US-Präsident Obama zu Gespräch mit Papst im Vatikan

US-Präsident Barack Obama ist am Donnerstag von Papst Franziskus zu seiner ersten Privataudienz empfangen worden. Es war ihre erste Begegnung. Das Gespräch dauerte rund eine Stunde.

Das Oberhaupt der katholischen Kirche empfing den amerikanischen Präsidenten zu einer langen Privataudienz im Vatikan. Die beiden Männer begrüßten sich mit einem herzlichen Händedruck, bevor sie sich zu einem Gespräch hinter verschlossenen Türen zurückzogen.

US-Präsident Barack Obama zu Besuch bei Papst Franziskus

Reuters/Kevin Lamarque

US-Präsident Barack Obama zu Besuch bei Papst Franziskus

Er sei ein großer Bewunderer des Papstes, sagte Obama bei der Begrüßung. „Willkommen, Herr Präsident“, antwortete Franziskus. Als Franziskus Obama in der Privatbibliothek des Apostolischen Palastes begrüßte, dankte der US-Präsident für die Privataudienz besonders herzlich. Auch US-Außenminister John Kerry war in der Delegation, die Obama in den Vatikan begleitete. Wegen der Gesundheitsreform und der Debatte über eine Legalisierung von Homo-Lebenspartnerschaften steht Obamas Regierung gegenwärtig in einem Konflikt mit der Kirche in den USA.

Gespräch mit beachtlicher Länge

Es war jedoch erwartet worden, dass beide sich auf Themen wie soziale Gerechtigkeit, den Kampf gegen Armut und Ausgrenzung sowie die Krisen in Syrien oder der Ukraine konzentrierten. Der Papst wollte auch den Konflikt in der Zentralafrikanischen Republik anschneiden. Die Audienz dauerte mehr als 50 Minuten, eine beachtliche Länge für ein Gespräch mit dem Papst.

Obama wurde im Vatikan vom Präfekten des päpstlichen Hauses, Erzbischof Georg Gänswein, empfangen, den der US-Präsident bereits bei seinem Besuch bei Papst Benedikt XVI. im Jahr 2009 kennengelernt hatte. Damals traf er mit Franziskus’ Vorgänger Benedikt XVI. zu einem rund 40-minütigen Gespräch zusammen.

US-Präsident Barack Obama zu Besuch bei Papst Franziskus

APA/EPA/Gabriel Bouys

Die Audienz Obamas beim Papst dauerte mehr als 50 Minuten

Eine kleine Menschenmenge wartete auf der Via della Conciliazione, der Straße, die zum Petersplatz führt, auf den Konvoi mit Obama, der am Mittwochabend auf dem römischen Flughafen Fiumicino gelandet war. Schärfste Sicherheitsvorkehrungen wurden rund um den Vatikan für den Besuch getroffen. Rund tausend Soldaten waren in Rom für das Staatsoberhaupt im Einsatz und bewachten die Innenstadt. Alle wichtigen Monumente, die U-Bahn-Zugänge und die Sitze wichtiger Institutionen wurden strengstens kontrolliert.

„Papst inspiriert Menschen“

Auf Obama wartete ein umfangreiches Tagesprogramm in Rom. Zu Mittag traf er Staatspräsident Giorgio Napolitano im Quirinale-Palast. Es folgte ein bilaterales Treffen mit dem italienischen Regierungschef Matteo Renzi. Später gönnte Obama sich dann eine Besichtigung: Er besucht das Kolosseum, das derzeit renoviert wird.

„Der Papst verkündet nicht nur das Evangelium, er lebt es“, sagte Obama im Vorfeld des Treffens im Interview mit der Tageszeitung „Corriere della Sera“ (Donnerstag-Ausgabe). „Der Papst inspiriert Menschen auf der ganzen Welt und auch mich mit seinem Einsatz für soziale Gerechtigkeit und seiner Botschaft von Liebe und Mitleid, vor allem für Personen, die ärmer und schwächer sind“, sagte Obama. Er sei von Franziskus’ Demut und seinen Gesten der Barmherzigkeit beeindruckt. „Der Papst erinnert uns, dass jeder von uns die individuelle Verantwortung hat, auf tugendhafte Weise zu leben“, sagte Obama.

„Papst stellt uns Gefahr vor Augen“

Der US-Präsident betonte, dass in seiner Heimat in den letzten Jahrzehnten die soziale Ungerechtigkeit stark zugenommen habe. „Das ist nicht nur ein Problem der USA, sondern der ganzen Welt. Und das ist nicht nur ein wirtschaftliches Problem, sondern eine ethische Frage. Der Papst stellt uns die Gefahr vor Augen, dass wir uns an Ungerechtigkeiten gewöhnen, dass wir extreme Ungerechtigkeiten als normal akzeptieren. Das ist ein Fehler, den wir nicht begehen dürfen“, meinte Obama, der am Mittwochabend in Rom eintraf.

US-Präsident Barack Obama bei seiner Ankunft auf dem Flughafen in Rom

APA/EPA/ANSA/Angelo Carconi

US-Präsident Barack Obama bei seiner Ankunft auf dem Flughafen in Rom

Nicht in allen Fragen einer Meinung

Der US-Präsident erklärte, er werde dem Papst die Initiativen vorstellen, die seine Regierung zur Schaffung neuer Jobs, zur Erhöhung der Gehälter und der Einkommen und zur Unterstützung der Familien ergreifen wolle. „Auf der Welt hat die Globalisierung und die Entwicklung des Welthandels in wenigen Jahren einige hundert Millionen Menschen aus der Armut herausgeholt. Doch der Papst hat Recht, wenn er sagt, dass diese Fortschritte eine ungenügende Zahl von Menschen erreicht haben. Zu viele Menschen bleiben zurück“, so Obama.

Er bewundere Franziskus wegen seinem Mut, offen über die größten wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen unserer Zeiten zu sprechen. „Das bedeutet nicht, dass wir über alle Fragen einer Meinung sind. Ich bin aber überzeugt, dass die Welt auf die Stimme des Papstes hören muss“, so Obama.

religion.ORF.at/APA/dpa

Mehr dazu:

Link: