D: Theologin hält Priesterinnen für möglich

Die neue Theologie-Professorin an der deutschen Universität Tübingen, Johanna Rahner, hält weibliche Priester in der katholischen Kirche für möglich und fordert eine erneuerte Dogmatik.

Die katholische Theologin Johanna Rahner, die den Tübinger Lehrstuhl für Dogmatik, Dogmengeschichte und Ökumenische Theologie des Kirchenkritikers Hans Küng übernimmt, fordert in der „Zeit“ (Donnerstag-Ausgabe) theologische Reformen. „Ich möchte die klassische Dogmatik nach außen hin öffnen“, sagt Rahner. „Wir können nicht den Menschen an die Regeln anpassen, sondern müssen die Regeln menschlich verstehen.“ Weiter heißt es provokant: „Wenn die Kirche die Welt scheut, wird sie esoterisch.“ Die Kirche sei jedoch eine „keusche Hure“.

Männliche Apostel kein Argument gegen Priesterinnen

Rahner, die am Donnerstag ihre Antrittsvorlesung in Tübingen hält, forderte ihre Kirche auf, sie solle „bei der Emanzipation eine Vorreiterrolle spielen“. Denn schon die Bibel sehe Mann und Frau als gleichberechtigt. Zum Frauenpriestertum sagte sie: „Die Apostel mögen ja männlich gewesen sein.“ Fraglich sei jedoch der Zusammenhang zwischen den Aposteln und der Ämterstruktur der Kirche: „Weder ist historisch betrachtet Petrus der Papst, noch sind die Bischöfe einfach die Nachfolger der Apostel. Männliche Apostel sind also ein schwaches Argument gegen Frauenordination.“

Porträt der Theologin Johanna Rahner

Johanna Rahner

Johanna Rahner

Rahner schließt an den kritischen Kurs Hans Küngs an und verteidigte einen kirchlichen Segen für homosexuelle Paare: „Die Bitte um den Beistand Gottes kann auch hier theologisch legitim sein.“ Auch mit den wiederverheiratet Geschiedenen könnte die Kirche einen besseren Umgang finden. „Wenn das Schuldigwerden am Scheitern der ersten Ehe anerkannt wird, ist eine Zweitheirat möglich.“

Kein Glaube ohne Zweifel

Unter Berufung auf Papst Franziskus fordert Rahner eine neue Pastoral: „Prinzipien zu haben ist gut, aber man muss sie auch menschenwürdig anwenden.“ Sie verteidigt das aufgeklärte Christentum Westeuropas: „Zum Amen gehört das Aber. Wer den Glauben ohne Zweifel will, verkauft ihn unter Niveau.“ Mit Blick auf Afrika und Lateinamerika erklärte Rahner: „Mir sind halbleere Kirchen mit aufgeklärten Katholiken lieber als volle Kirchen, die die Not der Menschen ausnutzen.“

Zugleich übte Rahner scharfe Kritik an der evangelischen Kirche: „Die deutschen Protestanten machen zur Zeit nicht den besten Eindruck: Man scheint immer noch nicht sagen zu können, was protestantisch heute heißt, ohne sich am Katholizismus abzuarbeiten.“ Rahner sprach in dem ZEIT-Interview von „Profilierungsnot“ und „konfessioneller Profilneurose“. Sie forderte eine aktive Annäherung der Kirchen: „Das Erbe der Reformation ist ein gemeinsames Erbe. (…) Wir sollten das Gemeinsame betonen.“

religion.ORF.at

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