Asyl: Katholische Kirche sucht aktiv nach Quartieren

Kardinal Schönborn und Caritasdirektor Landau haben am vergangenen Wochenende an alle 492 niederösterreichischen Pfarren der Erzdiözese Wien appelliert, Wohnraum für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen.

Schon bisher hätten zahlreiche Ordensgemeinschaften, Pfarren und private Initiativen von Katholiken Raum und Zeit für Flüchtlinge aufgebracht, so der Pressesprecher der Erzdiözese Wien, Michael Prüller, am Freitag in einer Aussendung. Die Caritas sei zudem in den Diözesen der größte Flüchtlingsbetreuer Österreichs.

Der Landtagsklub der ÖVP Niederösterreich hatte kirchliche Würdenträger in einem offenen Brief zur Aufnahme von Flüchtlingen in ihren Einrichtungen aufgefordert. Die katholische Kirche sei sich ihrer Verantwortung für Menschen in Not bewusst, betonte die Erzdiözese in der Aussendung.

2800 Asylwerber in Caritas-Quartieren

Derzeit stelle die Caritas in ganz Österreich Quartiere für mehr als 2800 Asylwerber im Rahmen der Grundversorgung zur Verfügung. Rund 6500 Menschen werden zusätzlich mobil von der Caritas betreut - 1400 davon allein in Niederösterreich. „Die Kirche ist mit ihren Pfarren, Orden und der Caritas stets ihrer Verantwortung nachgekommen und sie wird das auch in Zukunft tun“, so Prüller.

Die Wohnsituation für Flüchtlinge habe sich durch den über die Erstaufnahmestelle Traiskirchen verhängten Aufnahmestopp deutlich verschlechtert, so Prüller. Deshalb habe Kardinal Christoph Schönborn gemeinsam mit Caritaspräsident Michael Landau am vergangenen Wochenende per Brief alle 492 niederösterreichischen Pfarren der Erzdiözese Wien dringend gebeten, den Flüchtlingen durch die Suche nach bzw. Zurverfügungstellung von geeignetem Wohnraum zu helfen.

Quartiere für anerkannte Flüchtlinge

Gesucht würden einzelne Wohnungen (für Flüchtlingsfamilien aus dem Nordirak und andere anerkannte Flüchtlinge) als auch größere Wohneinheiten (insbesondere für Asylwerber im Rahmen der Grundversorgung.

Zwei Männer auf einer Steinbank

APA/Helmut Fohringer

Zwei Asylwerber im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen

„Die ersten Meldungen von Pfarren kommen bereits herein“, so Prüller. Sie werden nun von der Caritas auf ihre Umsetzbarkeit hin überprüft. „Wir haben aber auch schon vorher Angebote für Wohnungen erhalten, die bereits adaptiert worden sind und demnächst von Flüchtlingen bezogen werden können - unter anderem im Pfarrhof von Traiskirchen selbst, in den bald eine syrische Familie einziehen wird.“

Aufrufe der Bischöfe und Orden

Anfang September habe sich Kardinal Schönborn auch an alle anderen Bischöfe in Österreich mit der Bitte gewandt, die Pfarren und kirchlichen Einrichtungen zu mobilisieren. Die Superiorenkonferenz, die Dachorganisation der männlichen Ordensgemeinschaften, habe zur selben Zeit einen ähnlichen Aufruf an alle Ordensgemeinschaften Österreichs geschickt. Auch hier seien schon zuvor entsprechende Initiativen eingeleitet worden, etwa im Mödlinger Kloster St. Gabriel, das in einem Trakt unbegleitete jugendliche Asylwerber unterbringen möchte.

Es sei allerdings eine Illusion, dass die Kirche über große freie Wohnungsfläche verfüge, die rasch für die Flüchtlingsunterbringung genutzt werden könne: „Freiflächen in Pfarrhöfen, die nicht für Priester, Pfarrkanzlei, Gruppenraum etc. benötigt wurden, sind meist längst fremdvermietet.“

Eine Frage der Betreuung

Das größte praktische Problem beim Anbieten von Wohnraum sei die Frage, ob Flüchtlinge dort auch professionell betreut werden können. „Natürlich kann man 30 Flüchtlinge notdürftig in einem Pfarrsaal unterbringen“, so Prüller. „Aber wo gehen sie aufs Klo? Wo kochen sie? Wer hilft ihnen, sich nach traumatischen Kriegserfahrungen in einer völlig fremden Umgebung zurechtzufinden?“

Trotzdem hoffe er, dass die Pfarren der Erzdiözese Wien insgesamt eine spürbare Hilfe für die Flüchtlinge auf die Beine bringen, so der Sprecher. „Wir sehen große Hilfsbereitschaft, aber die Umsetzung geht nicht von heute auf morgen.“

Pfarren seit Jahren in der Flüchtlingsbetreuung aktiv

Es gebe auch Pfarren, die sich seit Jahren intensiv um Flüchtlinge annehmen. Zu den engagiertesten gehöre etwa die Pfarre Schwechat, die kontinuierlich rund 45 Flüchtlinge betreue. „Hier wird schon lange wertvolle Arbeit geleistet.“

Ganz verständlich sei der Engpass an Flüchtlingsquartieren allerdings nicht, so Prüller abschließend. Die Zahlen seien nicht dramatischer als etwa vor zehn Jahren. „Aber wenn Not herrscht, müssen wir reagieren. Als Christen sind wir dem Wort Jesu verpflichtet: ,Ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen’“.

religion.ORF.at/KAP