Papst Franziskus der Fußballfan

Der Papst wird bei der WM in Brasilien präsent sein - nicht persönlich, doch in Form eines „Franziskus-Momentes“ beim Eröffnungsspiel Brasilien gegen Kroatien am 12. Juni, wie FIFA-Chef Joseph Blatter ankündigte.

Längst scheint es zum guten Ton von Privatempfängen im Vatikan zu gehören, dem Papst ein Trikot der jeweiligen Heimmannschaft mitzubringen: Seit nach dem Konklave die Fußball-Leidenschaft des Pontifex aus Argentinien bekannt wurde, outen sich Petersplatz-Pilger wie auch hochrangige Audienzgäste als Freunde des runden Leders und Fußballdelegationen reichen einander zu neuartigen „Ad-limina-Besuchen“ die Türschnalle. Brasiliens Staatschefin Dilma Rousseff kündigte an, dass sich Papst Franziskus in einer Videobotschaft zur WM in Brasilien äußern will.

Friedensbotschaft auf dem Spielfeld

Um die Friedensbotschaft des Fußballs zu zeigen, um die es auch dem Papst geht, soll auf dem Spielfeld vor dem Anpfiff am zwölften Juni eine Taube fliegen gelassen werden. Ursprünglich hätte er gerne einen Olivenbaum am Spielfeldrand gepflanzt gesehen. Nicht mit FIFA-Regeln realisierbar, hieß es damals.

Franziskus erhält ein Trikot der spanischen Nationalmannschaft vom spanischen Regierungschef Mariano Rajoy und seiner Frau Elvira Fernandez Balboa

Reuters/Alessandra Tarantino

Franziskus mit dem spanischen Regierungschef Mariano Rajoy und dessen Frau Elvira Fernandez Balboa

Dabei hatte es der Papst bereits im Vorjahr schon einmal geschafft, sein Lieblings-Friedenssymbol auf einen Fußballplatz zu schaffen: Als die Teams von Italien und Argentinien im August ein Freundschaftsturnier zu Ehren des Papstes abhielten - Topstars wie Lionel Messi, Mario Balotelli und Gianluigi Buffon besuchten damals den Pontifex - stand ein zuvor von Franziskus gesegnetes Olivenbäumchen am Spielrand des römischen Olympiastadions und erhielt später einen fixen Platz in den vatikanischen Gärten.

Der „Freund des Fußballs“, als den Blatter Franziskus offiziell bezeichnet hat, nutzt den Sport durchaus als Brücke für Botschaften, und das sogar in der Wortwahl. „Juegen adelante!“ - übersetzt: „Spielt vorne mit!“ - rief er beim Weltjugendtag in Rio den jungen Pilgern auf der Copacabana zu. Die Aufgabe der Christen wie auch der gesamten Kirche sei mit jenen eines Fußballteams vergleichbar, sie müssten immer wieder „hart trainieren“ und wie Jesus „nicht Zuseher, sondern Akteure der Geschichte“ sein.

Daumendrücken für San Lorenzo

Am meisten profitiert hat von der neuen Fußballbegeisterung im Vatikan Argentiniens Erstligist San Lorenzo del Almagro, der mit der Wahl seines Ehrenmitgliedes Jorge Mario Bergoglio zum Papst - seine Mitgliedsnummer ist 88.235 - schlagartig weltbekannt wurde und längst sogar in Europa PR-Kampagnen laufen hat. Der päpstlichen Unterstützung konnte sich der Verein von Beginn an gewiss sein: Als Teamchef Mathias Lammens Franziskus am Tag des Konklaves Glückwünsche sandte, beantwortete dieser das Schreiben binnen Tagen, in einer seiner ersten bekannt gewordenen Korrespondenzen als Papst.

Die Mitgliedskarte Jorge Mario Bergoglios beim argentinischen Fußballklub San Lorenzo

Reuters/San Lorenzo Soccer Club/Handout

Die Mitgliedskarte Jorge Mario Bergoglios beim argentinischen Fußballklub San Lorenzo

Franziskus erinnerte darin an seine Kindheitserlebnisse, als er als Zehnjähriger mit seinem Vater eine Erfolgssaison des Vereins im Jahr 1946 im Stadion miterlebte, und versicherte seinen Klubkollegen: „Ich vergesse euch nicht!“ Dies bewies er seither ständig - etwa in einer Straßenszene vor laufender Kamera, als ihm ein „Möge San Lorenzo gewinnen!“ entwischte, in speziellen Grußworten bei den Generalaudienzen oder in der weiteren pünktlichen Überweisung seines Mitgliedsbeitrages per Dauerauftrag.

Das Lieblingsteam des Papstes besuchte seinen berühmtesten Fan zuletzt im Dezember 2013 und überreichte ihm den damals gerade errungenen „Apertura“-Pokal des Herbstrundenmeisters. Wie schon zuvor die argentinischen Medien, schrieb damals auch Klub-Vizepräsident Marcelo Tinelli San Lorenzos Sieg nach siebenjähriger Pause dem Daumenhalten von Franziskus zu.

Sicher wäre bei einem erneuten Triumph im Frühjahr („Clausura“) der Besuch wiederholt worden, dafür reichte es aber nicht: Das auch als „Cuervos“ (Raben) bezeichnete Team rutschte in der Rückrunde von Platz 1 auf 11, musste Rekordmeister River Plate die Führung überlassen, verlor gegen diesen auch das Superfinale am 24. Mai und somit den Einzug in die „Copa Sudamericana“.

„Sportliche Würde“ und Feiern

Die Fußball-Besuche beim Papst reißen deshalb aber nicht ab: Erst zu Monatsbeginn hatte Franziskus die Finalspieler der Coppa Italia, die Teams aus Neapel und Florenz, empfangen. Der Pontifex nutzte die Gelegenheit und mahnte: Geld dürfe nicht über den Sport herrschen und könne alles „verpesten“, zudem brauche Fußball „sportliche Würde“ und solle die „Dimension des Feierns“ zurückbekommen. Und an die Athleten eine Erinnerung an die ständige allgemeine Aufmerksamkeit für deren Verhalten: „Seid immer echte Sportler!“ In jedem Fußballer-Grußwort wiederholt der Papst zudem seinen Wunsch nach Frieden.

Inzwischen hat sich in Franziskus Heimatstadt Buenos Aires eine ganze Fußballmannschaft nach dem Papst benannt. Das Ziel der von Papst-Fan Jorge Ramírez gegründeten Vereins in der sechsten Division, nämlich der Einsatz für Gewaltlosigkeit im Spiel, hat seinen guten Grund: Argentiniens Fußball ist von Banden unterwandert und von Ausschreitungen und Gewaltszenen geprägt. Selbst für den „Club Deportivo Papa Francisco“ ist der Leitspruch „Keine Hooligans, keine Gewalt, keine Beschimpfungen“ jedoch fast zu hoch gesetzt: Im Debütspiel im argentinischen Wallfahrtsort Lujan am 12. April 2014 wurden zwei Spieler nach einer roten Karte des Platzes verwiesen.

Zweiter „Fußball-Papst“

Übersehen wird bisweilen, dass bereits früher ein Fußball-Fan auf dem Heiligen Stuhl saß: Schon Johannes Paul II. (1978-2005) war in seiner Kindheit in Krakau begeisterter und auch talentierter Kicker und erhielt während seines Pontifikats die Klubmitglieds-Nummer 108.000 beim FC Barcelona. Glaubt man dem schon verstorbenen US-Journalist Nino Lo Bello, soll der Pole seine Amtseinführung am 22. Oktober 1978 extra zeitlich so gelegt haben, dass er am Abend das italienische Erstligaspiel zwischen AS Roma und dem FC Bologna (2:0) im Fernsehen verfolgen konnte.

religion.ORF.at/KAP