Franziskus kündigt Heiliges Jahr an

Papst Franziskus kündigt am zweiten Jahrestag seines Potifikats ein Heiliges Jahr an. Unter dem Titel „Jubiläum der Barmherzigkeit“, sollen ab Dezember Katholiken nach Rom pilgern und Barmherzigkeit im Alltag praktizieren.

Den zweiten Jahrestag seiner Wahl hat Papst Franziskus mit einer Überraschung begangen: Das katholische Kirchenoberhaupt kündigte am Freitag, während eines Bußgottesdienstes im Petersdom, ein „Heiliges Jahr“ an. Am 8. Dezember soll das sogenannte „Jubiläum der Barmherzigkeit“ beginnen und am 20. November 2016 enden. Das Jahr solle der Kirche helfen ihre Mission, Zeuge der Barmherzigkeit zu sein, noch überzeugender zu erfüllen, erklärte Franziskus in seiner Predigt.

Papst Franziskus kündigt das "Heiliges Jahr" 2015/16 an.

EPA/Maurizio Brambatti

In seiner Predigt kündigt Papst Franziskus am 13. März das Heilige Jahr 2015/16 als „Jubiläum der Barmherzigkeit“ an

Konzilsgedenken

Es sei kein Zufall, dass das Jahr ausgerechnet am 8. Dezember, genau 50 Jahre nach dem Abschluss des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) beginnt, heißt es in einer ergänzenden Mitteilung des Vatikan. Das Heilige Jahr sei auch eine „Einladung, das mit dem Konzil begonnene Werk fortzusetzen“. Der Papst würde nicht müde darauf hinzuweisen, dass wichtige Anliegen des Zweiten Vatikanums noch nicht verwirklicht seien.

Ein „Heiliges Jahr“ gilt als Massenveranstaltung. Es lebt von der Mobilisierungskraft der kirchlichen Aktivisten, Bewegungen und Vereine, vor allem aber lebt es von der Volksfrömmigkeit, schreibt Kathpress, die katholische Nachrichtenagentur in Österreich. Angesprochen seien da die einfachen Gläubigen, jene also, unter denen der Papst offensichtlich den stärksten Rückhalt hat. Ob es Franziskus allerdings gelingt, an den Erfolg des Heiligen Jahrs 2000 mit 25 Millionen Besuchern anzuknüpfen, bleibt abzuwarten, spekuliert Kathpress.

Rückenwind für Reformprogramm

Katholiken sind in einem Heiligen Jahr mehr als sonst aufgerufen, nach Rom zu pilgern und in den dortigen Hauptkirchen Gottesdienst zu feiern und zu beten, so Radio Vatikan. Auf Diskussionsplattformen wird bereits darüber gemutmaßt, ob dem Papst damit vorschwebe, die bislang eher akademische Debatte über das Konzil auf diese Weise neu zu erden und von den Studierstuben in die Pfarren zu holen. Vielleicht, so spekulieren Beobachter, will er ja die Massen mobilisieren, um in Rom Rückenwind für sein Reformprogramm zu bekommen, das durchaus von Beginn an unter der Flagge der Barmherzigkeit segelt.

Die Debatte über das Zweite Vatikanische Konzil hatte sich unter Benedikt XVI. vor allem auf die Frage konzentriert, ob das Konzil mehr als Bruch mit der kirchlichen Tradition oder in Kontinuität zu ihr gesehen werden muss. Für Franziskus sind offenbar andere Punkte wichtiger. Auffallend oft spricht er vom „Glaubenssinn“ der einfachen Katholiken, davon, dass sie manchmal besser verstehen, worum es eigentlich in der christlichen Botschaft geht, als Bischöfe, Priester und Theologen.

Ein Heiliges Jahr lebt auch von seinen Zeremonien und Ritualen. Das bekannteste ist die Öffnung der sogenannten Heiligen Pforte des Petersdoms zu Beginn. Zuletzt ging Johannes Paul II. allerdings nicht mehr mit dem Hammer zu Werke, um die Mauer vor dem Bronzetor aufzubrechen, wie das zuvor üblich war. Seinem Vorgänger Paul VI. wären 1974 beinahe einige Ziegel auf den Kopf gefallen. Wie das Programm des bevorstehenden Jahres konkret aussehen wird, bleibt einstweilen noch offen. Im Jahr 2000 empfing Johannes Paul II. nahezu jeden Sonntag eine andere Gruppe von Gläubigen: mal katholische Landwirte, mal katholische Polizisten und mal katholische Parlamentarier.

1300 war erstes Heiliges Jahr

Als erstes Heiliges Jahr in der katholischen Kirche gilt das Jahr 1300. Damals gewährte Papst Bonifaz VIII. erstmals einen besonderen vollständigen Ablass für Rom-Pilger. Dieser sollte zunächst alle 100 Jahre wiederholt werden. Seit 1450 wird es alle 25 Jahre begangen. Bislang gab es 26 Heilige Jahre. Bis heute fiel das Heilige Jahr nur zweimal aus: 1800 und 1850. Grund waren politische Turbulenzen. Das letzte reguläre Heilige Jahr hatte Papst Johannes Paul II. für das Jahr 2000/01 ausgerufen. Es gab aber auch einige außerordentliche Jubiläumsjahre, wie etwa 2008/09 unter Papst Benedikt XVI..

Geplanter Termin für das nächste „reguläre“ Heilige Jahr wäre eigentlich 2025 gewesen. Papst Franziskus ist aber mittlerweile für Änderungen bekannt und so ist nun 2015/16 als neues Datum fixiert. Auch die revolutionär anmutenden biblischen Ursprünge des Heiligen Jahres scheinen zum Kapitalismus-Kritiker Franziskus zu passen. Die Juden begingen nach biblischem Zeugnis alle 50 Jahre ein sogenanntes Jubeljahr. Dann sollten Schulden erlassen und Sklaven auf freien Fuß gesetzt werden.

religion.ORF.at/KAP

Mehr dazu:

Ecken und Kanten: Zwei Jahre Franziskus
(religion.ORF.at; 13.3.2015)

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