Gedenken: Verneigung vor Überlebenden

Mit einem Festakt im Bundeskanzleramt hat die Regierung Freitagmittag der Befreiung vom Nationalsozialismus und des Endes des Zweiten Weltkrieges in Europa gedacht.

„Wir verneigen uns heute vor all jenen, die Österreich befreit haben“ und vor allen Österreichern, die vom Nationalsozialismus verfolgt wurden, erklärte Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) in seiner Ansprache.

In dem Staatsakt, an dem die Holocaust-Überlebenden Käthe Sasso, Marko Feingold und Rudolf Gelbard teilnahmen, wurde auch an die lange fehlende Aufarbeitung erinnert. Mit seiner Erzählung ließ der Zeitzeuge und KZ-Überlebende Marko Feingold die Gäste des Festakts an seinen Erinnerungen teilhaben. Er war in mehreren Konzentrationslagern und wurde aus Buchenwald schließlich am 11. April 1945 von amerikanischen Truppen befreit.

Die Zeitzeugen Käthe Sasso und Marco Feingold vor Beginn des Staatsaktes anlässlich des 70. Gedenktages zur Beendigung des Zweiten Weltkrieges

APA/Roland Schlager

Die Zeitzeugen Käthe Sasso und Marco Feingold vor Beginn des Staatsaktes

„Wieder Menschen geworden“

Er betonte in seiner Gedenkrede, dass es sich um keine „Selbstbefreiung“ gehandelt habe. Im KZ Buchenwald seien 500 Österreicher untergebracht gewesen, so Feingold, der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde in Salzburg ist: „Täglich wurde die Population im Lager kleiner und kleiner.“ Nach qualvollen Jahren, in denen man morgens nicht gewusst habe, ob man am Abend noch lebt, sei schließlich die Befreiung gekommen. Nun konnte man sich frei bewegen, bekam mehr zu essen: „Wir waren nicht mehr Nummern oder Juden, sondern wir waren wieder Menschen geworden.“

Bereits am Donnerstag hatte Faymann Feingold und zwei weitere Überlebende des Holocaust in seinem Amtssitz empfangen. Nach dem rund einstündigen Gespräch am Donnerstag zollte er Sasso, Feingold und Gelbard Respekt, dass diese in Schulen und bei Veranstaltungen „nicht müde werden, auf eine dunkle Epoche aufmerksam zu machen“.

IKG für „Neuausrichtung der Gedenkkultur“

Zum Gedenken an das Kriegsende und die Befreiung Österreichs vor 70 Jahren hat die Israelitischen Kultusgemeinde am Freitag in einer Aussendung zu einer „Neuausrichtung der Gedenkkultur“ aufgerufen. „Der 8. Mai 2015 ist zu einem Tag geworden, an dem man das Fest der Freude feiert“, so der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch in der Presseaussendung. Es sei nun ein Tag, am dem man „nicht mehr am Heldenplatz, wie Ewiggestrige, die Niederlage der Nationalsozialisten bedauert, sondern der Befreiung“ gedenke.

Wäre sie früher erfolgt, hätte es weniger Ermordete in den Konzentrationslagern, weniger zivile Tote und weniger Gefallene gegeben. Jene Wehrmachtsoldaten, derer man hier früher gedacht hat, haben geholfen, das Morden zu verlängern", so Deutsch.

Appell zu Neugestaltung der Krypta

„Ich appelliere an dieser Stelle auch hinsichtlich der Neugestaltung der Krypta, der bestenfalls musealer Charakter zukommen kann, sowie des Weiheraumes am Äußeren Burgtor bald zu einer Lösung zu kommen. Im Weiheraum sollte nicht nur der politisch Verfolgten, der Widerstandskämpfer und Partisanen, sondern auch der in den Konzentrationslagern Ermordeten gedacht werden. Das sollte der Ort sein, an dem künftig in- und ausländische Politiker Kränze niederlegen“, schreibt der IKG-Präsident.

religion.ORF.at

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