Papst traf Kubas Revolutionsführer Fidel Castro

Papst Franziskus hat bei seinem Kuba-Besuch auch Revolutionsführer und Ex-Machthaber Fidel Castro getroffen. Der Papst besuchte den 89-Jährigen am Sonntag in Havanna, wie Vatikan-Sprecher Federico Lombardi erklärte.

Das Gespräch habe 30 bis 40 Minuten gedauert und sei „sehr familiär und zwanglos“ verlaufen, teilte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi in der kubanischen Hauptstadt mit. Papst Franziskus habe sich nach dem Gottesdienst am Vormittag von der vatikanischen Botschaft aus zur Residenz des ehemaligen Revolutionsführers begeben.

Papst trifft Fidel Castro

REUTERS/Alex Castro-Castro Family/Handout

Papst Franziskus besuchte den Revolutionsführer und Ex-Machthaber Fidel Castro

Wunsch nach theologischen Büchern erfüllt

Begleitet worden sei er vom vatikanischen Botschafter auf Kuba, Erzbischof Giorgio Lingua. Anwesend waren nach Lombardis Angaben auch Castros Frau und weitere Familienmitglieder. Der Papst schenkte Castro einige theologische und religiöse Bücher. Darunter befindet sich auch ein Werk von einem Jesuitenpater, der Castro in einer Schule des Ordens erzogen hat.

Castro hatte im März 2012 in einem Gespräch mit Benedikt XVI. in Havanna den Wunsch geäußert, dieser möge ihm einige Bücher zusenden. Er überreichte dem Papst ein Interview-Buch, in dem er von dem brasilianischen Befreiungstheologen Frei Betto befragt wird.

Der Papst hatte am Samstag bei seiner Ankunft in Kuba Staatschef Raul Castro ausdrücklich gebeten, seinem Bruder Fidel seine „spezielle Achtung und Ehrerbietung“ zu übermitteln. Der Vatikan hatte bereits vor der Reise angekündigt, dass Franziskus wahrscheinlich auch den Anführer der Revolution von 1959 treffen werde. Fidel Castro war 2006 als Staatschef zurückgetreten und hatte das Amt an seinen Bruder Raul übergeben.

Papst an kolumbianische Konfliktparteien: Frieden jetzt!

Papst Franziskus appellierte ebenfalls am Sonntag an die Konfliktparteien in Kolumbien, die derzeitigen Friedensverhandlungen zu einem guten Ende zu bringen und warnte vor einem erneuten Platzen der Friedensverhandlungen.

Die Friedensverhandlungen zwischen der kolumbianischen Regierung und den FARC-Rebellen in Havanna sind bereits mehrmals gescheitert. „Wir sind nicht berechtigt, uns ein weiteres Scheitern auf diesem Weg des Friedens und der Versöhnung zu erlauben“, sagte der Papst nach seiner Messe in der kubanischen Hauptstadt, wo beide Parteien seit 2012 über eine Beilegung des jahrzehntelangen Konflikts verhandeln.

Papst Begrüßung Kuba

APA/EPA/ROLANDO PUJOL

Papst Franziskus fährt mit dem Papamobil durch von Menschen gesäumte Straßen Havannas

Aufbau friedlicher Gesellschaft

Der gegenwärtige Moment sei von entscheidender Bedeutung für den Aufbau einer friedlichen Gesellschaft in ihrem Land, sagte der Papst. Die Verhandlungen dürften nicht scheitern. Ein dauerhafter Friede könne jedoch nur auf der Achtung des nationalen und internationalen Rechts Bestand haben, so Franziskus.

Derzeit laufen in Kuba Friedensverhandlungen zwischen Vertretern der marxistischen Rebellenorganisation FARC und der kolumbianischen Regierung für ein Ende ihres jahrzehntelangen blutigen Konflikts. Die FARC-Delegation hatte vor der viertägigen Kubareise des Papstes, der am Samstag auf der Insel eintraf, um ein Treffen mit ihm gebeten. Vatikansprecher Federico Lombardi bekräftigte jedoch am Samstagabend (Ortszeit), eine solche Begegnung werde es nicht geben.

Im Kampf zwischen den Rebellen und der Regierungsarmee sei das Blut Tausender Unschuldiger vergossen worden, erinnerte der Papst am Sonntag. „Möge sich die lange Nacht von Schmerz und Gewalt mit dem Willen aller Kolumbianer verwandeln in einen Tag, der keinen Abend kennt - einen Tag der Eintracht, der Gerechtigkeit, der Brüderlichkeit und der Liebe“, so Franziskus.

Kubaner feiern Papst auf Revolutionsplatz

Über Hunderttausend Kubaner hatten Papst Franziskus mit Jubel und Sprechchören zu der Messe auf dem Revolutionsplatz der Hauptstadt Havanna empfangen. Das Oberhaupt der katholischen Kirche fuhr mit dem Papamobil durch die Reihen. Die kommunistische Führung hatte dafür gesorgt, dass auch Parteimitglieder und Staatsangestellte den Platz füllen. Dissidenten hatten kritisiert, dass sie von der Messe ferngehalten werden sollen. Sie fordern vom Papst eine klare Verurteilung von Menschenrechtsverletzungen.

Papst Havanna 100.000 Besucher

REUTERS/Carlos Garcia Rawlins

Mehr als 100.000 Besucher waren beim Gottsdienst in Havanna dabei

Bei der Ankunft hatte der 78-jährige Papst mehr religiöse Freiheiten gefordert. Seit dem ersten Papstbesuch von Johannes Paul II. 1998 hat sich diesbezüglich vieles bereits verbessert, auch 80 vom Staat konfiszierte Kirchen sollen bald zurückgegeben werden.

Diplomatisches Tauwetter erwartet

Rund 800 Helfer hatten die Messe vorbereitet, schon im Morgengrauen war der riesige Platz gut gefüllt. Rund 60 Prozent der Kubaner sind katholisch getauft, aber viele praktizieren den Glauben nicht.

Die 73 Jahre alte Regla Bianez Mendoza sagte: „Ich bin seit der Kindheit Katholikin. Ich war auch bei den Besuchen von Johannes Paul II. und von Benedikt XVI. hier.“ Sie sei schon um zwei Uhr Früh am Platz gewesen. „Wir brauchten den Besuch von Franziskus, damit es hier weitere Veränderungen gibt.“ Früher sei es gefährlich gewesen, sich zum katholischen Glauben zu bekennen. Sie sei deshalb beispielsweise beim Studium benachteiligt worden.

Papst fordert „totale Aussöhnung“

Die Medien in Lateinamerika verfolgen den Auftakt der Kuba-Reise mit großem Interesse. Im Mittelpunkt der Berichterstattung stand am Sonntag der Aufruf des Papstes zur Versöhnung zwischen den USA und Kuba.

Das kommunistische Parteiorgan „Granma“ aus Kuba berichtet ausführlich über den Empfang am Flughafen durch Staatspräsident Raul Castro. Im Wortlaut dokumentiert „Granma“ die Reden von Franziskus und Castro. Die prominente kubanische Bloggerin Yoani Sanchez schreibt auf „14ymedio“: „Franziskus spricht über Versöhnung in seiner Antwort auf eine kämpferische Rede Castros.“

Papst: „Nicht Ideen dienen, sondern den Menschen“

Papst Franziskus verurteilte im sozialistischen Kuba auch Cliquenwirtschaft und elitäres Verhalten. Mancher missbrauche seinen Dienst für die Gesellschaft, um die eigenen Leute im Namen des Allgemeinwohls zu begünstigen, sagte er. Dienst dürfe nicht mit Selbstbedienung verwechselt werden. Franziskus warnte auch vor einer Vereinnahmung christlicher Werte durch die Ideologie. Der Einsatz für den Nächsten sei „niemals ideologisch, denn man dient nicht Ideen, sondern man dient den Menschen“.

Jesus habe die Menschen das große Paradox gelehrt, dass die Letzten am Ende die Ersten seien, so der Papst. „Weit entfernt von jeglichem Elitarismus, umfasst der Horizont Jesu nicht nur einige wenige Privilegierte, die fähig sind zur ‚ersehnten Erkenntnis‘ oder zu verschiedenen Ebenen der Spiritualität.“ Wer groß sein wolle, solle den anderen dienen „und nicht sich der anderen bedienen“. Niemand solle nach Überlegenheit über den anderen streben und sich von der generellen Norm entbunden fühlen.

Deutliche Kritik an kommunistischer Partei Kubas

Beobachter werteten die Worte des Papstes als deutliche Kritik an der Herrschaft der Kommunistischen Partei in dem Inselstaat, die auf dem „Platz der Revolution“ üblicherweise ihre Paraden und Aufmärsche abhält. Kubas Präsident Raul Castro nahm an der Messe teil. Anwesend war auch Argentiniens Präsidentin Cristina Kirchner.

Die Kubaner rief Franziskus auf, sich der Schwachen und Notleidenden anzunehmen, wie Jesus es gelehrt habe. „Denn Christ zu sein schließt ein, der Würde der Mitmenschen zu dienen, für die Würde der Mitmenschen zu kämpfen und für die Würde der Mitmenschen zu leben“, sagte er. Die Liebe, die das Evangelium predige, zeige sich in konkreten Taten. „Die Größe und Bedeutung eines Volkes, einer Nation, die Größe einer Person beruht immer auf der Art, wie man der Schwäche und Gebrechlichkeit der Mitmenschen dient.“

Tochter von Che Guevara nicht bei Papst-Messe

Bei der Messe fehlte eine besonders prominente Kubanerin: Die Tochter von Revolutionsheld Che Guevara, Aleida Guevara, ließ sich von den Aufrufen der katholischen Kirche und ihrer kommunistischen Regierung nicht beeindrucken: „Zur Messe gehe ich nicht, das ist für mich scheinheilig“, sagte sie der Nachrichtenagentur AFP. „Wozu soll ich da stundenlang stehen?“

Der Platz wird geprägt durch eine riesige Statue des aus Argentinien stammenden Revolutionshelden Che Guevara. Dessen Tochter Aleida, eine Kinderärztin, die auch politisch aktiv ist, lehnte es dennoch als eine Art Pflicht der kommunistischen Partei ab, die Messe zu besuchen. Sie fügte mit Blick auf die Skulptur auf dem Platz hinzu: „Mein Vater ist dort (auf dem Platz), weil er Symbol dieses Landes ist.“

religion.ORF.at/KAP/APA/AFP

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