Sterbehilfe: Diakonie gegen Verbot in der Verfassung

Die Diakonie hat sich erneut gegen ein Verbot der Sterbehilfe in der Verfassung ausgesprochen. Vor der letzten Sitzung der parlamentarischen Enquetekommission präsentierte die Diakonie ein „Argumentarium“.

Im Vorfeld der letzten Sitzung der parlamentarischen Enquetekommission „Würde am Ende des Lebens“ forderte der Direktor der evangelischen Hilfsorganisation, Michael Chalupka, am Mittwoch bei einer Pressekonferenz stattdessen die ausreichende Finanzierung der Hospiz- und Palliativbetreuung in Österreich.

PK Diakonie, Michael Chalupka, Maria Katharina Moser, Ulrich Körtner

ORF/Marcus Marschalek

Michael Chalupka, Maria Katharina Moser und Ulrich Körtner bei der Präsentation des ersten Argumentariums

Die vergangenen Tage hätten gezeigt, dass Finanzmittel nur eine Frage der politischen Priorität seien, sagte Chalupka im Hinblick auf das von der Regierung beschlossene Sicherheitspaket. Und weiter: „Ich glaube, es ist Zeit, dass der Umgang mit Sterbenden politische Priorität hat.“ Der Diakonie-Direktor hofft nun, dass die parlamentarische Enquetekommission „hier entschiedene Schritte in der Finanzierung und im Ausbau der palliativ-medizinischen Versorgung und der Hospizarbeit in Österreich bringen wird“.

„Argumentarium“ zum Thema Sterbehilfe

Gerade rechtzeitig zur letzten Sitzung der parlamentarischen Enquetekommission am Freitag hat die Diakonie ein „Argumentarium“ zum Thema Sterbehilfe erarbeiten lassen. Verfasser ist das von der Diakonie neu gegründete Institut für öffentliche Theologie und Ethik (IöThE), das als Think Tank für die Arbeit der Hilfsorganisation dienen soll. Dessen Leiter, Ulrich Körtner, betonte ebenso, dass es in der aktuellen Sterbehilfe-Debatte nicht wohlmeinende Absichtserklärungen, sondern echte Reformen brauche - „und die kosten Geld“.

„Das Recht auf Leben begründet keine Pflicht zum Leben“, so der Theologe. Das berechtigte Anliegen des Lebensschutzes dürfe daher nicht als Vorwand dienen, um Menschen in ihren Entscheidungen am Lebensende zu bevormunden und ihre Freiheitsrechte einzuschränken. „Strittig ist aber, ob das Recht zu sterben auch das Recht einschließt, sich zu töten oder töten zu lassen. Hierzulande sind Tötung auf Verlangen und Suizidbeihilfe verboten. Und das ist gut so. Es geht nicht, wie Kritiker der bestehenden Gesetzeslage behaupten, um Bevormundung und Entmündigung, sondern um den Schutz der Schwachen“, sagte Körtner.

Entkriminalisierung von Suizidbeihilfe

Er kann sich auch eine Entkriminalisierung der in Österreich mit Strafe bedrohten Suizidbeihilfe im Einzelfall vorstellen, ohne das bestehende Verbot gänzlich aufzuheben. Grenzfälle müssten aber solche bleiben, sagte er. Das geltende Euthanasieverbot in den Verfassungsrang zu heben, hält er allerdings nicht für sinnvoll, denn: „Die eigentliche Frage ist, wie kriegen wir Handlungssicherheit?“ Eine verfassungsrechtliche Regelung würde die bestehende Unsicherheit unter Ärzten und Patienten nur noch vergrößern, glaubt Körtner.

Das Argumentarium der IöThE, das von der Sozialethikerin Maria Moser vorgestellt wurde, bietet unter anderem einen Überblick zur aktuellen rechtlichen Regelung in Österreich, zudem werden Begrifflichkeiten zur komplexen Debatte und der evangelische Standpunkt erklärt. Online ist diese erste Publikation des neu gegründeten Instituts unter ethik.diakonie.at abrufbar.

Enquete-Kommission

Der Beschluss zur Enquete-Kommission zum Thema „Würde am Ende des Lebens“ wurde im Hauptausschuss des Parlaments am 24. Juni 2014 einstimmig gefällt. Auftrag an die Kommissionsmitglieder ist es sich mit der Möglichkeit der verfassungsrechtlichen Verankerung des Verbots der Tötung auf Verlangen und des sozialen Grundrechts auf würdevolles Sterben auseinandersetzen. Auch die Themen Hospiz- und Palliativversorgung sowie die Patientenverfügung (Evaluierung und gegebenenfalls Maßnahmen zur Verbesserung, allenfalls auch Diskussion über Vorsorgevollmacht) stehen zur Debatte.

Zusammengesetzt ist die Enquete-Kommission aus 18 stimmberechtigten Nationalratsabgeordneten aller Parteien nach Mandatsstärke und sechs BundesrätInnen in beratender Funktion. ExpertInnen der Parlamentsklubs, VertreterInnen der Bundesregierung, der Gebietskörperschaften, von Berufsgruppen, von Universitäten, aus Religionsgemeinschaften und der Bioethik-Kommission werden außerdem ihre Expertisen in die Sitzungen einfließen lassen.

Neben Justizministerium, Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts, Notariatskammer, Gesundheits- und Sozialressort ist vor allem die Zivilgesellschaft eingeladen, sich in Stellungnahmen an der Diskussion zu beteiligen. Die E-Mail Adresse dafür lautet wuerdevoll.leben@parlament.gv.at. Auf der Website des Parlaments sind die Beiträge einzusehen.

religion.ORF.at/APA

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