Tirols Caritas-Chef: Wegen Flüchtlingshilfe „angeflegelt“

Auf die große Polarisierung beim Thema Asyl hat der Direktor der Caritas Innsbruck, Georg Schärmer, hingewiesen. Er werde deswegen sogar auf der Straße „angeflegelt“.

„Auf der einen Seite ist da eine sehr große Zahl von Menschen, die nicht abstumpfen und sich trotz der vielen Schreckensmeldungen berühren lassen“, sagte Schärmer in einem Interview der Kirchenzeitung „Tiroler Sonntag“. Auf der anderen Seite nehme er „massive Ängste“ und eine „brutale Ablehnung von Flüchtlingen“ wahr. Schärmer erlebe das selbst, „etwa wenn ich auf der Straße angeflegelt werde, weil die Caritas bekannt dafür ist, dass sie für ein solidarisches Miteinander eintritt“.

Furcht um Wohlstand und vor IS-Kämpfern

Schärmer werde mit der Furcht konfrontiert, dass Flüchtlinge den Einheimischen etwas von ihrem Wohlstand nehmen, oder „dass sich in die Lawine der Flüchtlinge auch IS-Kämpfer einschleusen“. Der Innsbrucker Caritas-Chef erinnerte in diesem Zusammenhang an einen Spielfilm von Rainer Werner Fassbinder aus den 1980er Jahren zum Thema Fremdenfeindlichkeit, dessen Titel „Angst essen Seele auf“ zutreffend sei. Das gelte „wahrscheinlich auch für ein Land, für ein Volk und für die Kirche“, sagte Schärmer. Sein Therapievorschlag: „Wir müssen Möglichkeiten für Begegnungen schaffen, damit wir in einen lebendigen Austausch treten können.“

Unfähigkeit in Politik „erschreckend“

Solche Begegnungen seien sehr von persönlichen, kleinen Initiativen abhängig. Die Unfähigkeit in der Politik, mit verschiedenen gesellschaftlichen Kräften konstruktiv in Gespräche zu kommen, nannte Schärmer „erschreckend“.

Welche Entwicklungen durch die Fluchtbewegungen auf Tirol zukommen, könne ehrlicherweise niemand wirklich sagen. „Klar ist, dass sich das Gesicht Europas und Österreichs verändern wird“, so Schärmer. „Und klar ist auch, dass wir in unseren Anstrengungen für die Flüchtlinge nicht nachlassen dürfen“ - auch und vor allem für die Betroffenen im Nahen Osten. Unterbleibe diese Hilfe, „wird der Druck, nach Europa zu flüchten, noch größer“.

Die Caritas sei Jesu Auftrag verpflichtet, für alle Armen da zu sein. Das gelte für Pflegebedürftige und deren Angehörige, für Familien in Notsituationen, obdachlose oder drogenabhängige Menschen. Zu diesen kontinuierlichen Aufgabenbereichen komme derzeit die Akutversorgung der Flüchtlinge dazu, wies Schärmer hin. „Da ist es nicht immer leicht, eine Balance zu finden.“

religion.ORF.at/KAP

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