Kräutler zu Zölibat: Papst will regionale Vorschläge

Der austrobrasilianische Bischof Erwin Kräutler hat in einem „Presse“-Interview am Freitag bevorstehende bedeutsame Schritte in der Zölibatsfrage auf regional-lateinamerikanischer Basis angedeutet.

Bei einer Privataudienz Anfang April, zu der er und der Berater des Indianermissionsrats CIMI, Paulo Suess, in den Vatikan gekommen waren, so Kräutler, habe Papst Franziskus um „mutige und couragierte“ Lösungsvorschläge der Bischofskonferenz in Brasilien für die Seelsorge der Zukunft gebeten. „Höchstwahrscheinlich“ werde dazu jetzt eine Kommission gegründet, „die den Ball auffängt und berät“.

Ein möglicher Vorschlag sei, „dass man Zölibat und Eucharistiefeier entkoppelt“, so Kräutler. Dass die Eucharistiefeier von einem zölibatären Priester abhängig gemacht werde, sei für ihn ein Problem. „Da mache ich nicht mit“, so Kräutler.

Papst „sehr offen“

Der Papst werde zwar nicht von heute auf morgen ein Rezept haben, sei aber „sehr offen“, betonte der Bischof, der sich noch bis Anfang Juni auf Österreich-Besuch befindet. Ob Franziskus die Vorschläge auch umsetzten werde, könne er nicht sagen. Aber: „Dieser Prozess war bisher nicht erlaubt. Benedikt XVI. hat gesagt, wir beten um Priesterberufungen. Bei diesem Papst ist es anders. Er will einen Prozess in Gang bringen.“ Da hätten sich Türen geöffnet, zeigte sich Kräutler optimistisch.

Auch das Frauenpriestertum sei trotz einer Franziskusaussage - „Diese Tür ist geschlossen“ - nicht ganz vom Tisch. Dass es unter Franziskus zur Frauenordination kommt, sei zwar unwahrscheinlich, „aber die Tür ist nicht vermauert“. Das Stichwort für die Zukunft laute allerdings „Laien“. „Bei mir gibt es 800 Gemeinden und 27 Priester. Wenn die Laien nicht Verantwortung übernehmen, dann gibt es keine Gemeinde mehr“, so Kräutler zur Situation in Altamira-Xingu, der flächenmäßig größten Diözese Brasiliens.

Österreichs Bischöfen riet der aus Voralberg stammende Missionsbischof, sich „mit der Situation von heute zu konfrontieren und zu versuchen, Wege zu gehen, um die Leute dort abzuholen, wo sie sind“. Und auch in Europa werde es in zehn Jahren „sicher so sein, dass Frauen und Männer Gemeinden leiten“.

Bischof Erwin Kräutler

APA/Roland Schlager

Erwin Kräutler

„Kein solidarisches Brasilien“

Zu den bedrohten indigenen Völkern in Brasilien äußerte sich Kräutler am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Salzburg . „Es gibt kein solidarisches Brasilien“, bedauerte er. Dies sei mit ein Grund, warum der Kampf gegen das Megastaudammprojekt Belo Monte nicht erfolgreich war.

Etwa ein Drittel des Stadtgebietes von Altamira, Kräutlers Bischofssitz, wird im Zuge des Baus überflutet, bis zu 50.000 Menschen werden zwangsumgesiedelt. Er habe persönlich beim früheren Präsidenten Luiz Inacio Lula da Silva vorgesprochen - allerdings ohne Erfolg. „Die Regierung und die Betreiber haben sich nie die Mühe gemacht, nach Alternativen wie z.B. einem Sonnenkraftwerk zu suchen“, so Kräutler.

30 Jahre Kampf gegen Staudamm

Kräutler kämpft bereits seit 30 Jahren gegen den Staudamm an, bei dem „von Anfang an die Rechte der Menschen nicht respektiert“ worden seien. Obwohl er sich manchmal „ohnmächtig“ fühle, bleibe er weiter an der Seite „meiner Indios“. Die ökologischen Probleme in Brasilien habe er auch bei der Audienz mit dem Papst Franziskus angesprochen. Dieser arbeite gerade an einem Ökologie-Lehrschreiben, in dem er auch die Situation Amazoniens berücksichtigen werde.

Am 12. Juli wird Kräutler 75 Jahre alt. Gleich nach seiner Priesterweihe 1965 ging der gebürtige Vorarlberger als Missionar ins brasilianische Amazonasgebiet. 1981 wurde er zum Bischof von Xingu geweiht, einer der größten Diözesen der Weltkirche. Unbeirrt setzt er sich seither für die Indios und Kleinbauern ein. Anfeindungen waren die Folge: 1987 wurde Kräutler bei einem Anschlag schwer verletzt. Wegen des Engagements gegen Belo Monte erhielt der Bischof immer wieder Morddrohungen, deshalb steht er seit 2006 ständig unter Polizeischutz.

religion.ORF.at/KAP