Holocaust-Gedenktag: Erinnerung an alle Opfer

Am 27. Jänner 2015 jährt sich der Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz zum 70. Mal. Allein in diesem KZ kamen 1,1 Millionen Menschen um - hauptsächlich Juden. Die Nazis verfolgten aber unter anderen auch Zeugen Jehovas.

Am 27. Jänner 1945 befreiten Soldaten der Roten Armee 7000 überlebende Gefangene aus dem NS-Konzentrationslager Oswiecim (Auschwitz). Das KZ Auschwitz war das größte Vernichtungslager im Dritten Reich, das weltweit zum Symbol für den Holocaust wurde. Seit 1996 gilt der 27. Jänner als offizieller deutscher „Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus“, seit 2005 als „Internationaler Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust“.

Sendungshinweis:

„kreuz und quer“, Dienstag, 27. Jänner, 22.35 Uhr, ORF 2 „Die Kinder des Holocaust“ von Zane Whittingham, in dem sechs Augenzeugen berichten, wie sie die Gräuel des Naziterrors überlebten.

Nationalsozialistischer Wahn

Die Nationalsozialisten wollten in erster Linie das europäische Judentum durch systematische Verfolgung und Ermordung auslöschen. Der Begriff Holocaust leitet sich vom griechischen Wort „holokaustos“ für „völlig verbrannt“ oder „Brandopfer“ ab. Juden nennen diese Zeit „(die) Shoa“ (Katastrophe, Untergang, Zerstörung). Insgesamt wurden zwischen 1941 und 1945 mehr als sechs Millionen Juden ermordet.

Stockbetten im KZ Auschwitz

Reuters/Pawel Ulatowski

mehr als 1,1 Millionen Menschen kamen im KZ Auschwitz um

Um mehr Menschen möglichst schnell töten zu können, bauten deutsche Besatzer große Vernichtungslager mit Gaskammern. 1940 befahl der Reichsführer SS, Heinrich Himmler, auch in Auschwitz ein Lager zu bauen. Allein dort wurden mehr als 1,1 Millionen Menschen ermordet, 90 Prozent davon gehörten der jüdischen Minderheit an.

Zeugen Jehovas: Kaum bekannte NS-Opfer

Den Verbrechen im nationalsozialistischen Europa fielen nicht nur Juden, sondern auch etwa eine halbe Million Roma und Sinti zum Opfer sowie Zehntausende Behinderte, Homosexuelle, Regimegegner aber auch Angehörige der Zeugen Jehovas. 4.200 der 11.300 durch die Nationalsozialisten internierten „Zeugen“ kamen nach Angaben der Zeugen Jehovas in Österreich in Konzentrationslager. Insgesamt verloren im Dritten Reich ca. 1.500 Zeugen Jehovas ihr Leben. Etwa 370 wurden wegen Wehrdienstverweigerung strafrechtlich verurteilt und hingerichtet.

Sendungshinweis:

Religion aktuell
Montag, 18.55 Uhr, Ö1

Im Unterschied zu den jüdischen Gefangenen, hatten Jehovas Zeugen oder Bibelforscher, wie sie sich selbst bezeichnen, die Möglichkeit, durch das Abschwören ihres Glaubens die Freiheit zu erlangen. Die Wenigsten hätten dies allerdings getan, sagte David Vladar, Seelsorger und Mitglied der Zeugen Jehovas Österreich im Gespräch mit Ö1. Daher begehe man den „Holocaust-Gedenktag“ im Gedenken an die „furchtbaren Schicksale“ der Menschen damals. Man sei aber auch stolz auf die Glaubensgeschwister, die ihrer Überzeugung treu geblieben sind, so Vladar.

Eine Armbinde aus einem Konzentrationslager mit  einer Nummer und einem violetten Dreieck - zur Kennzeichnung von Zeugen Jehovas.

Public Domain/ Coreyjo

Zeugen Jehovas wurden in den Lagern mit so genannten „lila Winkeln“ gekennzeichnet - ein auf der Spitze stehendes, violettes Dreieck auf der Lagerkleidung oder auf Armschleifen.

Interniert wegen „Wehrkraftzersetzung“

Die Argumente, weswegen Zeugen Jehovas von den Nazis verfolgt wurden, begründeten sich zum einen in deren Weigerung, Kriegsdienst zu leisten, zum anderen war es damaligen Zeugen Jehovas unmöglich, an dem Führerkult teilzuhaben. Für Zeugen Jehovas habe Adolf Hitler kein Führer und Erlöser sein können, das sei für sie Jesus Christus, erklärte der Historiker und bekennende „Zeuge“, Timon Jakli gegenüber Ö1.

Auch die Weigerung, den Hitlergruß zu verwenden und ihre missionarische Tätigkeiten führten zur Verfolgung durch die Nazis. Die Ablehnung des Krieges und der Kriegsdienstes in den Schriften (Zeugen Jehovas verwenden die Bibel in einer eigenen Übersetzung; Anm.) habe die Verbreitung derselben zu einem Delikt gemacht und die Religionsausübung an sich zu etwas Strafbarem. „Die Anschuldigungen wurden unter dem Delikt der Wehrkraftzersetzung subsummiert“, so Jakli.

Verantwortung der Religionen eingemahnt

Besondere Bedeutung komme Religionsverantwortlichen zu, betonten am Montag die Israelitische Kultusgemeinde (IKG), die Islamische Alevitische Glaubensgemeinschaft (ALEVI) und die Türkische Kulturgemeinde (TKG) in einer gemeinsam verfassten Erklärung zum Holocaust-Gedenktag. Religionen könnten besondere Akzente für den Frieden setzen - und zwar „mit Besinnung auf den Kern aller Religionen zum Schutz der Menschenwürde“, so die Erklärung.

Zum Internationalen Holocaust-Gedenktag gibt es am 27. Jänner ab 17.00 Uhr eine Kundgebung auf dem Heldenplatz in Wien. Als Redner werden unter anderen Irma Schwager (Überlebende, Widerstandskämpferin, KPÖ), Rudolf Gelbard (Überlebender KZ Theresienstadt), Raimund Fastenbauer (IKG) und Philip A. Cunningham (katholischer Theologe aus Boston und Präsident des Internationalen Rates der Christen und Juden erwartet.

religion.ORF.at/APA/dpa

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