Medien: Schweizergarde vor dem Aus?

Seit Tagen spekulieren italienische und Schweizer Medien darüber, ob Papst Franziskus die Schweizergarde in ihrer derzeitigen Form abschaffen will - der Posten des Kommandanten ist jedenfalls vakant.

Anlass der Spekulationen ist, dass der Papst noch keinen Nachfolger für den bereits im Dezember des Vorjahrs abgesetzten Kommandanten Daniel Anrig ernannt hat. Papst Franziskus empfing den Kommandanten der Schweizergarde, Daniel Rudolf Anrig, am Freitag zu einem Abschiedsbesuch. Anrig legt sein Amt am Samstag im Rahmen einer Abschiedszeremonie nieder. Wer die Nachfolge antreten wird, ist bisher unbekannt. Wie die päpstliche Schweizergarde am Freitag sagte, wurde noch kein neuer Kommandant ernannt. Vizekommandant Christoph Graf wird ad interim die Führung des 110 Mann starken Armeekorps übernehmen.

Papst Franziskus steht neben einem Schweizergardisten

APA/EPA/Claudio Peri

Will der Papst die Schweizergarde abschaffen?

Laut der Presseagentur ANSA wünscht sich Franziskus jedenfalls eine weniger militärische und menschlichere Garde. Sogar von einem kompletten Aus für die Garde ist die Rede. Stattdessen wolle sich der Papst lieber auf die gut ausgebildete Gendarmerie des Vatikans verlassen. Der Papst selbst sagte nach der Absetzung Anrigs der argentinischen Zeitung „La Nacion“, es sei ihm damit nur um eine „gesunde und normale Erneuerung“ gegangen. Anrig sei eine „hervorragende Person, ein guter Katholik, mit einer hervorragenden Familie“.

Unmut wegen Strenge und großer Wohnung

Der 42-jährige Anrig leitete die Schweizergarde seit dem 1. Dezember 2008. Er war wie im Vatikan üblich zunächst für fünf Jahre bestellt worden. 2013 war seine Amtszeit verlängert worden. Laut der römischen Tageszeitung „Il Messaggero“ habe der Papst beschlossen, Anrig zu ersetzen, weil es Unmut unter den Schweizergardisten wegen der strengen Disziplin des Kommandanten gab. Die 120 Schweizergardisten seien zu anstrengenden langen Wachzeiten gezwungen.

Ex-Kommandant der Schweizergarde Daniel Anrig

Reuters/Osservatore Romano

Ex-Kommandant der Schweizergarde Daniel Anrig

Laut der italienischen Nachrichtenagentur ANSA habe Anrig außerdem für Kritik gesorgt, weil er eine große Wohnung über der Kaserne der Schweizergarde eingerichtet habe. Die Ankündigung, dass Anrig ersetzt wird, erfolgte während des Ad-limina-Besuchs der Schweizer Bischöfe im Vatikan. Das wird von Vatikan-Insidern nicht als Zufall betrachtet.

Frischer Wind

Mit der Neubesetzung des Führungspostens wolle Papst Franziskus „frischen Wind“ in die Garde bringen, sagte Anrig. Gleichzeitig wehrt er sich gegen Kritik an seinem Führungsstil.

Die Schweizergarde müsse mit 110 Mann rund um die Uhr Dienst leisten. „Das bedingt eine straffe Führung, und die Gardisten verstehen das“, sagte Anrig in einem Interview im „Tages-Anzeiger“ und „Bund“ vom Samstag. Aus der Truppe habe er keine Kritik wegen eines zu harten Führungsstils vernommen.

Zahlreiche Reformen in der Schweizer Garde

Anfang Dezember hatte der Papst beschlossen, den 42-jährigen Garde-Kommandanten auszuwechseln. In Medienberichten war daraufhin dessen strenge Disziplin ins Feld geführt worden. Anrig kontert, er habe seit seinem Amtsantritt am 1. Dezember 2008 „zahlreiche Reformen“ umgesetzt, die das Leben der Gardisten erleichtern würden.

So könnten diese neu einen mehrtägigen Urlaub beantragen, sofern es der Dienstplan erlaube. Zudem habe er den Sicherheitsbereich reformiert, etwa im operativen Bereich und bei der Ausbildung. Was die zweistündige Ehrenwache betrifft, währen derer die Gardisten auf Essen und Trinken verzichten müssen, so gehe es darum, dass „die weltbekannte Uniform“ nicht befleckt werde. Er habe jedoch Wasserspender in den Pausenräumen anbringen lassen.

Keine Luxuswohnung bewohnt

Anlass zu Spekulationen hatte auch der Ausbau der Dienstwohnung des Kommandanten im Vatikan gegeben. Anrig kritisiert, die Medien hätten in Unkenntnis der Wirklichkeit geurteilt. „Die Wohnung ist nicht luxuriös, die Möbel musste ich selber mitbringen.“ Im neuen Zuhause sei es ihm erstmals möglich gewesen, neben seiner sechsköpfigen Familie auch Gäste einzuquartieren.

Der scheidende Garde-Kommandant wertet seine Absetzung durch den Papstauch als positives Zeichen. Es zeige, dass sich Papst Franziskus für die Garde interessiere. Gleichzeitig räumt Anrig ein, dass er „das Amt gern weiter ausgeübt hätte“.

Historische Institution

Seit 1506 ist die Schweizergarde für den Schutz des Papstes und seiner Residenz zuständig. Sie bewacht unter anderem die Eingänge des Vatikans, übernimmt Wachdienste und Personenschutz, hat aber auch Aufgaben bei Audienzen oder Empfängen. Die Armee besteht aktuell aus rund 110 jungen katholischen Männern aus der Schweiz, die zu Beginn ihrer Ausbildung nicht älter als 30 Jahre sein dürfen und ledig sein müssen.

Jedes Jahr im Mai werden neue Gardisten vereidigt, die anschließend auf der Rekrutenschule ausgebildet werden. Die traditionellen Uniformen der Gardisten sind weltweit bekannt, vor allem die sogenannte Galauniform in den Farben Blau, Rot und Gelb.

religion.ORF.at/dpa/APA

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