Vor Korea-Besuch: Franziskus in einem geteilten Land

Drei Monate nach seiner Pilgerreise in den Krisenherd Nahost besucht Papst Franziskus mit der Halbinsel Korea eine weitere Konfliktregion. Anlass seiner dritten Auslandsreise vom 13. bis 18. August ist die Teilnahme am 6. Asiatischen Jugendtag.

Schon bald nach seiner Wahl hatte Franziskus, der Papst aus Lateinamerika, Asien als einen besonderen geografischen Schwerpunkt für sein Pontifikat bezeichnet. Dass er das hoch technisierte Südkorea als erstes Reiseziel wählte, hat mit seiner Lage an der Nahtstelle von China, Japan und Russland sowie mit der besonderen politischen Situation zu tun, in der der Frieden besonders bedroht ist.

Franziskus will in dem geteilten Land unter anderem einen Gottesdienst für Frieden und Versöhnung feiern und damit auch einen politischen Akzent setzen. Außerdem sollen 124 südkoreanische Märtyrer aus der Zeit der Christenverfolgung in Korea seliggesprochen werden. Es ist die erste Reise eines Papstes ins „echte“ Asien (also weiter als Türkei und Jordanien) seit 13 Jahren und der erste Fernostbesuch seit 1989, als Johannes Paul II. (1978 bis 2005) ebenfalls in Südkorea Station machte, damals zum Eucharistischen Weltkongress.

Papst geht eine Flugzeugtreppe nach oben

APA/EPA/Oliver Weiken

Die Reise nach Südkorea wird die dritte Auslandsreise von Papst Franziskus sein

Boom des Christentums

Ausschlaggebend für die Entscheidung für Südkorea als Reiseziel ist wohl auch die Entwicklung der gerade 230 Jahre alten Ortskirche, die - ebenso wie einige protestantische Kirchen - in den vergangenen 60 Jahren einen beispiellosen Boom erlebt hat.

Heute bekennen sich etwa 5,44 Millionen Menschen in Südkorea zum Katholizismus. Der Anteil der Katholiken an der Gesamtbevölkerung von mehr als 52 Millionen Menschen liegt seit 2009 bei über zehn Prozent. Wenn man Katholiken und Protestanten (18 Prozent) zusammennimmt, sind Christen sogar die größte Religionsgemeinschaft im Land. 45 Prozent der Südkoreaner praktizieren keine Religion, 22 Prozent sind Buddhisten. Südkorea ist damit nach Osttimor und den Philippinen das asiatische Land mit dem drittgrößten Katholikenanteil.

Zahlreiche Märtyrer

Der rasante Anstieg der christlichen Bevölkerung ist aber ein relativ junges Phänomen. Zuvor waren die christlichen Kirchen fast das ganze 19. Jahrhundert hindurch schweren Verfolgungen ausgesetzt, weil die Regierung die bestehenden Leitideale des Neo-Konfuzianismus und das strikte hierarchische System in Gefahr sah. Bis heute spielen die vielen Märtyrer aus dieser Zeit und ihre Verehrung eine herausragende Rolle im Leben der Gläubigen. Die katholische Kirche zählt heute etwa 10.000 südkoreanische Märtyrer.

Hinzu kommt, dass Korea das einzige asiatische Land ist, in dem die christliche Erstverkündigung nicht durch ausländische Missionare erfolgte, sondern durch koreanische Gelehrte, die bei China-Besuchen mit dem Christentum in Verbindung gekommen waren. Als 1794 der erste ausländische Priester das Land betrat, fand er bereits rund 4.000 Christen vor.

Südkoreanerin vor Kreuzen und Marienstatuen

Reuters/Kim Kyung-Hoon

Die Zahl der südkoreanischen Katholiken stieg in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich

Strapaziöses Reiseprogramm

Das Papstprogramm der Korea-Reise ist weniger dicht als das der Reise ins Heilige Land, aufgrund des Klimas allerdings kaum weniger strapaziös für den 77-jährigen Papst. Nach einem Nachtflug über 9.000 Kilometer stehen für den ersten Tag zunächst politische und protokollarische Termine an: Im „Blue House“, dem Amtssitz der südkoreanischen Staatspräsidentin Park Geun-hye in Seoul, findet die offizielle Begrüßungszeremonie statt. Daran schließt sich eine Rede vor Politikern an, bevor Franziskus mit den Bischöfen Koreas zusammenkommt.

Die Papstreise nach Südkorea:

14. August: Treffen mit der Staatsführung Südkoreas im „Blauen Haus“ in Seoul

15. August: Messe zu Mariä Himmelfahrt in Daejeon

16. August: Seligsprechungsmesse in Seoul

17. August: Abschlussmesse des Asiatischen Jugendtages in Haemi

18. August: Messe für Frieden und Versöhnung in Seoul

Zweimal trifft sich der Papst mit den Teilnehmern des Asiatischen Jugendtages in der Diözese Daejeon: An seinem zweiten Besuchstag, dem 15. August, feiert er im für die Fußball-Weltmeisterschaft von 2002 errichteten Stadion von Daejon eine Messe zum Fest Mariä Himmelfahrt. Am Nachmittag ist die erste offizielle Begegnung mit Teilnehmern am Jugendtag vorgesehen. Zwei Tage später feiert Franziskus mit den Jugendlichen im Heiligtum von Haemi den Abschlussgottesdienst. Dort steht auch ein Treffen mit den Bischöfen Asiens auf dem Programm.

Der Asiatische Jugendtag entstand 1999 im Gefolge der von Johannes Paul II. initiierten Weltjugendtage und findet heuer zum sechsten Mal statt. Die Zusammenkunft katholischer Jugendlicher aus ganz Asien steht heuer unter dem Motto „Die Herrlichkeit der Märtyrer strahlt auf euch.“ Dementsprechend wird das Gedenken an die Christenverfolgungen in Korea im Mittelpunkt der Feiern und auch des Papstprogramms stehen.

Mindestens 200.000 bei Seligsprechung erwartet

Die Seligsprechung von 124 koreanischen Märtyrern am dritten Besuchstag, dem 17. August, ist insofern wohl der religiöse Höhepunkt der Papstreise. Emblematische Figur der neuen Seligen ist Paul Yun Ji-chung, ein hochgebildeter Adeliger, der 1791 von den Autoritäten hingerichtet wurde, als bekannt wurde, dass er seine Mutter - ebenfalls heimliche Christin - nicht nach dem traditionellen konfuzianischen Ritual bestattet hatte. Die Seligsprechungszeremonie für die 124 Märtyrer, die zwischen 1799 und 1888 wegen ihres Glaubens hingerichtet wurden, findet an der historischen Pforte von Gwanghkwamun in Seoul statt.

Die Kirchenleitung rechnet für den Gottesdienst mit 200.000 Teilnehmern, während sich die Stadtverwaltung sogar auf bis zu eine Million einstellt. Für den Nachmittag ist ein Besuch bei Behinderten im „House of Hope“ in Kkottongnae vorgesehen. Dort trifft sich Franziskus anschließend auch mit Ordensleuten und mit Laienvertretern - die für die kirchliche Entwicklung in Korea eine zentrale Rolle spielten.

Versöhnungsmesse in Seoul

Am 18. August, dem letzten Besuchstag in Korea, steht zunächst eine Begegnung mit Führern anderer Religionen auf dem Programm. Im Mittelpunkt steht dann die Versöhnungsmesse in der Kathedrale von Seoul. Ob zu diesem Gottesdienst auch Katholiken aus Nordkorea anreisen können, ist unklar. Die staatsnahe „Vereinigung nordkoreanischer Katholiken“ hatte laut dem römischen Missionspressedienst Asianews schriftlich mitgeteilt, man werde keinen Teilnehmer entsenden. Allerdings müsse das nicht das letzte Wort sein, zitiert Asianews örtliche Beobachter.

Gescheitert ist unterdessen ein Plan, wonach Papst Franziskus die neue Friedenskirche von Paju, unmittelbar an der Demarkationslinie zu Nordkorea, besuchen könnte. Die katholische Kirche setzt sich mit Nachdruck für eine Wiedervereinigung des geteilten Landes ein. Auch die südkoreanische Präsidentin Park hofft auf positive Impulse für die Beziehungen zu Nordkorea, wie die italienische Zeitung „La Stampa“ kürzlich analysierte.

religion.ORF.at/APA/dpa/KAP

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