Grüner Islam: Muslimischer Glaube und Umweltschutz

Aus islamischer Sicht gilt der Mensch als Stellvertreter Gottes und ist für den verantwortungsvollen Umgang mit den Ressourcen der Natur verantwortlich. Doch in Kriegs- und Krisenzeiten betrachten manche Umweltschutz als „Luxus-Aktivität“.

Grün war die Lieblingsfarbe des Propheten Mohammed – so besagt es die Überlieferung. Und: Grün gilt als die Farbe des Paradieses. Nicht nur, weil dort die verschiedensten Pflanzen wachsen – auch grüne Vögel und grüne Pölster soll es dort geben.

Grün gilt auch als Farbe der Auferstehung im Islam, doch grün sind auch die Stirnbänder bewaffneter Kämpfer ihm Nahen Osten. Schließlich sehen sie sich als besonders eifrige Gefolgsleute des Propheten Mohammed. Eine Vereinnahmung sei das, findet Zeynep Elibol, Leiterin der Islamischen Fachschule für soziale Bildung in Wien.

Umweltschutz in Krisenzeiten „aus dem Blick“

Die Entwicklungen der jüngeren Vergangenheit hält auch die Umwelt- und Menschenrechtsaktivistin Ishraga Mustafa Hamid auch aus ökologischer Sicht für sehr schädlich: „Dort, wo der gewalttätige Islamismus auf dem Vormarsch ist, dort geraten Anliegen wie der Umweltschutz aus dem Blick“, sagt sie. „Die Menschen halten Dinge wie Mülltrennung oder Aufforstung abgebrannter Flächen für Luxus-Aktivitäten. Für Dinge, mit denen man sich in guten Zeiten beschäftigen kann. In schlechten Zeiten, so wie jetzt, sind viele schon damit überfordert, ihren Alltag zu bewältigen. Da hat das Engagement für die Umwelt keinen Platz mehr.“

Die Politikwissenschaftlerin Ishraga Mustafa Hamid

Brigitte Krautgartner

Ishraga Mustafa Hamid, Politikwissenschaftlerin an der Uni Wien

Sendungshinweis:

Tao - Aus den Religionen der Welt
Samstag, 12.7.2014, 19.05, Ö1

Doch sie betont, dass man zahlreiche Impulse für ein ökologisch bewusstes Leben in den Quellen des Islams findet. Es gehe jedoch darum, diese auch zu nutzen.

Ökologisches Bewusstsein im Islam

Wenn Elibol von einem „grünen Islam“ spricht, dann tut sie das in einem ganz landläufigen Sinn, nämlich im Hinblick auf ökologisches Bewusstsein. Und da habe ihre Religion einiges zu bieten, sagt sie – so sei es etwa verboten, Essen wegzuwerfen oder Bäume unnötig zu fällen. Und es gibt verschiedene Erzählungen darüber, wie sehr sich Mohammed für einen umweltverträglichen Lebensstil engagiert habe – etwa indem er die Vergeudung von Ressourcen ablehnte.

Ähnlich wie Elibol argumentiert Ursula Fatima Kowanda-Yassin. Sie hat sich in ihrer Dissertation mit dem Thema Umweltschutz beschäftigt. „Wir Menschen besitzen die Erde nicht, auch wenn wir auf ihr leben. Wir haben das Recht, das was wir vorfinden zu nutzen. Also uns zum Beispiel von den Früchten der Erde zu ernähren“, sagt sie. „Aber wir sind im Grunde nur Verwalter, die eines Tages dem Schöpfer gegenüber Rechenschaft ablegen müssen, wie wir mit seiner Schöpfung umgegangen sind.“

Der Mensch als Stellvertreter Gottes

In ihrer Dissertation mit dem Titel „Naturnähe und Naturverständnis in den Grundlagen des sunnitischen Islams. Ein Beitrag zum aktuellen Umweltdiskurs“ schreibt Kowanda-Yassin, dass nach islamischem Verständnis dem Menschen als Stellvertreter Gottes die Aufgabe erteilt worden sei, die Erde zu wahren und in Gottes Sinne zu verwalten. Aber das sei keine Erlaubnis, die Erde auszubeuten.

Eine muslimische Familie sitzt in einer Wiese die Eltern lesen im Koran

Reuters/Junaidi Hanafiah

Mohammed engagierte sich für einen umweltverträglichen Lebensstil

„Wenn jedoch die Ressourcen von einigen Generationen aufgebraucht werden oder die Erde so verschmutzt wird, dass auf ihr kein Leben mehr möglich ist, dann ist dies aus islamischer Sicht als Ungerechtigkeit – zulm zu verstehen. Denn in diesem Fall wird ein Allgemeingut von wenigen Menschen aufgebraucht, obwohl es für alle, auch nachfolgende Generationen, vorgesehen war“, so Kowanda-Yassin.

Buchhinweis:

Ishraga Mustafa Hamid, Gesichter der Donau. Lyrik und Prosa, edition pen Bd. 15, Verlag Locker

In zahlreichen Hadithen (Überlieferungen von Aussprüchen und Handlungen des Propheten Mohammed) wird auf den rücksichtsvollen Umgang mit der Natur hingewiesen. So lehnte Mohammed die Verschwendung von Wasser ab, selbst wenn es ausreichend zur Verfügung steht. Muslime sollten so auf der Erde leben, als würden sie ewig auf ihr weilen, so ein Ausspruch Mohammeds.

Auswirkungen des Klimawandels spürbar

„Viele muslimisch geprägte Länder spüren bereits jetzt schon die Auswirkungen des Klimawandels“, so die Umweltaktivistin Hamid. Sie lebt seit vielen Jahren in Österreich, hat aber immer noch intensiven Kontakt in ihre Heimat, den Sudan. Seit den 1970er-Jahren existiert dort der Verein für Umweltschutz. Er ist vor allem im pädagogischen Bereich aktiv, informiert also die nachkommenden Generationen darüber, wie der Alltag besonders umweltfreundlich gestaltet werden kann. Auf Forschungsebene setzt man sich derzeit schwerpunktmäßig mit dem Einsatz von alternativen Energien auseinander.

Brigitte Krautgartner für religion.ORF.at

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