Primas von Belgien in Missbrauchsfall verurteilt

Der Primas der katholischen Kirche in Belgien, Andre-Joseph Leonard, ist wegen seiner Untätigkeit in einem Missbrauchsfall zu einer Geldstrafe von 10.000 Euro verurteilt worden.

Der Erzbischof von Brüssel muss einem ehemaligen Mitglied eines Kinderchors 10.000 Euro zahlen, wie ein Gericht in Lüttich am Donnerstag entschied. Leonard habe es versäumt, nach Bekanntwerden der Vorwürfe Maßnahmen gegen einen pädophilen Priester einzuleiten, zitierte die Zeitung „Le Soir“ aus der Urteilsbegründung.

Der heute 42 Jahre alte Kläger Joel Devillet war in den Jahren 1987 bis 1991 von dem Priester Gilbert Hubermont sexuell missbraucht worden. Die ersten Taten ereigneten sich, als Devillet 14 Jahre alt war. Der Priester wurde 2003 suspendiert

Erzbischof von Brüssel und Primas von Belgien, Andre-Joseph Leonard

Reuters/Francois Lenoir

Andre-Joseph Leonard wurde wegen seiner Untätigkeit verurteilt

Als Vorgesetzter mitschuldig

1996 zeigte Devillet seinen Peiniger vor einem kircheninternen Gericht an, das ihm eine Therapie empfahl. Er wollte den Priester auch strafrechtlich belangen, die Vorwürfe wurden aber als verjährt zurückgewiesen. Daraufhin klagte Devillet vor einem Zivilgericht. Die Richter sprachen ihm schließlich eine Entschädigung zu. Auch gegen Leonard, der von 1991 bis 2010 als Bischof von Namur Vorgesetzter des pädophilen Priesters war, zog er vor Gericht.

Das Berufungsgericht in Lüttich gab dem Kläger nun Recht. Leonard sei dafür verantwortlich, dass sich der Kläger „ungerecht behandelt und alleine gelassen fühlte“, berichtete die Zeitung „La Libre Belgique“ unter Berufung auf das Urteil. Der Erzbischof sei auch schuld an den psychischen Problemen des Opfers, das deswegen arbeitsunfähig sei. Devillet bezeichnete das Urteil im Fernsehen als „große Genugtuung“. Leonard kann die Entscheidung binnen zwei Wochen anfechten.

Belgiens katholische Kirche war im Jahr 2010 von einem Missbrauchsskandal erschüttert worden. Tausende Menschen meldeten sich bei einer Untersuchungskommission und berichteten, sie seien Opfer von Missbrauch durch Kirchen-Angehörige geworden. Besonders große Erschütterung erregte der Fall des Bischofs von Brügge, Roger Vangheluwe, der zwei seiner Neffen missbraucht hatte.

religion.ORF.at/AFP

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