Erdogan vergleicht türkisches Religionsamt mit Vatikan

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will das staatliche Religionsamt der Türkei (Diyanet) weiter aufwerten und hat dessen Chef am Dienstag gewissermaßen mit dem Papst verglichen.

Der Leiter der Behörde, Mehmet Görmez, solle künftig bei Auslandsreisen auf Regierungsflugzeuge zurückgreifen können, sagte Erdogan am Dienstagabend in einem Interview mit dem türkischen Nachrichtensender NTV. Der Vatikan benutze ja schließlich auch keine Linienflüge, so Erdogan. Papst Franziskus ist das religiöse Oberhaupt von mehr als 1,2 Milliarden Katholiken weltweit. Für Reisen chartert der Vatikan gewöhnlich eine Maschine der italienischen Fluggesellschaft Alitalia.

Unfehlbare Religionsbehörde?

Das türkische Religionsamt war zuletzt wegen eines teuren Dienstwagens für Behördenleiter Görmez in die Schlagzeilen geraten. Erdogan sagte mit Blick auf den Wirbel um Görmez’ Dienstwagen, ein Auto für umgerechnet 100.000 Euro gelte heutzutage nicht mehr als Luxuskarosse. Dem Religionsamt komme in der zu 99 Prozent muslimischen Türkei zudem großes Prestige zu. Beleidigungen oder Respektlosigkeiten gegenüber der Behörde seien deshalb nicht hinnehmbar, sagte der Präsident.

Der Chef der türkischen Religionsbehörde, Mehmet Görmez

APA/Herbert Pfarrhofer

Mehmet Görmez, Leiter der Religionsbehörde Diyanet

Görmez sei nicht nur das geistige Oberhaupt der türkischen Muslime, sondern ein in der ganzen islamischen Welt respektierter religiöser Führer. Etwas anders dürfte das die oppositionelle Kurdenpartei HDP sehen: Im derzeitigen Wahlkampf vor der Parlamentswahl am 7. Juni fordert sie die Abschaffung des Religionsamtes.

Ohne Mercedes ins Paradies

HDP-Chef Selahattin Demirtas hatte in den vergangenen Tagen mit Blick auf Görmez’ Dienstwagen gespottet, mit einem Mercedes komme man nicht ins Paradies. Görmez hatte daraufhin erklärt, er werde den neuen Dienstwagen zurückgeben, doch Erdogan ordnete die Bereitstellung eines anderen Fahrzeugs an.

Das Diyanet mit Sitz in Ankara verwaltet alle 80.000 Moscheen in der Türkei. Ungeachtet der Dienstwagen-Debatte steht es auch wegen einer angeblich einseitigen Politik zugunsten der sunnitischen Mehrheit in der Kritik. Diyanet entsendete auch Imame nach Österreich, die von der Türkei finanziert werden. Das neue Islamgesetz soll das aber verunmöglichen. Görmez meldete diesbezüglich vor einigen Monaten einen „Plan B“ an. Die Türkei könne, um das Auslandsfinanzierungsverbot von Imamen zu umgehen, Söhne türkischer Einwanderer in der Türkei ausbilden.

religion.ORF.at/KAP/APA

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