Synode: Verhandlungen über Familienbild der Kirche

Beginnend mit Sonntag beraten Papst Franziskus und Bischöfe aus aller Welt über die Art der Familienpolitik, die der Vatikan künftig vertreten wird. Die Bischofssynode zu Ehe und Familie im Vatikan wird historische Weichen stellen.

Nach dem emotionalen Plädoyer des Papstes für die Familie beim Weltfamilientag in den USA - mehr dazu in Papst beendet USA-Besuch: „Spaltungen überwinden“ - vertieft der Vatikan ab Sonntag alle Aspekte rund um die Familienpastoral. Zu den „heißen“ Themen, über die die Bischöfe der katholischen Kirche ab Sonntag auf der 14. Ordentlichen Generalversammlung der Synode beraten, gehören der Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen, alternative Familienformen und gleichgeschlechtliche Ehen.

Konservative vs. Liberale

Im Vorfeld der von 4. bis 25. Oktober stattfindenden Versammlung mit dem Titel „Die Berufung und Mission der Familie in der Kirche in der modernen Welt“ brachten sich konservative und liberale Kräfte bereits in Stellung - mehr dazu in Synode: Konservative Kardinäle publizieren Manifest. Viel spekuliert wurde auch über die Positionen von Papst Franziskus.

Papst Franziskus und Bischöfe während der außerordentlichen Familiensynode im Oktober 2014

APA/EPA/Max Rossi/Pool

Mit Spannung erwartet: Welche Positionen nimmt Papst Franziskus ein?

Rund 280 Synodenväter werden im Vatikan über den kirchlichen Umgang mit Familie und gewandelten Familienbildern in der Welt von heute debattieren. Insgesamt beteiligen sich rund 400 Personen an der Weltbischofssynode: Neben den Synodenmitgliedern befinden sich auch 120 Berater, Experten, Beobachter und Gäste aus der Ökumene darunter. Österreich wird von Kardinal Christoph Schönborn, dem Feldkircher Bischof Benno Elbs und dem Wiener serbisch-orthodoxen Bischof Andrej Cilerdzic vertreten - mehr dazu in Drei Österreicher nehmen an Familiensynode teil.

Abtreibung, Verhütung, Missbrauch

Gleichgeschlechtliche Partnerschaften, Patchworkfamilien, künstliche Empfängnisverhütung und die Frage der wiederverheirateten Geschiedenen stehen zur Diskussion. Weitere Themen sind etwa Abtreibung, die Unterstützung lediger Mütter, Gewalt und sexueller Missbrauch in Familien, Konsequenzen aus den großen Migrationsbewegungen sowie die Weitergabe des Glaubens an die junge Generation in einem religionsfernen Umfeld.

Als Grundlage für die Gespräche der Synodenväter dient das im Juni vorgestellte Arbeitsdokument - das „Instrumentum Laboris“. Dieses ging aus dem Abschlussdokument der Außerordentlichen Synode zu dem Thema vergangenes Jahr hervor. Schon im Vorfeld jener Sondersynode hatte der Papst eine offene, kollegiale Diskussion ohne voreilige Denkverbote gewünscht.

Fragenkatalog als Basis

Zu fast allen Kapiteln des vorläufigen Textes gibt es bereits Ergänzungen, Erweiterungen oder Vorschläge. Meistens beziehen sie sich auf einzelne Begriffe oder Ideen des Arbeitsdokuments und führen diese weiter aus. Basis für die Erstellung des vorläufigen Textes waren die Antworten auf einen Fragenkatalog, den der Vatikan 2014 an sämtliche Bischofskonferenzen weltweit verschickt hatte.

Die Bischofssynode

Die Bischofssynode ist ein Beratungsgremium ohne Entscheidungsbefugnis: Diese liegt allein beim Papst oder bei einem Konzil. Der Papst bestimmt auch, wann und zu welchen Themen die Synode tagt.

Die Synode tagt, nachdem der Papst anhand von zwei Erlässen Ehenichtigkeitsverfahren in der Kirche vereinfacht und beschleunigt hat. Zudem erlaubt Franziskus, während des bevorstehenden Heiligen Jahres Frauen von der „Sünde“ der Abtreibung loszusprechen.

Das ist im Kirchenstaat nicht unumstritten: Der Papst traf damit zum wiederholten Mal wichtige Entscheidungen, ohne die zuständigen vatikanischen Behörden im üblichen Umfang einzubinden. So sehen einige Kritiker von Reformen in der kirchlichen Lehre über Ehe und Familie in der Ehenichtigkeitsreform den Auftakt für weitere von Franziskus eingeleitete einschneidende Reformen, etwa im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen.

Heftige Auseinandersetzungen möglich

Dass es in der Synode zu heftigen Auseinandersetzungen kommen könnte, wird im Vatikan nicht ausgeschlossen. Eine Gruppe aus elf konservativen Kardinälen hat ein Buch herausgegeben, in dem jegliche Öffnung in Bezug auf Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene abgelehnt wird.

Kardinal Camillo Ruini

AP/Pier Paolo Cito

Kardinal Camillo Ruini

Im Werk „Ehe und Familie. Pastorale Perspektive von elf Kardinälen“ reagiert die Gruppe der Geistlichen unter der Leitung des ehemaligen italienischen Episkopatschefs Camillo Ruini und des Kardinals von Bologna Carlo Caffarra auf die „liberale“ Position von Kurienkardinal Walter Kasper in Ehe- und Familienfragen.

Der liberale Kardinal Kasper, ein enger Vertrauter des Papstes, ist ein Wortführer der Reformer. Er hatte sich für Lockerungen etwa bei der Wiederzulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion ausgesprochen. Kasper steht für das theologische Konzept der „Barmherzigkeit“, das auch Papst Franziskus mehrmals hervorgehoben hat. Dagegen lehnt etwa der konservative Kardinal Gerhard Ludwig Müller in seiner Rolle als Präfekt der Glaubenskongregation Änderungen an der katholischen Lehre strikt ab.

Angst vor „Auflösungsphase ohnegleichen“

Die traditionsbewussten Kardinäle fürchten hingegen einen Widerspruch zum Grundsatz der Unauflöslichkeit der Ehe. Die Familie und der Begriff der Ehe würden eine „Auflösungsphase ohnegleichen in der Geschichte erleben“, hieß es im Text der elf Kardinäle. Sie bekamen zuletzt Rückendeckung von einer Petition Hunderttausender konservativer Katholiken, die Papst Franziskus dazu drängen wollen, homosexuelle Partnerschaften zu verurteilen und keine kirchliche Trauung von Geschiedenen zuzulassen.

Über 460.000 Menschen haben die Petition unterzeichnet, unter ihnen mehr als 100 hochrangige Geistliche wie verschiedene Bischöfe aus Entwicklungsländern sowie auch der erzkonservative US-Kardinal Raymond Burke. Die Petition ruft das Oberhaupt der katholischen Kirche bei der Synode auf, an der traditionellen Lehre der Kirche festzuhalten. Die katholische Kirche hat verschiedenen Quellen zufolge weltweit mehr als 1,2 Milliarden Anhänger.

Papst Franziskus befürwortet eine Öffnung der Kirche gegenüber Menschen, die einen „irregulären“ Lebensstil führen. Zur Frage nach seiner Haltung zu homosexuellen Katholiken sagte der Papst einmal: „Wer bin ich zu urteilen?“ Zudem plädierte er für einen neuen Umgang mit Geschiedenen. Sie seien nicht exkommuniziert und sollten auch nicht so behandelt werden, sagte der Papst zuletzt. Während viele Bischöfe aus Europa diese Linie befürworten, trifft er bei Geistlichen aus Afrika, Asien und Lateinamerika damit vielfach auf Ablehnung.

religion.ORF.at/APA/AFP/KAP

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