Kremsmünster akzeptiert Urteilsbestätigung für Ex-Pater

Das Stift Kremsmünster hat die gerichtliche Bestätigung der Haftstrafe für einen des mehrfachen Missbrauchs beschuldigten Ex-Pater des Klosters „selbstverständlich akzeptiert“.

Gegenüber „Kathpress“ äußerte sich Abt Ambros Ebhart am Freitag gleichlautend wie bereits bei der Urteilsverkündigung im Juli 2013: Der Beschuldigte habe sich durch das Gerichtsverfahren der Verantwortung stellen müssen, womit auch den Opfern ein Stück Gerechtigkeit zuteil komme. Das Stift sei „sehr betroffen“ über die früheren Vorfälle und um deren wissenschaftliche Aufarbeitung bemüht, deren Ergebnisse Ende März der Öffentlichkeit vorgestellt werde.

Pater mit Pumpgun

Das Linzer Oberlandesgericht (OLG) hatte am Donnerstagnachmittag das Urteil von zwölf Jahren Haft für den früheren Konviktsdirektor des Stiftes bestätigt. Ein Sachverständiger muss nun die Haftfähigkeit des 81-jährigen Ex-Paters klären, wozu laut seinem Verteidiger bereits ein Gutachter vom Gericht bestellt wurde. Zuständig wird für eine etwaige Beschwerde das Landesgericht Steyr, in zweiter Instanz wiederum das OLG Linz.

Dem mittlerweile in den Laienstand zurückversetzten Pater werden sexuelle und gewalttätige Übergriffe auf insgesamt 24 ehemalige Schüler im Zeitraum 1967 bis 1996 vorgeworfen. Bis 2010 soll er zudem eine Pumpgun besessen haben, was Ausschlag für die Nicht-Verjährung der Vorwürfe gegeben haben dürfte. 2013 wurde der Beschuldigte im Landesgericht Steyr dafür verurteilt, wobei im November 2014 der Oberste Gerichtshof den Schuldspruch und nunmehr das Oberlandesgericht (OLG) Linz die zwölfjährige Haftstrafe jeweils bestätigten.

Kein Grund zur Strafminderung

Nicht stattgegeben wurde dem Einwand des Verteidigers, der bei der Frage nach dem Strafausmaß auf das hohe Alter des Verurteilten und dessen Wohlverhalten in jüngsten Jahren verwiesen hatte. Aufgrund des „extraorbitant langen“ Tatzeitraums und der „Generationen von Jugendlichen“, die von den Übergriffen betroffen gewesen seien, bestehe kein Grund zur Strafminderung, befand der Oberstaatsanwalt.

Der Ex-Pater habe seine Möglichkeiten als Lehrer und Repräsentant des Konvikts ausgenutzt, um seine „Sexual- und Machtbedürfnisse“ zu befriedigen. Der Richtersenat bestätigte das Urteil erster Instanz, zumal neben dem individuellen Strafempfinden auch die „hohe Täterschuld und der hohe soziale Störwert“ der Delikte zu berücksichtigen seien.

Berufungen von elf Ex-Zöglingen bezüglich ihrer Schadenersatzansprüche wurden nun auch in zweiter Instanz auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Strittig war dabei die Frage, ob der Verurteilte privat oder die Republik im Zuge der Amtshaftung hafte. Laut Gericht sei jedoch nicht klar, welche Übergriffe im „Erziehungsplan“ (Amtshaftung) und welche in der Freizeit (private Haftung) geschehen sind.

Langwierige Justizverfahren rund um Kremsmünster

Rund um die im Frühling 2010 bekannt gewordene Missbrauchsaffäre im Stift Kremsmünster waren viele der Ermittlungen und Verfahren - zumeist wegen Verjährung - wieder eingestellt worden. Nur der ehemalige Konviktsleiter landete vor dem Strafgericht, während drei Zivilklagen gegen das Stift abgewiesen wurden, von denen sich eine um angebliche Zusagen des Abtes rund um die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle bezogen hatte, die beiden anderen um Schadenersatzforderungen. Lediglich eine dieser Entscheidungen ist noch beim Obersten Gerichtshof ausstehend.

Ermittlungen gegen zwei andere Kremsmünsterer Ordensmänner wurden vom Gericht eingestellt und Vorwürfe körperlicher oder seelischer Gewalt gegen acht weitere Personen - darunter drei weltliche Lehrer - als strafrechtlich nicht relevant oder verjährt eingestuft. Ein Pater darf fünf Jahre lang sein Diakonat nicht ausüben und erhielt klosterinterne Auflagen. Laut Angaben des Stiftes sind neben den Fällen aus den 1970er- bis 1990er-Jahren auch zumindest vier Fälle aus den 1950ern dokumentiert, die drei bereits verstorbenen Patres zugeschrieben werden.

Die Gesamtzahl der Opfer ist nicht ganz exakt festzustellen: 45 hatten sich nach Bekanntwerden der Vorwürfe an die Diözesane Kommission gegen Missbrauch und Gewalt gewandt, 38 meldeten sich bei der Klasnic-Kommission. Polizei und Staatsanwaltschaft ermittelten anfangs in 39 Fällen, 24 mündeten in der Anklage gegen den nunmehr verurteilten Ex-Pater.

Stift: Gedenktafel und Entschädigungen

Der Beschuldigte war am 27. April 2012 von der vatikanischen Glaubenskongregation in den Laienstand zurückversetzt worden. Schon zuvor hatte er das Stift verlassen und besaß laut Angaben von Abt Ambros Ebhart auch keinerlei Verbindung mehr zu diesem.

Die kirchliche Opferschutzstiftung, die sich an die Entscheidungen der unabhängigen „Klasnic-Kommission“ bindet, hat den Opfern aus Kremsmünster bislang rund 700.000 Euro an Entschädigung zugesprochen, davon 200.000 Euro an Therapiekosten. 43 Betroffene haben bis dato dazu von der Opferschutzstiftung eine finanzielle Hilfe bekommen.

Zur Aufarbeitung sämtlicher Vorwürfe von Missbrauch und Gewalt seit 1945 hatte das Stift zudem im Jänner 2013 das wissenschaftliche Institut IPP in München beauftragt. Dieses hatte bisher u.a. zur Meldung von Vorfällen aufgerufen und die Errichtung einer Gedenktafel im Kloster vergangenen September angeregt, deren Inschrift lautet: „‚Niemand soll traurig werden im Haus Gottes.‘ (Regel des heiligen Benedikt 31,19) In Erinnerung an jene Schüler, die in Internat und Schule physische, psychische und sexuelle Gewalt erfahren haben. Ihr Leid ist uns Mahnung und Ansporn für die Zukunft.“

religion.ORF.at/KAP

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