Schönborn: Warum keine Syrien-Friedenskonferenz?

„Warum gibt es noch immer keine internationale Friedenskonferenz für Syrien?“, hat Kardinal Christoph Schönborn in seiner Kolumne in der Gratiszeitung „Heute“ (Freitag-Ausgabe) gefragt.

Angesichts von acht Millionen Syrern auf der Flucht - fünf Millionen davon im Libanon, in Jordanien und der Türkei - sei es zudem unverständlich, dass die zugesagten Hilfsmittel für die Menschen in den dortigen Flüchtlingslagern gekürzt statt aufgestockt worden sind, so der Wiener Erzbischof in der Gratis-Tageszeitung.

„Hoffnungsschimmer Europa“

Die fehlende Zukunftsperspektive in den Lagern und die fehlende Aussicht auf Frieden in Syrien seien der Grund dafür, dass Hunderttausende sich an den „Hoffnungsschimmer Europa“ klammerten, so der Kardinal. „Über Handys geben sie ihre Informationen weiter. Sie haben nichts zu verlieren. Sie haben schon alles verloren. Nur nicht die Hoffnung.“

Die Flüchtlinge machten gerade einmal ein Prozent der europäischen Bevölkerung aus, erinnerte der Kardinal. Ihre Not sei durchaus zu bewältigen, nicht durch Zäune und Grenzschließungen, sondern durch Hilfe vor Ort und „gerechte, solidarische Aufteilung“. Viele seien bereit, ein „menschliches Gesicht Europas“ zu zeigen, betonte Schönborn, „nur am Fehlen der Gemeinsamkeit droht die Lösung zu scheitern.“

Schaffelhofer: Keine Alternative zu solidarischem Europa

Die Präsidentin der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ), Gerda Schaffelhofer, ist ebenfalls überzeugt, dass es zu einem solidarischen Europa, das sich nun auch in der Flüchtlingsfrage bewährt, keine Alternative gibt. „Wenn wir glauben, dass wir selbst unser Nächster sind, dann ist das keine Basis für ein gemeinsames Europa.“ Wenn wir ein gemeinsames Europa haben wollen, dann könne das nur ein „Europa der offenen Arme“ sein. „Da müssen wir hin, da gibt es keine Alternative“, so Schaffelhofer wörtlich im Rahmen einer Podiumsdiskussion in Wien, die von der Eugen-Biser-Stiftung veranstaltet wurde.

Die KAÖ-Präsidentin räumte ein, dass man nicht von jedem Menschen verlangen könne, dass er Flüchtlinge beherbergt und sie bekocht. Es müsse aber jeder seine unterschiedlichen Begabungen einbringen und seinen Teil beitragen: „Diese einzelnen Mosaiksteine werden im Gesamten das Bild eines solidarischen, christlichen, offenen Europa ergeben.“ Es sei eine grenz- und konfessionsübergreifende Initiative nötig: „Es geht letztlich um den Menschen, der auf der Straße neben uns sitzt. Es kann uns nicht egal sein, wenn Menschen in Lastwägen ersticken, wenn Kinder ertrinken, wenn schwangere Frauen durchs Meer schwimmen. Das muss unsere Solidarität herausfordern.“

Zulehner: Biblische Texte verpflichten

Der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner kritisierte in diesem Zusammenhang die Haltung des ungarischen Primas Kardinals Peter Erdö, der sich seiner Meinung nach nicht deutlich genug gegen die restriktive Asyl-Politik der ungarischen Regierung gestellt hatte. Zulehner: „Es gibt biblische Texte, die uns verpflichten, Asylanten aufzunehmen.“ Er befürchte, dass hinter den zögerlichen Aussagen Erdös die Angst stehe, dass zu viele Muslime nach Ungarn kommen und diese die christliche Kultur des Landes bedrohen könnten.

Zulehner wies darauf hin, dass die Vertriebenen schwer traumatisiert seien. Ihnen dabei zu helfen, Fuß zu fassen, wäre „eines Europas wert. Dazu braucht es eine ganz konkrete und überschaubare Politik, damit die Menschen sehen: ‚Wir schaffen das.‘“ Zulehner verwies auf die Worte von Flüchtlingskoordinator Christian Konrad, der unlängst wieder gesagt habe, dass Österreich stark genug sei, dieses Problem Schritt für Schritt zu meistern. „Das ist, glaube ich, eine gute Politik.“

Herkunftsländer wieder aufbauen

Die Zielländer der Flüchtlinge hätten aber auch das Recht, zu wissen, wer kommt. Es brauche kontrollierte Verfahren zur Identifizierung jener, die tatsächlich Kriegsflüchtlinge seien. Alle anderen sollten in ihr eigenes Land zurückgehen „und es mit unserer Hilfe aufbauen“.

Die Podiumsdiskussion fand im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Kirche - Idee und Wirklichkeit“ statt. „Die Kirche befindet sich im Umbruch, die Kirche wird neu“, sagte der Theologe Hubert Philipp Weber, Sekretär des Wiener Erzbischofs Kardinal Christoph Schönborn. Die derzeit kommenden Flüchtlinge zeigten Wesentliches auf: „Die Flüchtlinge die kommen, sind Christus im Armen. Das zeigt den Gemeinden, was jetzt zu tun ist.“ Die Migration werde die Gesellschaft verändern. Muslime, aber auch Christen anderer Konfessionen würden immer mehr. Das stelle auch die Ökumene vor neue Herausforderungen, so Weber.

Der Ehrenpräsident der Eugen-Biser-Stiftung, Richard Heinzmann, sagte, Christentum realisiere sich nicht aus „Sätzen, die man glaubt, sondern in der Wirklichkeit in der man handelt, nämlich aus christlicher Nächstenliebe hier in dieser Welt“.

religion.ORF.at/KAP

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