Heer: Kein Generalverdacht gegen muslimische Soldaten

Der Wiener Militärkommandant Brigadier Kurt Wagner hat am Dienstag die negative Kampagnisierung von Medien gegen Bundesheersoldaten muslimischen Glaubens kritisiert.

„Es gibt keinen Generalverdacht gegen muslimische Soldaten, das wäre grundfalsch“, sagte Wagner im Gespräch mit der APA. Aus seiner Sicht gebe es bei muslimischen Grundwehrdienern keine radikalen Tendenzen. Das Zusammenleben funktioniere problemlos.

Es sei vielmehr so, dass Grundwehrdiener mit Migrationshintergrund und ihre Familienangehörige bei der Angelobung „besonders stolz sind, beim Bundesheer zu sein und in der Gesellschaft angekommen zu sein“. Diese Soldaten identifizieren sich als Österreicher. „Das ist gelebte Integration“, sagte Wagner am Dienstag in Reaktion auf Zeitungsberichte über angebliche Islamisten beim Bundesheer - mehr dazu in Radikalismus-Verdacht beim Bundesheer.

Kaderpersonal speziell geschult

In Wien liegt der Anteil der Grundwehrdiener muslimischen Glaubens bei 25 Prozent, österreichweit beträgt er schätzungsweise zehn Prozent. Genaue Zahlen dazu gibt es nicht. Nach Ansicht Wagners gibt es beim Bundesheer keinerlei Probleme mit Muslimen.

Wiener Brigadier Kurt Wagner

APA/Bundesheer/Peter Lechner

Brigadier Kurt Wagner

Das Militär sei sich aber der Problematik mit Extremismus durchaus bewusst und setze zahlreiche Maßnahmen, um mögliche Gefahren abzuwenden. So werde etwa das Kaderpersonal speziell darauf geschult, Anzeichen von Extremismus, ob Gesten, Worte, Zeichen oder das allgemeine Auftreten, zu erkennen. Es gebe einen speziellen Indikatoren-Katalog. Zudem sei politische Bildung Teil der Ausbildung. Weiters gibt es in jeder Kaserne zwei Leute, die hauptberuflich für die militärische Abwehr zuständig sind. Ihre Aufgabe ist es, mögliche Gefahren rechtzeitig zu erkennen.

Die Soldaten werden auch schon bei der Stellung durchleuchtet. Sollte jemand dem Bundesheer verdächtig vorkommen, gibt es die Möglichkeit, ihn gar nicht einzuberufen. Zu den jüngst von der „Krone“ publizierten Fotos eines türkischstämmigen Grundwehrdieners, der in einer Kaserne mit seinem Sturmgewehr posiert und das ins Internet gestellt hat, merkte Wagner an, dass das natürlich verboten sei. „Aber das machen viele, das gehört für viele dazu.“ Nachdem der Bursch schon abgerüstet hat, drohen ihm keine disziplinären Maßnahmen mehr. Während seines Grundwehrdiensts sei der Mann unauffällig gewesen, so Wagner.

Bundesheer-Imam: Zeigefinger kein IS-Zeichen

Imam Abdulmedzid Sijamhodzic, der erste Imam für die islamische Militärseelsorge, hat sich am Dienstag in der Debatte um angebliche Islamisten beim Bundesheer ebenfalls zu Wort gemeldet. Sijamhodzic, der diese Funktion erst seit wenigen Tagen innehat, verurteilte im Gespräch mit der APA „jede Form der Gewalt“. Sijamhodzic erklärte zudem, dass der erhobene Zeigefinger kein Zeichen der Terrorgruppe IS sei.

Die Terroristen missbrauchten dieses Zeichen für ihre Zwecke, so der Imam, an sich werde der erhobene Zeigefinger aber von allen Muslimen verwendet. Er symbolisiere die Manifestation an den Glauben an einen einzigen Gott. Sijamhodzic betonte, dass er „jegliche Radikalisierung verurteile“ und seine Aufgabe darin sehe, den Soldaten zu erklären, „den mittleren Weg“ des Glaubens zu gehen und ihnen das „Gefühl der Loyalität zum Staat“ zu vermitteln.

Präsident Sanac: Geste als Zeichen des Glaubens

Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) sieht im erhobenen rechten Zeigefinger, mit dem Rekruten beim Bundesheer posiert haben, nicht unbedingt ein Zeichen der Terrororganisation IS. Muslime würden diese Geste jeden Tag beim Beten benutzen, nahm IGGiÖ-Präsident Fuat Sanac am Dienstag gegenüber der APA Stellung.

Beim Sprechen des Glaubensbekenntnisses würden Muslime den Finger als Zeichen des monotheistischen Glaubens erheben, erklärte Sanac. Dies könne man etwa mit dem Bekreuzigen im Christentum vergleichen.

„Nur weil die Terror-Bande des IS oder andere es auch machen, soll es kein Grund sein, es generell skeptisch zu betrachten“, meinte der IGGiÖ-Präsident und weiter: „Millionen Muslime heben ihre Hand mit dem Zeigefinger, aus Freude und Dankbarkeit, auch unsere Soldaten, wie seinerzeit die tausenden bosnischen Soldaten, die bei der Verteidigung ihres gefallen sind.“

religion.ORF.at/APA

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