbar.

Der Kriminologe Christian Pfeiffer verlangt in dem Heft von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) eine kritische Rückschau in der Luther-Dekade, die im Jahr 2017 endet. „Das Spektrum der Möglichkeiten reicht von einer Historikerkommission, wie sie etwa das Auswärtige Amt oder verschiedene große Firmen eingesetzt haben, bis hin zu einem sorgfältig vorbereiteten und gründlich dokumentierten Symposium“, schreibt er in seinem Beitrag für „Cicero“.

Pfeiffer: „Schwere Erblast“

1543 habe der Reformator gefordert, was knapp 400 Jahre später in der Reichspogromnacht realisiert worden sei, so Pfeiffer. Dies sei in der Luther-Dekade eine „schwere Erblast“. In dem Beitrag untersucht Pfeiffer die Wirkung von Luthers späten Schriften. Diese hätten starke Beachtung gefunden.

„Sie konnten so über Jahrhunderte hinweg bei der Begründung und Fortentwicklung judenfeindlicher Einstellungen und Verhaltensweisen eine wichtige Rolle spielen. Die Nationalsozialisten erkannten das sehr früh und nutzten die eigentlich theologisch begründeten antijudaistischen Schriften Luthers für ihren rassistisch orientierten Antisemitismus.“ Deshalb sei Aufarbeitung nötig, forderte der Kriminologe.

KAP/KNA

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