Entrückt: Himmelfahrten und Himmelsreisen

Am Donnerstag feiern Christen Christi Himmelfahrt, am 16. Mai gedenken Muslime der Himmelsreise ihres Propheten Mohammed. Himmelfahrten und Himmelsreisen kennen die meisten Religionen und Kulturen.

40 Tage nach dem Ostersonntag wird von Christen seit dem vierten Jahrhundert Christi Himmelfahrt gefeiert - die leibliche Aufnahme Jesu in den Himmel - nach christlicher Vorstellung in die Ewigkeit Gottes, nachdem er gestorben und wieder auferstanden war. Von der Himmelfahrt des Jesus von Nazareth berichten das neutestamentliche Lukas-Evangelium sowie die Apostelgeschichte. Demnach habe Jesus nach seiner Auferstehung immer wieder mit seinen Jüngern gesprochen, am 40. Tag sei er dann vor ihren Augen emporgehoben und von einer Wolke aufgenommen worden.(Lukasevangelium 24, 51; Apostelgeschichte 1, 9).

„Mit Haut und Haaren“ in den Himmel

Bei einer Himmelfahrt bleibe kein Leichnam, kein Rückstand auf der Erde zurück - man werde „mit Haut und Haaren“ in den Himmel entrückt, erklärt dazu Franz Winter, Religionswissenschaftler an der Universität Wien, gegenüber Ö1. Und eine Himmelfahrt sei etwas Definitives, etwas Abschließendes, so Winter. Jesus sei zu einem Teil der göttlichen Welt geworden, sagt der Bibelwissenschaftler Martin Stowasser in der Ö1 Sendung „Erfüllte Zeit“. Christen feiern auch die leibliche Aufnahme Marias in den Himmel - Mariä Himmelfahrt.

Eine der ältesten Darstellungen der Himmelfahrt als Elfenbeinrelief, Mailand oder Rom um 400, die sogenannte „Reidersche Tafel"

Public Domain

Eine der ältesten Darstellungen der Himmelfahrt als Elfenbeinrelief um 400, die sogenannte „Reidersche Tafel"

Einmal Himmel und zurück

Anders verhält es sich mit Himmelsreisen, wie sie etwa Prophet Mohammed, Stifter des Islam, erlebt haben soll. Dabei kommt die Person nach ihrer „Schau“ wieder zurück zur Erde - wo sie dann auch über das Erlebte berichten kann. Mohammed ist Carla Amina Baghajati, Sprecherin der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, zufolge real, sowohl physisch als auch psychisch in den Himmel aufgestiegen. Er soll dabei nachts von der „heiligen Kultstätte“ in Mekka nach der „fernen Kultstätte“ in Jerusalem transferiert, und von dort aufgestiegen sein (Koran, Sure 17,1).

Sendungshinweis

Erfüllte Zeit
Donnerstag, 14.5.2015, 7.05 Uhr, Ö1

Charakteristisch für Himmelsreisen ist der Kontakt mit hohen religiösen Instanzen oder dem Göttlichen selbst. So seien etwa die fünf rituellen Pflichtgebete des Islam während Mohammeds Himmelsreise festgelegt worden, so Baghajati in der Ö1 Sendung „Erfüllte Zeit“. Der Überlieferung nach war Mohammed nur durch einen Schleier von Gott getrennt.

Persische Miniaturmalerei aus dem 16. Jahrhundert mit dem  Aufstieg Mohammeds  in den Himmel

Public Domain

Persische Miniaturmalerei aus dem 16. Jahrhundert mit dem Aufstieg Mohammeds in den Himmel

Entrückungen in allen Religionen und Kulturen

Vorstellungen von Entrückungen oder Himmelsreisen gab quer durch die Zeiten, so auch in griechisch-hellenistischer, berichtet Stowasser. Eine Himmelfahrt beziehungsweise Entrückung eines Menschen habe dort eine Vergöttlichung desselben bedeutet. Auch das Alte Testament führt Himmelfahrten an. Dem biblische Bericht zufolge soll der Prophet Elias in einem feurigen Wagen zum Himmel aufgefahren sein (2. Könige 2,11). Das Alte Testament beschreibt auch die Himmelsreise des Henoch im Buch Genesis (5,24).

Himmelfahrten kannten aber auch schon die Ägypter mehr als 2.000 Jahre vor unserer Zeitrechnung - sie war allerdings den Pharaonen vorbehalten. Für einen Pharao war sein Tod der Ausgangspunkt für seine Himmelsreise und damit seiner Unsterblichkeit. In der Vorstellung der alten Ägypter wurde aus dem Tod das Leben geboren. Daher wurden Pharaonen mumifiziert und entsprechend präpariert, damit sie der Sonnengott Re aufnehmen, am Sternenhimmel untergehen und im Lichtland wieder aufgehen lassen sollte.

Himmel mit Wolken

REUTERS/Andy Clark

Von Himmelsreisen kehrt die Person zurück - von Himmelfahrten nicht

Besonders in östlichen Religionen und schamanischen Traditionen kennt man Himmelsreisen, die entweder durch göttliche Gnade, besondere persönliche und spirituelle Fähigkeiten oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten Familie möglich werden. Hierbei, so Winter, trenne sich die Person von ihrem Körper - sie realisiere einen „Astralleib“, mit dem sie „reise“. Dabei existiere vor allem im sibirischen Raum das Konzept von drei Welten: einer oberen, einer mittleren - „unserer“ - und einer unteren, erläutert der Religionswissenschaftler. Wobei diese Welten nicht sehr voneinander unterschieden gedacht würden, sagt Winter.

Nina Goldmann, religion.ORF.at

Link: