Kräutler zu Synode: Gegen „sturen Legalismus“

Der austro-brasilianische Bischof Erwin Kräutler hat sich in Bezug auf die Synode im Vatikan für mehr Barmherzigkeit und gegen ein Beharren auf einem „sturen Legalismus“ ausgesprochen.

Ehe und Familie seien „wunderbare, von Gott geschaffene Institutionen, aber sie können nicht auf der Basis eines sturen, ausschließlich dogmatischen, oft sogar erbarmungslosen Legalismus behandelt oder geregelt werden“, sagte Kräutler in einem Interview der „Wiener Zeitung“ (Freitag-Ausgabe). Die Kirche habe die Aufgabe, die Barmherzigkeit Gottes zu vermitteln. Es sei verfehlt, Menschen in schwierigen, oft ausweglosen Situationen „einfach nur Gesetzesparagraphen unter die Nase zu halten oder sie gar als öffentliche Sünder zu verdammen“, so Kräutler.

Bischof Erwin Kräutler

APA/Dietmar Stiplovsek

Erwin Kräutler

Ganz allgemein erhoffe er sich von der Synode dasselbe wie Papst Johannes XXIII. vom Zweiten Vatikanischen Konzil: ein „aggiornamento“ („Verheutigung“), diesmal im Hinblick auf die seelsorgliche Begleitung von Ehe und Familie. Bei den erforderlichen konkreten Antworten gehe es nicht darum, neue Glaubenssätze zu erstellen oder „allzeit gültige Dogmen wie etwa die Unauflöslichkeit der Ehe“ zu bekräftigen, betonte der 75-jährige Bischof der Diözese Altamira-Xingu. Notwendig sei vielmehr eine „mutige Auseinandersetzung mit den Anliegen und Nöten, den Hoffnungen und Herausforderungen der Familien und aller anderen partnerschaftlichen Beziehungen“.

Zwei konkrete Ergebniswünsche

Neben seinem immer wiederholten Aufruf zur Barmherzigkeit wünsche sich auch Papst Franziskus von den Bischöfen Mut zu konkreten Vorschlägen. „Und ich hoffe, dass die Synodenväter dem Beispiel und der Aufforderung des Papstes folgen“, sagte Kräutler.

Auf die Frage nach wünschenswerten Ergebnissen der Synode nannte der Bischof zwei Dinge: eine „differenziertere Sicht“ beim Kommunionempfang wiederverheirateter Geschiedener und vereinfachte Ehe- Annulierungsverfahren. Der Empfang der Kommunion dürfe nicht als „Belohnung, sozusagen als Prämie für die Guten, die Gerechten und Gesetzestreuen“ angesehen werden. „Wer braucht denn mehr die Kraft aus der Eucharistie als Menschen, von deren Ehe nur ein Scherbenhaufen übrig geblieben ist?“, so die rhetorische Frage Kräutlers. Das Dogma der Unauflöslichkeit der Ehe werde dabei nicht infrage gestellt.

Ehe-Annullierung keine Scheidung

Auch Ehe-Nichtigkeitserklärungen dürften nicht als Scheidung missverstanden werden, sondern als Feststellung einer ungültig geschlossenen Ehe. Hier sollte die Letztentscheidung dem Diözesanbischof überlassen werden, wünscht sich Kräutler. Denn: „Die langwierige Prozessführung mit verschiedenen Urteilsinstanzen und dazu die manchmal unmögliche Zeugeneinvernahme machten eine Annullierung oft schlicht unmöglich, obwohl die moralische Gewissheit besteht, dass eine Ehe ungültig geschlossen wurde.“

Die Art und Weise, wie Papst Franziskus sein Pontifikat gestalte, erinnere ihn an die Zeit des Zweiten Vatikanums, erklärte Kräutler. Die damalige Aufbruchsstimmung sei jedoch bald einer „gärenden Frustration“ gewichen, verstärkt durch „furchtbare Skandale, die unsere Kirche arg erschütterten“. Seit dem Amtsantritt von Papst Franziskus „lernten wir, wieder an eine andere Kirche zu glauben, die mit viel Liebe und Einfühlungsvermögen auf die Menschen hinhört“, so der Bischof.

religion.ORF.at/KAP

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