Zeit der Buße: Warum jetzt nicht alle Christen fasten

Mit dem Aschermittwoch beginnt für viele Christen die 40-tägige vorösterliche Bußzeit, auch Fastenzeit genannt. Aber nicht alle Christen kennen ein allgemeingültiges Fastengebot.

Die meisten Christen bereiten sich mit der Fastenzeit auf Ostern vor, wenn sie die Auferstehung von Jesus Christus feiern. In dieser Zeit stehen Buße, Reinigung und Umkehr im Zentrum. Den Beginn der Fastenzeit markiert das Aschenkreuz, das den Gläubigen am Aschermittwoch auf die Stirn gezeichnet wird. Bereits in alttestamentlicher Zeit (zum Beispiel im Buch Jona und im Buch Hiob) diente die Asche als Zeichen der Buße. Am Aschermittwoch zeichnet der Priester das Aschenkreuz mit den Worten auf die Stirn: „Bedenke Mensch, dass du Staub bist und zu Staub zurückkehrst.“ Üblich ist dabei auch der Ausspruch: „Kehre um und glaube an das Evangelium.“

Der Aschenritus stammt aus dem 11. Jahrhundert und damit aus jener Zeit, in der die Büßer öffentlich am Aschermittwoch aus der Kirche ausgeschlossen und als Zeichen der Buße mit Asche bestreut wurden. Erst am Gründonnerstag wurden sie feierlich wieder in die Gemeinschaft der Kirche aufgenommen.

Luther: Fasten nicht für alle

Gegenüber anderen christlichen Kirchen - wie etwa der katholischen oder orthodoxen Kirche - legt die reformatorische Tradition weniger Wert auf verbindliche Fastenzeiten. Allgemeingültige Fastengebote gibt es für evangelische Christen nicht: Sie sollen selbst entscheiden, worauf sie eine Zeitlang verzichten möchten. Martin Luther verstand das Fasten als eine individuelle Frömmigkeitsübung, die nicht allen Gläubigen gleichermaßen empfohlen oder gar verordnet werden könne. Dementsprechend sprach er sich auch gegen eine verbindliche Fastenzeit aus. Ein strikter Fasttag ist für viele evangelische Christen aber der Karfreitag.

Viele evangelische Gläubige haben dennoch in den vergangenen Jahren die Fastenzeit neu entdeckt. Ein Beispiel dafür ist die Aktion „Sieben Wochen ohne“, in der geistliche Betrachtungen mit dem Verzicht auf bestimmte Speisen oder andere liebgewonnene Gewohnheiten verbunden werden. An dieser ursprünglich aus Deutschland stammenden Initiative beteiligen sich inzwischen auch viele evangelische Gläubige in Österreich. Die Aktion steht heuer unter dem Motto „Ich war’s! 7 Wochen ohne Ausreden“.

Mormonen fasten nicht 40 Tage

Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen) gehen hier einen ganz anderen Weg. Für sie spielen zwar Ostern und der Glaube an die Auferstehung von Jesus eine wichtige Rolle, doch an die Vorschrift, 40 Tage zu fasten, glauben sie nicht, da sie sich nicht in den Schriften finde. Mormonen fasten allerdings das ganze Jahr hindurch - und zwar jeden ersten Sonntag im Monat.

Die Summe, die durch den Verzicht eingespart wird, soll als sogenanntes Fastenopfer gespendet werden. Mormonen fasten, um Vergebung zu erlangen, aber auch, um Veränderungen herbeizuführen - etwa wenn ein Gemeindemitglied krank geworden ist und genesen soll.

Suppe

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In der Fastenzeit verzichten Gläubige oft auf Fleisch

Fasten wird heute von religiösen und nicht religiösen Menschen auf unterschiedliche Weise praktiziert - durch den Verzicht auf Fleisch oder Süßigkeiten oder auch das Nichtbenützen des Autos. Bei vielen gläubigen Christen gehört auch die tägliche Auseinandersetzung mit einer Bibelstelle zu den häufigen Fastenpraktiken. In der katholischen Kirche ist der Aschermittwoch neben dem Karfreitag der einzige Tag, der als strenger Fasttag gilt.

Katholiken und die Zahl 40

Die letzte Woche vor Ostern ist die Karwoche, die von Gläubigen auch „Heilige Woche“ genannt wird. Sie soll den Höhepunkt im Leben und Wirken von Jesus vergegenwärtigen: seinen Einzug in Jerusalem (Palmsonntag), die Feier des Paschafestes mit den Jüngern (Gründonnerstag), die Gefangennahme, Verurteilung und schließlich seine Hinrichtung (Karfreitag) sowie die Grabesruhe (Karsamstag) und zuletzt seine Auferstehung (Osternacht).

Die 40-tägige Fastenzeit - Sonntage werden nicht mitgerechnet - endet mit dem Karsamstag. Die Dauer der Fastenzeit leitet sich von dem biblischen Bericht über eine 40-tägige Gebets- und Fastenzeit her, die Jesus nach seiner Taufe im Jordan in der Wüste auf sich genommen haben soll. Die Zahl 40 hat in der biblischen Sprache einen hohen Symbolwert. So soll der Prophet Elija 40 Tage in der Wüste gefastet haben, ehe er seiner Berufung folgte. Das Volk Israel soll nach dem Auszug aus Ägypten 40 Jahre durch die Wüste gewandert sein. In der Bibel wird außerdem berichtet, dass Moses Gott auf dem Berg Sinai 40 Tage nahe gewesen ist, und die Stadt Ninive 40 Tage hatte, um ihre Sünden zu bereuen.

Orthodoxe fasten am „Reinen Montag“

Ausgeprägter als in der römisch-katholischen Kirche wird in der orthodoxen Kirche gefastet. Während die Katholiken noch den Faschingsausklang feiern, bevor das Fasten am Aschermittwoch beginnt, fängt für orthodoxe Christen schon mit dem Montag nach dem Faschingssonntag - umgangssprachlich oft als „Reiner Montag“ bezeichnet - die Fastenzeit an. Dieser Tag ist für orthodoxe Christen gemeinsam mit dem Karfreitag der wichtigste Fasttag des Jahres. Auf die ersten 40 Tage des „Großen Fastens“ folgen der Lazarus-Samstag, der Palmsonntag und die Karwoche.

Die östlichen Kirchen folgen allerdings hinsichtlich des Osterfestes und der davor gelagerten Fastenzeit dem Julianischen Kalender. Die Große Fastenzeit beginnt demnach heuer am Montag, dem 23. Februar. Ostern feiern die Orthodoxen heuer am 12. April (Ostersonntag), eine Woche nach den westlichen Kirchen. Während des Fastens dürfen in der orthodoxen Kirche keine tierischen Erzeugnisse gegessen werden. Dazu zählen neben Fleisch auch Milchprodukte, Eier und Fisch. Am „Reinen Montag“ und am Karfreitag sollen die Gläubigen grundsätzlich aufs Essen verzichten.

Weitere bedeutende Fastenzeiten in der orthodoxen Kirche gibt es vor Weihnachten - vergleichbar dem Advent, allerdings mit 40 Tagen deutlich länger - sowie vor dem Fest Maria Entschlafung (katholisch: Mariä Himmelfahrt) am 15. August. Die Gläubigen bereiten sich darauf mit einem zweiwöchigen Fasten vor. Außerdem sind mit wenigen Ausnahmen auch jeder Mittwoch und Freitag Fasttage in der orthodoxen Kirche. Der Mittwoch erinnert an den Verrat Jesu durch Judas, der Freitag an den Kreuzestod Jesu.

religion.ORF.at/KAP

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