Papst Franziskus, Straßburg und die Religionsfreiheit

Zu mehr als 30 Urteilen hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg Stellung genommen, etwa zum Verbot religiöser Symbole. Papst Franziskus wird bei seinem Besuch in Straßburg auch dazu sprechen.

Wenn Papst Franziskus am Dienstag das Europaparlament und den Europarat in Straßburg besucht, tritt er damit in die Fußstapfen von Johannes Paul II. Nach Angaben aus dem Vatikan wird sich Papst Franziskus dabei auch zum Recht auf Religionsfreiheit äußern.

Das Menschenrechtsgericht (EGMR) in Straßburg befasste sich seit seiner Gründung am 20. April 1959 in über 30 Urteilen mit dem Thema Religionsfreiheit. Eingerichtet wurde der Gerichtshof auf Grundlage der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Aufgabe des EGMR ist es, Akte der Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung in Bezug auf die Verletzung der Konvention in allen 47 Unterzeichnerstaaten des Europarats zu überprüfen. Mit Ausnahme von Weißrussland und dem Vatikan unterstehen sämtliche international anerkannten europäischen Staaten der Jurisdiktion des EGMR.

Kruzifixe in Schulen

Für Schlagzeilen sorgte immer wieder die Straßburger Rechtsprechung zu Kruzifixen in Schulen. Geklagt hatte eine Mutter in Italien, deren Söhne nicht religiös erzogen wurden. In einem ersten Urteil stellte eine kleine Kammer des Straßburger Gerichts einen Verstoß gegen das Recht auf Religions- und Gewissensfreiheit fest. Dagegen legte Italien Widerspruch ein - und bekam schließlich von den 17 Richtern der Großen Kammer im März 2011 recht. Die Entscheidung, Kruzifixe in Klassenzimmern zuzulassen, liege im „Ermessensspielraum“ des Staates.

Deutschland wurde wiederum vom Straßburger Gericht im September 2010 verurteilt, weil ein Organist vergeblich gegen seine Kündigung wegen Ehebruchs durch die katholische Kirche geklagt hatte. Die deutsche Justiz habe nicht ausreichend zwischen dem Recht des Organisten auf Privatleben und den Interessen der Kirche abgewogen, rügte der Gerichtshof. Die Kündigung habe das Grundrecht auf Schutz des Privatlebens verletzt.

Burkaverbot

Wiederholt befasste sich der Gerichtshof mit der Frage, ob Staaten das Tragen religiöser Symbole in der Öffentlichkeit verbieten können. Anfang Juli erklärten die Straßburger Richter das umstrittene Burkaverbot in Frankreich für rechtens. Es sei „legitim“, wenn ein Staat mit solchen Maßnahmen die Voraussetzungen für ein Zusammenleben in der Gesellschaft wahren wolle. Damit wurde die Klage einer jungen französischen Muslimin abgewiesen, die durch das Verbot der Ganzkörperverschleierung ihre Religionsfreiheit verletzt sah. Derzeit sind in Straßburg noch mehrere ähnliche Klagen gegen das in Frankreich und Belgien geltende Burkaverbot anhängig.

Das Verbot für eine praktizierende Christin, an ihrem Arbeitsplatz bei der britischen Fluggesellschaft British Airways eine Kette mit einem Kreuz sichtbar zu tragen, rügte der Gerichtshof hingegen im Jänner 2013 als Verstoß gegen das Grundrecht auf Religionsfreiheit und außerdem als Diskriminierung.

Die Richter verwiesen darauf, dass die Fluggesellschaft muslimischen Frauen oder Sikhs erlaube, ein Kopftuch beziehungsweise einen Turban in den Farben der Uniform zu tragen. Aufgrund des Straßburger Urteils änderte das Unternehmen seine Kleiderordnung und ließ das Tragen von Kreuzen zu.

religion.ORF.at/AFP

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