Zentralrat der Juden: „Terror in Europa angekommen“

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sagte, wer gemeint habe, dass die Terroranschläge von Paris ein einmaliges Ereignis gewesen seien, habe sich getäuscht.

„Der Terror gegen islamkritische Journalisten, insbesondere aber jüdische Einrichtungen ist in Europa angekommen“, sagte Schuster der deutschen Tageszeitung „Die Welt“ vom Montag. Nach den Anschlägen von Kopenhagen und Frankreich hat Schuster auch die Sicherheitsbehörden zur Wachsamkeit gemahnt. Er appelliere an die Behörden, „weiterhin wach zu bleiben und die getroffenen Sicherheitsmaßnahmen nochmals kritisch zu überprüfen“, sagte Schuster der „Welt“.

Unter dieser Voraussetzung sehe er die Sicherheit jüdischen Lebens in Deutschland aber weiterhin gewährleistet, denn die getroffenen Sicherheitsvorkehrungen hätten offensichtlich schlimmeres Blutvergießen verhindert, so Schuster.

Anschlag auf Synagoge in Kopenhagen

In Kopenhagen war es am Wochenende zu tödlichen Angriffen auf ein Kulturzentrum und eine Synagoge gekommen. Der mutmaßliche Täter feuerte am Samstagnachmittag zunächst mehrere Schüsse auf das Kulturzentrum ab, in dem eine Podiumsdiskussion über Meinungsfreiheit und Islam stattfand. Dabei kam ein 55-jähriger Zuhörer ums Leben. In der Nacht zum Sonntag tötete offensichtlich derselbe Angreifer einen jüdischen Sicherheitsmann vor der Kopenhagener Hauptsynagoge. Der mutmaßliche Attentäter starb am Sonntagmorgen bei einem Schusswechsel mit der Polizei.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster

Reuters/Lisi Niesner

Zentralratspräsident Josef Schuster: „Der Terror ist in Europa angekommen“

Die Berliner Direktorin des American Jewish Committee (AJC), Deidre Berger, sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ zu den Sicherheitskonzepten für jüdische Einrichtungen: „Wir wollen kein jüdisches Leben hinter Mauern, aber wir müssen zugleich unsere Sicherheit schützen“. Es sei aber vor allem wichtig, „dass überhaupt anerkannt wird, dass das jüdische Leben in Europa gerade gefährdet ist.“

Schändung eines jüdischen Friedhofs in Frankreich

Nach den Grabschändungen auf einem jüdischen Friedhof im Osten Frankreichs appellierte der französische Regierungschef Manuel Valls an die jüdischen Bürger, im Land zu bleiben. „Unsere Botschaft an die französischen Juden lautet: Frankreich ist verletzt wie Sie, und Frankreich möchte nicht, dass Sie gehen“, sagte Valls am Montag dem Rundfunksender RTL.

Nach Angaben aus Ermittlerkreisen wurden am Sonntag etwa drei Viertel der insgesamt 400 Gräber auf dem jüdischen Friedhof in Sarre-Union geschändet. Der Friedhof war bereits in der Vergangenheit Ziel von Grabschändern gewesen. 1988 wurden rund 60 Stelen umgeworfen, im Jahr 2001 wurden 54 Gräber verwüstet.

Netanyahu ruft Juden nach Israel

Der israelische Regierungschef Benjamin Netanyahu lud am Sonntag Europas Juden angesichts der jüngsten antisemistischen Straftaten, nach Israel auszuwandern. Er reagierte damit auf die Anschläge auf ein Kulturzentrum und die Synagoge in Kopenhagen und die Grabschändungen in Frankreich. In den vergangenen Jahren haben judenfeindliche Angriffe in Frankreich deutlich zugenommen, im Jahr 2014 wurden gar doppelt so viele antisemitische Straftaten wie im Vorjahr registriert.

Valls äußerte Bedauern über den Aufruf Netanyahus an die europäischen Juden, nach Israel zu emigrieren. „Die französischen Juden gehören nach Frankreich“, sagte er.

religion.ORF.at/AFP/APA

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