Bischof: „IS-Terror will Christen aus Syrien vertreiben“

„Die verbleibenden Christen in Syrien zeigen durch ihre Präsenz Vertrauen in ihr Land - und sind damit ein rotes Tuch für die IS-Terroristen“, sagt der chaldäisch-katholische Bischof Antoine Audo gegenüber „Radio Vatikan“.

Dem weiterhin in Aleppo ausharrenden Bischof zufolge hätten Syriens Christen und Kirchen bisher nichts unversucht gelassen zur Rettung ihres Landes, das für das Christentum auch historisch enorme Bedeutung habe. „Die Christen lieben ihr Land. Aber wenn der Krieg und der Militärkonflikt weitergehen, werden viele innerhalb der nächsten Monate ihr Land verlassen“, so seine Warnung.

Bisher gutes Zusammenleben in Qaryatain möglich

Qaryatain war am Donnerstag von den IS-Terroristen erobert worden. Im Gespräch mit „Radio Vatikan“ hob der Apostolische Nuntius in Damaskus, Erzbischof Mario Zenari, das bisher sogar symbolhafte „gute Zusammenleben“ der Religionen in der Stadt hervor.

Als etwa vor fünf Jahren nach aufwändiger Renovierung die alte syrisch-katholische Klosterkirche St. Elias aus dem 6. Jahrhundert neu eingeweiht wurde, feierten auch die muslimischen Nachbarn mit. Der Prior des Klosters und Pfarrer der Stadt, Pater Jacques Mourad, wurde am 21. Mai dieses Jahres von den Terroristen entführt, ähnlich wie zuvor der italienisch-syrische Jesuitenpater Paolo Dall’Oglio - bei dem es ungewiss ist, ob er überhaupt noch lebt.

Papst Franziskus informiere sich laufend über die Lage

Papst Franziskus informiere sich ständig über die neuesten Entwicklungen in Syrien, betonte der Nuntius: "Der Papst trägt das Leiden aller Syrer und so vieler Menschen im Nahen Osten in seinem Herzen, vor allem natürlich, in Tagen wie diesen.

Er betet nicht nur, sondern er ruft auch die internationale Gemeinschaft klar zum Einschreiten auf, und wo er kann, hilft er diesen armen Menschen auch konkret."

Vorfall von Qaryatain nicht genau bekannt

Was in Qaryatain genau vor sich gegangen ist, ist derzeit noch unklar. Erste Berichte hatten davon gesprochen, dass die IS-Terroristen vorbereitete Namenslisten der zu Verhaftenden hatten und in die Kirchen des Städtchens eingedrungen seien, um ihre Opfer von dort zu verschleppen.

Der Sekretär des syrisch-orthodoxen Patriarchats, Metropolit Matta al-Khoury, erklärte im Gespräch mit „AsiaNews“, es sei schwer, mit Bewohnern von Qaryatain in Kontakt zu treten. Es sei aber sicher, dass die IS-Terroristen den Bewohnern verboten hätten, die Stadt zu verlassen. Offensichtlich wolle man sie als „menschliche Schutzschilde“ gegen Angriffe der syrischen Luftwaffe missbrauchen.

Patriarch wütend auf Westen

Die Terroristen hätten Komplizen in Qaryatain gehabt, weshalb man mit ihrer Ankunft schon länger gerechnet hatte, erklärte der syrisch-katholische Patriarch Ignatius Youssif III. Younan gegenüber Radio Vatikan.

Lebten bis vor zwei Monaten noch 300 christliche Familien in der Region, seien nach der Entführung von Pater Jacques Mourad noch 120 von ihnen verblieben. Das Schicksal von einigen von ihnen liege derzeit im Dunkeln: Mehrere Familien seien vor ein paar Tagen geflohen, aber noch in keinem Lager angekommen - „man weiß nichts von ihnen“, so der im Libanon residierende Patriarch.

„Religiöse Säuberung“

Da alle Christen und Muslime Syriens zur selben Ethnie gehören, müsse man bei den aktuellen Vorgängen von einer nicht ethnischen, sondern „religiösen Säuberung“ sprechen, erklärte Younan. Die sonst auf Menschenrechte bedachten Regierungen des Westens würden sich zynisch verhalten, zumal sie vor dieser Tatsache die Augen verschlössen. „Ihnen ist die Religionsfreiheit dieser Gemeinschaften, die über Hunderte von Jahren durch ihre Treue zum Evangelium dort durchgehalten haben, ziemlich egal.“ Im Vordergrund stünden allein wirtschaftliche Interessen. „Die denken so: Wenn die Leute es schaffen, dort zu bleiben, na gut; und wenn nicht, dann sollen sie doch über das Meer kommen!“

Vor Beginn des Krieges waren nach Angaben von „Kirche in Not“ etwa 15 Prozent der Bevölkerung Syriens Christen, darunter griechisch-orthodoxe Gläubige, katholische Melkiten und orthodoxe Armenier. Seit Beginn des Bürgerkrieges und zuletzt der IS-Angriffe sind Hunderttausende geflohen.

religion.ORF.at/KAP

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