Traiskirchen-Leak: Flüchtlinge schicken Bilder
Seit Tagen hört man von Menschen, die angeblich im Erstaufnahmezentrum Ost in Traiskirchen im Freien schlafen müssen - ohne Bett und ohne Matratze. Journalistische Recherchen an Ort und Stelle sind nicht erwünscht, scheint es. Vonseiten der Betreiberfirma ORS und des Innenministeriums gibt es keine Dreherlaubnis. Die Begründung dafür: „Die Menschen im Lager müssen geschützt werden.“
Dort bietet sich aber ein anderes Bild. Viele Asylwerber kommen auf das Team des ORF-Religionsmagazins „Orientierung“ zu. Sie erzählen von ihrer Flucht und von der Todesgefahr in ihrer Heimat.

ORF/Orientierung
Mit Decken versuchen sich Asylwerber vor Insekten zu schützen
Viele sind froh, endlich in Österreich, in „Sicherheit“ angekommen zu sein. Sie berichten über die Situation im Lager und laden die Journalisten ein, selbst im Inneren des Lagers zu drehen. Doch vor dem Lagertor ist Schluss mit den Dreharbeiten.
Grüne und NEOS empört über „Schande in Traiskirchen“
Die Grünen und NEOS zeigten sich am Dienstag als Reaktion auf die Bilder, die durch „Orientierung“ in Soziale Netzwerke gelangt waren, einmal mehr empört, dass im Asyllager Traiskirchen Hunderte Flüchtlinge im Freien auf dem Boden schlafen müssen. „Es muss endlich gelingen, nutzbare Bundesgebäude und Kasernen zu öffnen und mit mobilen Wohneinheiten, also bewohnbaren Containern, dieser Schande in Traiskirchen ein Ende zu setzen“, forderte die grüne Mandatarin Alev Korun.
Debatte: Warum spaltet das Asylthema so?
„Es ist wahrlich eine Schande für Österreich, dass hilfesuchende Menschen bei brütender Hitze in einem völlig überlaufenen Lager im Freien schlafen müssen. In einem Land wie Österreich darf so etwas nicht sein“, so auch NEOS-Abgeordneter Nikolaus Scherak. „Diese Bundesregierung ist rücktrittsreif.“ Am Wochenende wurden Zeltstädte in Krumpendorf am Wörthersee und in Eisenstadt errichtet, die nun nach und nach bezogen werden.
Über 1.000 Flüchtlinge in Zelten
1.080 Flüchtlinge sind derzeit - trotz brütender Hitze in Österreich - in Zelten untergebracht: Wie das Innenministerium der APA am Dienstagnachmittag mitteilte, leben 480 Menschen in Zelten in Traiskirchen, 218 auf dem Gelände der Landespolizeidirektion Oberösterreich, 219 auf dem Areal der Salzburger Landespolizeidirektion und 57 in der Zeltstadt in Thalham. In den neuesten Zelten in Krumpendorf am Wörthersee fanden bisher 45 Flüchtlinge eine Unterkunft, in jenen in Eisenstadt 61, wobei die 160 Plätze im Laufe des Tages voll werden sollen.
Fastenbrechen für 2.200 Flüchtlinge
Am Abend gehen mehr als 2.200 Flüchtlinge aus dem Lager Traiskirchen in die benachbarte Selimiye-Moschee. Dort bietet der türkisch-islamische Kulturverein Hilfe für die Menschen an. Seit Beginn des islamischen Fastenmonats Ramadan serviert der Verein zum Fastenbrechen (Iftar) - bei Sonnenuntergang - allen die kommen, Essen.
Sendungshinweis
„Orientierung“, Sonntag, 12.30 Uhr, ORF2
Rund vier Wochen lang verzichten die Gläubigen während des Ramadan ab Sonnenaufgang auf Essen, Trinken, Zigaretten und andere Genüsse. Bei Sonnenuntergang kommen sie täglich zum Fastenbrechen zusammen, in muslimischen Familien ein wichtiges gesellschaftliches Ereignis. „Hier ist das Essen viel besser als im Lager“, erzählt ein afghanischer Flüchtling über das Fastenbrechen in der Moschee. Im Lager sei das Essen auch nicht ausreichend.

ORF/Orientierung
Rund 2.250 Menschen aus dem Erstaufnahmezentrum Ost warten am Sonntag auf ein Abendessen vor der Traiskirchner Moschee
Die Flüchtlinge zeigen Fotos vom Inneren des Lagers: Menschen, die im Freien oder in Zelten auf dem Boden schlafen müssen. Seit Tagen ist das den Verantwortlichen bekannt. Passende Schlafplätze gibt es für mehr als 900 Menschen dennoch nicht.
religion.ORF.at
Link:
- „Orientierung“ (Facebook)
Mehr dazu:
- Kirche verstärkt Engagement bei Flüchtlingsquartieren (religion.ORF.at; 3.7.2015)
TV-Tipp:
- „Bilder der Schande“: Österreich und die Flüchtlinge
(Orientierung; Sonntag 12.7.2015, ORF2, 12.30 Uhr)