Papst erhebt Armenier zum Kirchenlehrer

Anlässlich des Gedenkens an den Armenier-Genozid von 1915 bestätigte Papst Franziskus die Erhebung des heiligen Gregor von Narek als Kirchenlehrer. Sein Gedenktag ist der 27. Februar.

Gregor war ein armenischer Mönch, Mystiker und Schriftsteller, der um 950 in der Stadt Andzevatsik im damaligen Königreich Vaspurakan - heute in der türkischen Region Ostanatolien gelegen - geboren wurde. Seine Lebenszeit fiel in eine noch ruhige Epoche Armeniens kurz vor den türkischen und mongolischen Invasionen, in dem das Land eine Hochblüte in der Literatur, Malkunst, Architektur und Theologie erfuhr.

Gregors Vater Khosrov war später Bischof und Verfasser des ersten Kommentars über die göttliche Liturgie der armenischen Kirche, seine früh verstorbene Mutter Anania Vartabed war Äbtissin des Nonnenklosters von Narek. Wie seine beiden Brüder, wurde Gregor schon im frühen Jugendalter Mönch und mit 25 Jahren Priester. Er lehrte an der Klosterschule von Narekavank bei Narek und verfasste bedeutende Schriften aus den Bereichen Musik, Astronomie, Geometrie, Mathematik, Literatur und Theologie.

Gregors Texte weit verbreitet

Sein erstes Werk war ein Kommentar zum Hohelied Salomons, den ein armenischer Prinz bei ihm in Auftrag gegeben hatte. Trotz Gregors Einwand, er sei zu jung für diese Aufgabe, erlangte der Text Berühmtheit für seine Klarheit in Sprache und Denkweise sowie der ausgezeichneten theologischen Aufbereitung.

Kirchenlehrer

Als Kirchenlehrer verehrt die katholische Kirche Heilige, die eine herausragende Bedeutung für die Glaubenslehre haben. Insgesamt gibt es bislang 35 Kirchenlehrer. Aus dem deutschen Sprachraum kommen außer Hildegard von Bingen (1098-1179), Albertus Magnus (um 1200-1280) sowie der Jesuit Petrus Canisius (1521-1597).

Auch Gregors Briefe, liturgische Gesänge („Scharagane“), Lieder und Predigten fanden weithin Verbreitung. Viele der von ihm verfassten Gebete haben Eingang in den armenischen Messritus gefunden. Auch der katholische Weltkatechismus beruft sich auf Gregor, wenn er in der Erklärung des „Ave Maria“- und des Rosenkranz-Gebetes auf Parallelen in dessen Hymnen und Volksliedern an die Gottesmutter Maria verweist.

Als Meisterwerk des Mystikers gilt sein Buch der Klagelieder, eine auch als „Narek“ bekannte Sammlung von 95 Gebeten, von denen jedes den Titel „Sprechen mit Gott aus der Tiefe des Herzens“ trägt. Zentrales Thema des Werkes, das Gregor selbst als „Enzyklopädie von Gebeten für alle Nationen“ nannte, ist die Trennung des Menschen von Gott und seine Sehnsucht nach einer Wiedervereinigung. Nach Erfindung des Buchdrucks wurden die Klagelieder erstmals 1673 in Marseille aufgelegt. Seither wurden sie in über 30 Sprachen übersetzt und werden bis heute von gläubigen Armeniern gelesen.

Gedenken an die Opfer des Genozids in Armenien

Die Bekanntgabe von Gregors Erhebung zum Kirchenlehrer kommt im Vorfeld der 100-Jahres-Gedenkfeiern des Beginns des Armenier-Genozids. In deren Rahmen werden die Opfer der 1915 gestarteten Massenmorde im damaligen Osmanischen Reich von der Führung der Armenisch-Apostolischen Kirche am 24. April in Etschmiadzin heiliggesprochen.

Papst Franziskus bestätigte die Erhebung Gregors zum „Doktor der Universalkirche“ am Samstag vor seiner Abreise nach Aricca zu den Fastenexerzitien der Kurie. Das entsprechende Dekret werde in Kürze veröffentlicht teilte der Vatikan mit. Am 12. April feiert Franziskus im Petersdom mit den armenisch-katholischen Bischöfen einen Gedenkgottesdienst im Armenischen Ritus.

Gregor starb um 1005 in Narek. Sein Gedenktag ist am 27. Februar, zudem feiert ihn die armenische Kirche mit einem liturgischen Fest im Oktober.

religion.ORF.at/KAP