Deutsche Muslime gut integriert, Bevölkerung ablehnend

Die große Mehrheit der Muslime in Deutschland orientiert sich laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung an westlichen Werten. Gleichzeitig empfinden immer mehr Deutsche den Islam als Bedrohung.

Ein Großteil der vier Millionen Muslime in Deutschland fühlt sich einer Studie zufolge Staat und Gesellschaft eng verbunden. Der Rest der Bevölkerung aber nimmt das kaum wahr und steht dem Islam immer kritischer gegenüber, wie eine Sonderauswertung „Islam“ des Religionsmonitors der Bertelsmann Stiftung zeigt, die am Donnerstag veröffentlicht wurde.

„Für Muslime ist Deutschland inzwischen Heimat. Sie sehen sich aber mit einem Negativ-Image konfrontiert, das anscheinend durch eine Minderheit von radikalen Islamisten geprägt wird“, sagte Yasemin El-Menouar, Islam-Expertin der Stiftung.

90 Prozent der Muslime pro Demokratie

So halten 90 Prozent der hochreligiösen Muslime in Deutschland laut Studie die Demokratie für eine gute Regierungsform. Neun von zehn Befragten haben in ihrer Freizeit Kontakt zu Nicht-Muslimen. Jeder Zweite hat mindestens genauso viele Kontakte außerhalb der Religionsgemeinschaft wie mit Muslimen.

Ein Imam predigt in einer Moschee in Hamburg

APA/EPA/Axel Heimken

Ein Imam predigt in einer Hamburger Moschee

63 Prozent derjenigen Befragten, die sich als ziemlich oder sehr religiös bezeichnen, überdenken nach eigenen Angaben regelmäßig ihre religiöse Einstellung. Einer Hochzeit unter homosexuellen Paaren stimmen rund 60 Prozent von ihnen zu. Von den hochreligiösen Befragten mit eher unumstößlichen Glaubensgrundsätzen sind immerhin 40 Prozent dafür. Zum Vergleich: In der Türkei, dem Herkunftsland der meisten Muslime in Deutschland, überdenkt nur jeder dritte Hochreligiöse regelmäßig seinen Glauben. Und nur zwölf Prozent von ihnen befürworten die gleichgeschlechtliche Ehe.

Negative Vorurteile nehmen zu

Trotzdem haben negative Vorurteile gegenüber Muslimen in der Bevölkerung eher zugenommen. 57 Prozent der für die Studie befragten Nicht-Muslime empfinden den Islam als Bedrohung - im Jahr 2012 waren es 53 Prozent. 61 Prozent meinen, der Islam passe nicht in die westliche Welt (2012: 52 Prozent). 40 Prozent der Befragten fühlen sich zudem durch Muslime wie Fremde im eigenen Land. Jeder Vierte will Muslimen sogar die Zuwanderung nach Deutschland verbieten.

Das negative Islam-Bild ist dabei nach Ansicht der Forscher nicht abhängig von Bildungsniveau, politischer Orientierung oder sozialem Status. Entscheidender sei das Alter und der persönliche Kontakt zu Muslimen, so ein Fazit der Studie. Von den über 54-jährigen Nicht-Muslimen fühlen sich 61 Prozent durch den Islam bedroht. Bei den unter 25-Jährigen sind es nur 39 Prozent. Die Angst vor dem Islam ist dort am größten, wo die wenigsten Muslime leben: In Nordrhein-Westfalen, wo jeder dritte deutsche Muslim zu Hause ist, fühlen sich 46 Prozent bedroht. In Thüringen und Sachsen mit nur sehr wenigen Muslimen sehen sich 70 Prozent vom Islam bedroht.

Ablehnung geht durch alle Schichten

Trotz des immer besser gelingenden Zusammenlebens der Religionen in Deutschland bestehe die Gefahr einer breit durch die Bevölkerung gehenden Islamfeindlichkeit, so Yasemin El-Menouar auf der Website der Bertelsmann Stifung: „Es gibt vieles in Deutschland, was Muslime und Nicht-Muslime verbindet. Daraus kann ein Wir-Gefühl wachsen. Aber dafür bedarf es einer stärkeren Anerkennung und Wertschätzung der Muslime und ihrer Religion.“

Der Religionsmonitor der Bertelsmann Stiftung untersucht regelmäßig repräsentativ und international vergleichend die Bedeutung von Religion für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in religiös und kulturell vielfältigen Gesellschaften. Die Publikation basiert auf repräsentativen internationalen Bevölkerungsumfragen aus dem Jahr 2013, mit 14.000 Befragten aus 13 Ländern. Um das Meinungsbild in Deutschland zu erfassen, befragte das Forschungsinstitut TNS Emnid für die Stiftung Ende November 2014 repräsentativ 937 nicht muslimische Deutsche über 16 Jahren.

religion.ORF.at

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