Geschiedene: „Crescendo der Leidenschaft“ bei Synode

Vatikansprecher Federico Lombardi hat am Donnerstag von einem „Crescendo der Leidenschaft“ bei der derzeitigen Bischofssynode berichtet. In der Frage der wiederverheirateten Geschiedenen gebe es zwei Linien, Ergebnisse seien aber noch nicht absehbar.

Nach Aussage Lombardis wurde die Debatte am Mittwochnachmittag und Donnerstagvormittag, als es um „pastoral schwierige Situationen“ ging, sehr engagiert geführt. Zu diesen Situationen wird auch der Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen gezählt. Aggressiv sei die Diskussion jedoch zu keinem Zeitpunkt gewesen, sagte Lombardi.

Wie die Debatte im Einzelnen verlaufen ist, blieb im Pressegespräch am Donnerstag offen. Die Redetexte der Bischöfe veröffentlicht der Vatikan bei dieser Synode nicht. Nach den Äußerungen Lombardis scheint jedoch klar zu sein, dass die 191 Synodenväter aus aller Welt noch uneins darüber sind, wie künftig mit Katholiken verfahren werden soll, die nach dem Scheitern ihrer kirchlichen Ehe ein zweites Mal zivil heiraten. Ein breiter Konsens oder gar ein konkretes Ergebnis sind noch nicht absehbar.

Zwei Linien unter Bischöfen

Es habe in der Debatte zwei Linien gegeben, erläuterte Lombardi vor Journalisten. Die eine habe mit großem Nachdruck darauf hingewiesen, dass „mit Rücksicht auf die Lehre und in Treue zum Wort Gottes“ eine Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion nicht möglich sei. Eine andere Linie habe - „ohne die Unauflöslichkeit der Ehe“ infrage zu stellen - dafür plädiert, mit Barmherzigkeit und unter Berücksichtigung des konkreten Einzelfalls vorzugehen.

Ob Befürworter oder Gegner in der Synode die Oberhand haben, lässt sich nach Lombardis Angaben gegenwärtig noch nicht feststellen. Auch auf eine Tendenz zu einer der beiden Positionen wollte er sich nicht festlegen. „Die Synode ist auf dem Weg.“

Papst Franziskus und einige Bischöfe bei der Bischofssynode zu Familie und Ehe

AP Photo/Alessandra Tarantino

Papst Franziskus im Gespräch mit Bischöfen und Kardinälen bei der Synode

Marx, Kasper und Müller unter Rednern

Auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, war unter den Rednern der Debatte. Er hatte am Montag vor Journalisten bekräftigt, dass die Mehrheit der deutschen Bischöfe den Vorschlag von Kardinal Walter Kasper befürworte, wiederverheiratete Geschiedene unter bestimmten Voraussetzungen zur Kommunion zuzulassen. Über seine Äußerung vom Mittwoch wurde nichts bekannt. Kasper selbst sprach auch vor der Synode.

Ebenfalls zu Wort meldete sich der Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller. Er hatte im Vorfeld mehrfach bekräftigt, dass er keinen Spielraum für eine Änderung der kirchlichen Praxis sehe, weil sonst das klare Zeugnis der Kirche gefährdet sei. Auch weitere prominente Verteidiger der offiziellen Praxis wie der Mailänder Kardinal Angelo Scola und der US-Kurienkardinal Raymond Leo Burke äußerten sich.

Kommission für Eheannullierungen geschaffen

Diskutiert wurden offenbar auch Möglichkeiten, die bereits bestehende Option der Eheannullierung zu erleichtern. Der Präsident des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte, Kardinal Francesco Coccopalmerio, gab bei dem Pressegespräch bekannt, dass der Papst dazu bereits eine eigene Kommission eingesetzt habe. Die Kommission solle die vielen Reformvorschläge zu der Frage, die aus den Diözesen kommen, prüfen.

Grundsätzlich gelte es aber, den „Anforderungen der Wahrheit und der Gerechtigkeit“ zu entsprechen, sagte der Kardinal. Es gelte den Eindruck zu vermeiden, dass „eine Art katholischer Scheidung eingeführt“ werde.

Ein Vorschlag, der laut Vatikansprecher Federico Lombardi im Raum steht, ist eine Überlassung des Urteils an den Diözesanbischof. Dessen Entscheidung erfolge dann auf administrativem Weg und nicht nach Urteil von zwei Gerichten. Der Bischof solle in solchen Fälle entscheiden dürfen, wo es sich um Personen von großer Glaubwürdigkeit handelt.

Forderung nach Abschaffung der zweiten Instanz

Coccopalmerio und Lombardi erklärten, dass generell von vielen Seiten eine Forderung nach der Abschaffung der zweiten Urteilsinstanz bestehe. Sie muss eine, mit der ersten gleichlautende, affirmative Entscheidung im Verfahren treffen. Dies ist heute notwendig, um eine Annullierung zu erreichen.

Voraussetzungen für die Feststellung der Nichtigkeit einer Ehe sind laut Kirchenrecht Konsensmangel der Partner, wie es etwa bei Scheinehen der Fall ist. Weitere Gründe für eine Nichtigkeitserklärung können so genannte Ehehindernisse sein, etwa wenn enge Verwandte heiraten oder zum Zeitpunkt der Eheschließung Beischlafunfähigkeit besteht. Auch Formfehler bei der Eheschließung, etwa wenn die Ehe nicht nach der vorgesehenen katholischen Form geschlossen wurde, können die Annullierung der Ehe nach sich ziehen.

Annullierung keine Auflösung

Im kirchenrechtlichen Verfahren müssen diese möglichen Gründe bewiesen werden, um die Ehe - im Nachhinein - für nichtig erklären zu können. Es handelt sich damit um keine Eheauflösung, sondern den Beweis, dass die Verbindung nach kirchlichem Verständnis nie als „sakramentale Ehe“ bestanden hat. Viele Synodenväter wären nach Vatikanangaben mit einer Beschleunigung und Vereinfachung der Verfahren zur Eheannullierung einverstanden.

religion.ORF.at/KAP

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