Muslimische Jugend stellt Sanac Vertrauensfrage

Die Muslimische Jugend (MJÖ) stellt dem Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ), Fuat Sanac, die Vertrauensfrage. Hintergrund ist das neue Islamgesetz, das vergangene Woche im Ministerrat beschlossen worden war.

Sanac habe nicht nur dabei versagt, hieß es am Montag in einer Pressekonferenz der MJÖ. Kritik gab es auch an seinem angeblich autoritären Führungsstil und Mehrfachfunktionen. Von einer „Chronologie des Versagens“ war die Rede. Der Präsident habe „im Alleingang die Zukunft der MuslimInnen in Österreich durch Unzulänglichkeit und Fahrlässigkeit aufs Spiel gesetzt“. Das mache ihn als Präsidenten der IGGiÖ untragbar.

Ob auch in den Gremien der IGGiÖ, die in den kommenden Tagen zusammenkommen, offiziell die Vertrauensfrage gestellt wird, konnten die beiden Vertreterinnen der MJÖ, Jasna A. und Dudu Kücükgöl, noch nicht sagen. Für eine Absetzung des Präsidenten benötigt man etwa im Schurarat eine Zweidrittelmehrheit der rund 60 Mitglieder. Neben der Muslimischen Jugend haben auch schon die Religionsgemeinden Linz und Salzburg den Rücktritt von Sanac öffentlich gefordert. Laut Kücükgöl dürfte es aber auch in weiteren Länderorganisationen brodeln.

Dudu Kücükgöl und Jasna Ajdinovic

ORF/Marus Marschalek

Dudu Kücükgöl und Jasna A. fordern den Rücktritt von Präsident Fuat Sanac

„Schritt fiel uns nicht leicht“

„Dieser Schritt fiel uns nicht leicht“, kommentierte A. die Rücktrittsforderung, „aber wir sahen in unserem bisherigen Vorgang, intern Veränderungen anzustreben, keinen Sinn mehr und sehen uns gezwungen, auf Missstände aufmerksam zu machen.“ Die MJÖ sei innerhalb der muslimischen Community bei der Zusammenarbeit zum Islamgesetz von den großen verbandlichen Akteuren ausgeschlossen worden. „Es ist jenen Kleingeistern, die keine kritischen Stimmen dulden können und eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe ablehnen, zu verdanken, dass es nun so weit gekommen ist“, so A..

Warum es nun #SanacMussWeg - so der eigene Hashtag der MJÖ - heißt, erklärte man unter anderem mit dessen „Desinformationsstrategie“. Drei Jahre lang habe der Präsident „im Geheimen und unter Missachtung seiner Gremien über ein neues Islamgesetz verhandelt“ und damit die islamische Community getäuscht sowie sich selbst immer in widersprüchliche Aussagen verstrickt. „Genau der gleiche Präsident ging - trotz Rufen der Basis nach einem Abbruch der Verhandlungen - in die nächste Runde, um mit einem noch schlechteren Verhandlungsergebnis herauszukommen“, kritisiert die MJÖ.

Vorwurf: Autoritärer Stil

Auch einen autoritären Stil wirft die MJÖ Sanac vor: „So zahnlos und zahm Präsident Sanac gegenüber der Regierung auftritt, umso autoritärer und einschüchternder tritt er gegenüber den Gremien der IGGiÖ auf.“ In vielen Sitzungen trete Sanac „aggressiv und machistisch“ auf und versuche, kritische Stimmen regelmäßig „einzuschüchtern“. Kritik gab es auch an den Funktionen, die Sanac ausübt. Kücükgöl spekulierte damit, dass dieser schlicht überfordert sein könnte.

Fuat Sanac, Vorsitzender der Islamischen Glaubensgemeinschaft

APA/Herbert Neubauer

IGGiÖ-Präsident Fuat Sanac

Zudem fordert die MJÖ eine Reform des Wahlrechts und der Struktur der IGGiÖ, um neben den beiden derzeit dominierenden türkischen Verbänden Atib und der Islamischen Föderation mitwirken zu können. Um eine „Entmachtung“ gehe es aber der MJÖ nicht, betonte Kücükgöl. Weiters geht es der Jugend um „effektive, interne Kontrollmechanismen für die Gremien der IGGiÖ“. Auch ihre Kritik am Islamgesetz selbst erneuerten die Vertreterinnen der MJÖ. Dieses werde von ihnen nach wie vor scharf abgelehnt.

Sanac „gelassen“ gegenüber Rücktrittsforderungen

Sanac zeigt sich „gelassen“ gegenüber den Rücktrittsforderungen. „Diese kommen von einem Verein, der bei den letzten Wahlen nur einen einzigen Delegierten aufbrachte“, konterte er am Montag in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der APA.

Die MJÖ habe lediglich 50 Mitglieder für die IGGiÖ melden können und damit nur eine Delegierte erhalten, stellte Sanac in den Raum. „Trotzdem hat diese Person durch mich einen Platz im Obersten Rat bekommen. Dort ist der Ort für inhaltliche Debatten“, meinte er weiter. Die Position des Präsidenten sei zudem nicht durch Zuruf von außen bestimmt, sondern durch einen demokratischen Wahlprozess.

Zu kritischen Meldungen der Religionsgemeinden in Oberösterreich und Salzburg meinte Sanac: „Die privaten Meinungen zweier Vorsitzender von Religionsgemeinden wurden per Facebook verbreitet. Es entspricht weder der Verfassung der IGGiÖ, noch einem ordentlichen Vorgehen diese völlig eigenmächtig abzugeben. Das ist inakzeptabel.“

„Eigenartiges Demokratieverständnis“

Auch Kritik an den Verbänden Islamische Föderation Wien und Atib wies der IGGiÖ-Präsident scharf zurück. Diese leisteten seit geraumer Zeit für die Erhaltung der Strukturen in der IGGIÖ ihren konstruktiven Beitrag und unterstützten Veranstaltungen und Projekte der IGGIÖ. „Es spricht für ein sehr eigenartiges Demokratieverständnis, wenn eine Organisation mit einem einzigen Mandat Vereine, die gemeinsam weit über 100 Mandatarinnen und Mandatare stellen, dermaßen unqualifiziert attackiert.“

Sanac spricht von „öffentlichen Verunglimpfungen“ gegen Mitglieder beider Dachverbände, die IGGIÖ und sich selbst und stellt sich die Frage, „ob dahinter der Wunsch steht, die religiöse Vertretung der Muslime nachhaltig zu schädigen“.

religion.ORF.at/APA

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