Jesiden-Vertreter richten Hilferuf an Österreich

„Nicht alle Muslime sind in einen Topf zu werfen“, so eine Vertreterin der Jesiden im Rahmen einer Veranstaltung der Türkischen Kulturgemeinde in Österreich (TKG) im Concordia Presseclub am Mittwochvormittag.

Mehrere Vertreter der jesidischen Religionsgemeinschaft haben im Rahmen einer Veranstaltung der Türkischen Kulturgemeinde in Österreich (TKG) im Concordia Presseclub Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und die österreichische Bevölkerung angesichts der Massaker an der religiösen Minderheit im Nordirak um Hilfe gebeten.

Bevor die Veranstaltung begann, wurden im Gedenken an die Toten im Nordirak einige Schweigesekunden abgehalten. Danach stellte die Obfrau des Vereins der Jesiden in Österreich, Sandos Solamen, einen Blumenstrauß zu einer Pinnwand mit Abbildungen von jesidischen Kindern.

„Islam eine friedliche Religion“

„Nicht alle Muslime sind in einen Topf zu werfen. Ich denke, dass der Islam eine friedliche Religion ist. Aber seit 2. August 2014 begann die (sunnitische Extremistenorganisation, Anm.) IS, die Kontrolle über die Jesiden-Gebiete zu übernehmen. Sie stellten unseren Glaubensbrüdern ein Ultimatum. Entweder sie mussten Moslems werden oder sie wurden brutal ermordet“, berichtete Solamen.

Das schreckliche Trauma wurde dadurch verschlimmert, dass jesidische Frauen als „Sexsklavinnen“ gehalten und Männer lebendig begraben worden seien. „Die Frauen wurden vor ihren eigenen Familien vergewaltigt und dann geköpft“, so Solamen weiter. Sie gab auch zu bedenken, dass 200.000 Jesiden geflüchtet seien und viele von ihnen Selbstmord begangen hätten. Einige seien auch verhungert, weil sie sich ohne Brot und Wasser auf den Weg in die Berge gemacht hätten.

Die Petition, die die Vertreter vorbereitet hatten, war von mehreren hochrangigen Jesiden-Vertretern unterzeichnet worden. „Wir haben vier Hauptforderungen. Erstens brauchen wir dringend humanitäre Hilfe. Dann bitten wir um die Aufnahme von Flüchtlingen in Europa und in Österreich. Zudem soll eine humanitäre Schutzzone errichtet werden in der Region. Letztlich ist es wichtig, dass eine Untersuchungskommission die Ereignisse der letzten Wochen im Nordirak und insbesondere die Massaker an den Jesiden überprüft“, sagte Alo Schwan, der Vertreter der Shingal-Gemeinde, der aus Deutschland angereist war.

„Schrecklicher Genozid“

Direkt von den Massakern betroffen zeigte sich der seit Ende 2010 in Deutschland lebende Studentenvertreter Rashid Masoud. „Ich habe mehrere Mitglieder meiner Familie verloren. Seit zwei Wochen essen wir kaum. Meine Mutter liegt seit vier Tagen im Krankenhaus. Nach Telefonaten mit dem Irak habe ich erfahren, dass die beiden Töchter meiner Onkels entführt wurden. Mein Appell ist daher, den Völkermord sofort zu stoppen“, forderte er.

Birol Kilic, der Leiter der Türkischen Kulturgemeinde in Österreich, schloss sich dem Appell an und sagte, dass er die Jesiden-Vertreter aus Europa eingeladen habe, um den Journalisten deren Lage zu präsentieren. „Ich rufe alle Muslime auf, sich von der Terrorgruppe IS zu distanzieren und Jugendliche aufzuklären. Denn die haben mit dem Islam nichts zu tun. Vor allem die Menschen aus der Türkei müssen aufstehen und sagen, dass hier ein schrecklicher Genozid passiert“, erklärte Kilic.

religion.ORF.at/APA

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