Erdbeben in Nepal: Dringende Appelle von NGOs

Nach dem verheerenden Erdbeben in Nepal werden die Zahl der Opfer und das Ausmaß der Schäden erst nach und nach deutlich. Hilfsorganisationen richten dringende Appelle an die internationalen Regierungen.

Angesichts der weiter steigenden Anzahl an Getöteten und Verletzten hat die Caritas Österreich die Nothilfe für die Erdbebenopfer auf 250.000 Euro aufgestockt. Insgesamt versorgt die Caritas derzeit 10.000 Familien mit Zeltplanen, Decken, Wasserreinigungstabletten und Hygieneartikeln sowie mit Lebensmittelpaketen, die Reis, Bohnen und Erdäpfel beinhalten. Ein langer Atem werde besonders für die Hilfe in den entlegenen Regionen nötig sein, kündigte Auslandshilfe-Generalsekretär Christoph Schweifer am Montag an.

Eine weinende Frau in Bhaktapur nahe Kathmandu steht vor einem Scheiterhaufen nach dem Erdbeben in Nepal

APA/EPA/Sedat Suna

Die Zahl der Toten könnte noch auf 10.000 ansteigen, sagte Nepals Ministerpräsident Sushil Koirala

Nachdem bereits am Montag eine Mitarbeiterin der Johanniter Österreich mit einem Team in Kathmandu gelandet war, sind am Dienstag auch zwei Mitarbeiter der österreichischen Caritas in Nepal angekommen. Die Lage nach dem schweren Erdbeben am Wochenende sei „sehr komplex“, sagte der Wiener Andreas Zinggl im Gespräch mit der APA. Positiv sei, dass es bisher „keinerlei Plünderungen oder Gewalt“ gegeben habe, die Bevölkerung agiere „sehr diszipliniert“.

Bevölkerung „sehr ruhig“

Die beiden Caritas-Mitarbeiter verschafften sich einen Überblick und halfen bei der Verteilung von Lebensmitteln. „Es gibt kaum eine Straße, in der nicht ein Haus oder eine Mauer eingestürzt ist“, beschrieb Zinggl. „Die Menschen haben notdürftig Planen aufgespannt, dort sitzen, schlafen und kochen sie und warten, dass sich die Situation verbessert“, erzählte der Caritas-Mitarbeiter. Dennoch erlebe er die Bevölkerung „sehr ruhig, die Menschen kommen mir gefasst vor, als würde die Verzweiflung mehr nach innen wirken“, sagte Zinggl.

„Die Krankenhäuser sind überfüllt, die Gebäude auch teilweise eingestürzt, es wird in Zelten operiert“, schilderte der Helfer. Es gebe einen Mangel an Blutkonserven, die Menschen seien aufgerufen worden Blut zu spenden. Schulen und auch „99 Prozent“ der Geschäfte seien geschlossen, „niemand traut sich in den Häusern zu sein“. Immer wieder gebe es Aufrufe, dass die Menschen in die Gebäude zurückkehren sollen, doch dann komme es wieder zu Nachbeben. Das bisher letzte hat sich laut Zinggl um 5.00 Uhr Ortszeit ereignet. „Alle hoffen, dass es nun ruhig bleibt.“

Probleme mit Trinkwasserversorgung

Die Nächte sind „kalt und nass“. Dennoch seien viele Menschen lieber draußen auf der Straße. Probleme gibt es auch mit der Trinkwasserversorgung, nachdem das Leitungsnetz durch die Stromausfälle in Mitleidenschaft gezogen wurde, schilderte der Caritas-Helfer.

Wie es in vielen Dörfern aussehe, sei nach wie vor unklar, da viele Kommunikationsleitungen zusammengebrochen sind. Die Caritas-Mitarbeiter planen, in den nächsten Tagen in Dörfer außerhalb von Kathmandu zu gelangen. Zinggl rechnete damit, dass die Opferzahlen noch stark in die Höhe gehen werden. „Das wichtigste ist, dass wir der Bevölkerung Notunterkünfte zur Verfügung stellen“, sagte Zinggl. Denn langsam beginne die Regenzeit, „heute hat es bereits mehrmals geregnet“. Am Dienstag seien bereits Planen und Zubehör für 10.000 Familien geliefert worden, diese sollen in den kommenden Tagen verteilt werden.

Kirchliche Hilfswerke im Einsatz

Einen dramatischen Hilferuf richten die Mitarbeiter der Care and Development Organization (CDO) in Kathmandu (Nepal), Projektpartner von Missio (Päpstliche Missionswerke in Österreich), an Österreich: „Wir brauchen Eure Hilfe und Euer Gebet“, so die Projektverantwortliche Arati Basnet und ergänzt: „Wir tun unser Bestes und versuchen so viele Menschen wie möglich medizinisch zu betreuen. Leider sind viele gestorben.“

Zurzeit kümmerten sich alle CDO-Mitarbeiter rund um die Uhr um die Erdbebenopfer, wie es in einer Aussendung vom Dienstag heißt. Nachbeben erschweren die Hilfe. Auch der Mary Knoll Ordenspriester Father Joe Thaler, der das Hilfswerk CDO mit aufbaute, ist im Dauereinsatz: „Am dringendsten benötigen wir Medikamente, Zelte, Decken, Lebensmittel und Wasser. Mittel- und langfristig ist es wichtig, die Häuser zumindest teilweise wieder aufzubauen.“

Hilfe für ärmstes Land Südasiens

Missio stellt den Menschen in Nepal über den kirchlichen Projektpartner CDO 20.000 Euro als Soforthilfe zur Verfügung. „Fast eine Million Kinder benötigt dringend Hilfe, es geht für Zehntausende ums Überleben. Als ärmstes Land Südasiens ist Nepal auf unsere Unterstützung angewiesen. Bitte helfen Sie uns helfen“, so Monsignore Leo-M. Maasburg, Nationaldirektor von Missio.

Hilfeleistungen der Care and Development Organization (CDO) nach dem Erdbeben in Nepal

CDO

Der Missio-Projektpartner CDO leistet Hilfe vor Ort

„Die Care and Development Organization (CDO) leistet als unser Projektpartner seit vielen Jahren in und um Kathmandu ausgezeichnete Hilfe und genießt das Vertrauen der einheimischen Bevölkerung; deshalb können die CDO-Mitarbeiter seit Beginn der Katastrophe effektiv helfen und die Menschen medizinisch betreuen“, so Maasburg. Auch Partner der evangelischen „Diakonie Katastrophenhilfe“ und andere Hilfsorganisationen sind vor Ort im Einsatz.

Hunderttausende auf der Flucht

Das Erdbeben der Stärke 7.8 mit dem Epizentrum nahe der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu hatte am Samstag schwere Zerstörungen in weiten Teilen des Landes verursacht. Offiziellen Angaben zufolge ist es das schwerste Erdbeben, das die Region seit 81 Jahren erschüttert hat. Die Zahl der Todesopfer könnte auf 10.000 steigen, wie der nepalesische Ministerpräsident Sushil Koirala am Dienstag sagte.

Die rund eine Million Menschen beherbergende Hauptstadt Kathmandu liegt über weite Teile in Trümmern. Hunderttausende Menschen haben Nepals Hauptstadt Kathmandu verlassen. Bisher seien eine Viertelmillion Menschen gezählt worden, sagte ein Sprecher des Transportministeriums am Dienstag in Kathmandu. Sie seien auf der Suche nach Nahrung und Wasser, sagte Philips Ewert, Einsatzleiter der Hilfsorganisation World Vision vor Ort. Außerdem wollten die Menschen wissen, wie es ihren Angehörigen und Häusern auf dem Land gehe. Laut Zensusdaten aus dem Jahr 2011 leben in Kathmandu etwa 1,7 Millionen Menschen. Im ganzen Land sind es 26 Millionen.

Nicht zum ersten Mal treffe eine Naturkatastrophe ein ohnehin schon leidgeprüftes Land, heißt es in der Missio-Aussendung. Jeder vierte Nepalese lebe in extremer Armut, fast ein Fünftel der Bevölkerung leide an Unterernährung. 40 Prozent der Erwachsenen könnten nicht lesen und schreiben. Die zerstörte Infrastruktur erschwere die Hilfe, es drohe der Ausbruch von Seuchen. Die verfügbare medizinische Unterstützung reiche nicht aus.

Dalai Lama will spenden

Am Montag drückte der Dalai Lama seine Anteilnahme in einem Brief an den nepalesischen Premierminister Sushil Koirala aus: „Ich spreche Ihnen und den Menschen, die Familienmitglieder, Freunde und ihr Zuhause bei dieser Tragödie verloren haben, mein Beileid aus.“

Das geistige Oberhaupt der buddhistischen Tibeter führte in der Erklärung auf seiner Homepage weiter aus: „Die Völker Nepals und Tibets waren immer schon Nachbarn. Viele tibetische Flüchtlinge leben in Nepal.“ Der Dalai Lama kündigte an, für die Opfer auch spenden zu wollen.

religion.ORF.at/APA/dpa

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