KAICIID-Programm befasst sich mit Nigeria

Im Rahmen eines KAICIID-Programms bewertete eine Ordensschwester aus Nigeria die Arbeit des Wiener König Abdullah Zentrums für interreligiösen Dialog (KAICIID) als Forum für den Austausch von Erfahrungen positiv.

Die Generalsekretärin des Interreligious Dialogue Office der Erzdiözese Abuja, Agathe Chikelue nahm in der Bundeshauptstadt am „International Fellows Programme“ des König-Abdullah-Dialogzentrums KAICIID teil und äußerte sich in einem Gespräch mit „Kathpress“.

Beispiele für interreligiösen Dialog in Nigeria

Ohne das gewichtige und mäßigende Wort des nigerianischen Kardinals John Onaiyekan und dessen versöhnende Gesten gegenüber den Muslimen wäre der Konflikt in Nigeria in noch viel größerem Ausmaß eskaliert, ist Chikelue überzeugt. Sie betonte, dass in Kardinal Onaiyekans Erzdiözese Abuja der Dialog weiterhin im Zentrum stehe. Während des Ramadan besuche der Kardinal jeden Abend eine andere Moschee und nehme dort am Fastenbrechen teil. Dies habe er auch an Tagen so gehalten, als wegen Boko-Haram-Bombenattentaten viele nach Rache gerufen hätten. Viele Muslime seien deshalb vom Kardinal tief beeindruckt, berichtete die Schwester.

Als zentrale Aufgabe der Friedensbildung sieht sie die interreligiöse Jugend- und Frauenarbeit. Es gelte immer zu bedenken, dass auch Boko-Haram-Dschihadisten „eine Mutter haben, Brüder haben, Schwestern haben“. Diese zu erreichen, könne manchmal etwas bewirken.

Muslimisch-christliches Frauennetzwerk

Chiklelue berichtete auch über die Tätigkeit ihrer kirchlichen Einrichtung und über die Schulung von Wahlhelferinnen durch das neue christlich-muslimische Frauennetzwerk „Women of Faith Peacebuilding Network Nigeria“ (WOPFN). Onaiyekans Stimme hat in der Kirche Afrikas großes Gewicht.

Laut Chikelue sind die meisten Beobachter davon überzeugt, dass die bevorstehenden Präsidentschafts- und Parlamentswahlen nicht gewaltfrei über die Bühne gehen werden. Die Schulung der Frauen als Wahlhelferinnen und Multiplikatorinnen für das Anliegen der Gewaltfreiheit sei deshalb aktuell sehr wichtig.

Nigeria: Politisch und geografisch gespalten

Die Präsidenten- und Parlamentswahlen in Nigeria waren vor kurzem von Mitte Februar auf 28. März verschoben worden. Offizieller Grund sind die jüngsten Angriffe durch die islamistische Terrormiliz Boko Haram; Kritiker sehen in der Verschiebung allerdings ein Manöver von Präsident Goodluck Jonathan und seiner regierenden Demokratischen Volkspartei (People’s Democratic Party/PDP). Sein Hauptkonkurrent Mohammadu Buhari vom Oppositionsbündnis All Progressives Congress (APD) hatte zuletzt in Umfragen zugelegt.

Bereits bei den letzten Wahlen 2011 war die politisch-geografische Spaltung des 160 Millionen Einwohner zählenden Landes offensichtlich geworden: Der mehrheitlich christliche Süden wählte fast geschlossen Jonathan, einen Christen aus dem Süden; der mehrheitlich muslimische Norden wählte fast geschlossen Exmilitärdiktator Buhari, einen Muslim aus dem Norden.

Chikelue sieht in der Gier der politischen Klasse einen wichtigen Grund für den Aufstieg von Boko Haram. Nigeria sei ein rohstoffreiches Land - der sechstgrößte Ölexporteur der Welt. Riesige Summen aus dem Geschäft flössen in die Taschen der Politiker. Im Land selbst wachse aber die Kluft zwischen Arm und Reich, dazu komme die chronische „bad governance“ auf allen Ebenen.

Keine guten Vorbilder für die Jugend

„Das sehen die Jugendlichen. Sie haben keine Jobs und keine Zukunft. Sie fallen auf irgendwelche Verführer herein und radikalisieren sich“, so die Ordensfrau. Auch der traditionelle Islam könne den Jugendlichen nichts bieten. Denn dieser baue auf einem tief in die vorkoloniale Zeit zurückreichendem Klientel-System mit mächtigen, in Saus und Braus lebenden Sultanen, Emiren und Kalifen auf.

Die Gewalt selbst dürfe auch nicht ausschließlich auf der muslimischen Seite verortet werden, warnte Sr. Chikelue. Es gebe insbesondere im Spektrum der pentekostalen Freikirchen viele radikal islamfeindliche, gewaltbereite Gruppen. Dieses Problem habe auch im Nigerianischen Kirchenrat (Christian Association of Nigeria/CAN) zu Veränderungen geführt. Seit Kardinal Oniyekan nicht mehr Präsident sei, gebe es im CAN eine Abwendung vom Dialog.

Vatikan-Ratsmitarbeiter: KAICIID „vorzeigbare Qualität“

Positiv über die Arbeit des KAICIID äußerte sich auch der Wiener Diözesanpriester und Mitarbeiter des vatikanischen Rates für den Interreligiösen Dialog, Michael Weninger. Das KAICIID sei ein „Schössling“ mit „vorzeigbarer Qualität“, so Weninger in der aktuellen Ausgabe der Wiener diözesanen Wochenzeitung „Der Sonntag“. Es sei mit der Einrichtung zum ersten Mal gelungen, „eine auf völkerrechtlicher Grundlage gebildete und völkerrechtlichen Prinzipien verpflichtete Organisation ins Leben zum rufen, die sich ausschließlich dem interreligiösen und -kulturellen Dialog widmet“, hob der Priester und Diplomat hervor.

religion.ORF.at/KAP

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